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Sternstunden des Universums

Sternstunden des Universums

Titel: Sternstunden des Universums
Autoren: Harald Lesch
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neunte Kiste aus dem Lager holt. Wie auch immer die drei Fächer dieser Kiste mit Kugeln gefüllt sind, er wird feststellen, dass die Verteilung der Kugeln mit der einer der bereits vorhandenen Kisten identisch ist. Stellt man statt einer Kiste einen zu den ersten acht Kisten identischen Kistensatz dazu und zu diesen 16 Kisten noch eine beliebig gefüllte weitere Kiste, so sind unter den 16 ersten Kisten genau zwei mit der zuletzt beigestellten Kiste identisch. Damit hat man also bereits drei Kisten, deren Fächer auf gleiche Art gefüllt sind. Man kann die Fächer der Kisten eben nur auf acht unterschiedliche Arten besetzen. Dieses Spiel lässt sich beliebig erweitern. Nimmt man Kisten, die anstelle von drei Fächern vier haben, so kann man 16 oder 2 4 Kisten so füllen, dass keine einer anderen gleicht. Bei N Plätzen, wobei N eine gerade, beliebig große Zahl sein soll, sind es 2 N Kisten. Aber jede weitere Kiste, die man zu den 2 4 beziehungsweise 2 N Kisten dazustellt, findet immer einen Zwilling unter den anderen.
    Jetzt machen wir das Spiel mit dem beobachtbaren Teil des Universums, dem Hubble-Volumen. Anstelle von Kugeln verwenden wir Protonen, die Teilchen, aus denen sich die uns vertraute Materie zusammensetzt. Wie bei den Kisten gibt es auch im Hubble-Volumen eine endliche Anzahl nummerierter Plätze, sogenannte Quantenzellen, oder präziser: Quantenzustände, die nach dem »Paulischen Ausschließungsprinzip« besetzt werden können. Diese Regel besagt, dass eine Quantenzelle bestimmter Energie nicht von zwei in allen Quantenzahlen identischen Fermionen, das sind Teilchen mit halbzahligem Spin, besetzt werden kann. Der Begriff »Spin« bezeichnet in der Physik den Eigendrehimpuls eines Teilchens, der klassisch auch als »Eigenrotation« interpretiert werden kann. Kommt ein weiteres Teilchen hinzu, so muss es sich in mindestens einer seiner Quantenzahlen unterscheiden, beispielsweise in der Richtung seines Spins, oder es muss auf ein Niveau höherer Energie ausweichen. Wie viele Quantenzustände das Hubble-Volumen bereithält, hängt wesentlich davon ab, wie hoch die Energie der Teilchen im betrachteten Volumen ist. Bei einer Energie nicht höher als 10 keV – das heißt, das Hubble-Volumen ist nicht heißer als 10 8 Grad – passen laut Max Tegmark unglaubliche 10 118 Protonen in das Hubble-Volumen. Die Antwort auf die Frage: Wie viele Möglichkeiten gibt es, die Quantenzellen des Hubble-Volumens auf unterschiedliche Art mit Protonen zu füllen, lautet demnach: 2 hoch 10 118 ! Max Tegmark betont, dass es sich dabei um eine extrem konservative Abschätzung handelt, die er – in sehr grober Näherung – ungefähr gleich 10 hoch 10 118 setzt.
    Bevor wir die Konsequenz dieses Ergebnisses diskutieren, werfen wir einen kurzen Blick auf diese Riesenzahl, die sich mit Sicherheit niemand vorstellen kann. Um eine Idee von ihrer Größe zu bekommen, betrachten wir die im Vergleich dazu winzige Zahl 10 hoch 10 10 . Das ist eine Eins mit 10 Milliarden angehängten Nullen! Wollte man diese Zahl ausschreiben, so würde sie rund 5000 Bücher mit jeweils 1000 Seiten füllen! Eine ganze Bibliothek mit nichts anderem als der Ziffer 1 zu Beginn der ersten Zeile auf der ersten Seite des ersten Buches – und der Rest lauter Nullen.
    Doch zurück zu den Hubble-Volumina. Die darin enthaltenen Teilchen, aus denen die Materie besteht, können also grob genähert auf 10 hoch 10 118 unterschiedliche Arten in einem Hubble-Volumen angeordnet werden. Es spricht nichts dagegen, dass in dem durch die Inflation riesenhaft aufgeblähten Universum die 10 hoch 10 118 unterschiedlichen Hubble-Volumina auch real existent sind. Wie unser Hubble-Volumen, so repräsentiert auch jedes andere nur einen winzigen Ausschnitt des gesamten Universums, und keiner dieser Ausschnitte gleicht dem anderen. Allen Volumina gemein ist jedoch die Art der Materie, sind die Naturkonstanten mit ihren speziellen Werten und die Art der Naturgesetze. Könnte man die 10 hoch 10 118 Volumina in Form eines Würfels stapeln, so wären in diesem Kubus alle Möglichkeiten, die Materie anzuordnen, ausgeschöpft. Die Kantenlänge dieses Würfels in Metern wäre gleich der dritten Wurzel aus 10 hoch 10 118 , multipliziert mit dem Durchmesser des Hubble-Volumens. Sehr grob geschätzt sind das 10 hoch 10 118 Meter. Grenzen zwei dieser Würfel aneinander, so beträgt die Entfernung von einem Volumen in dem einen Würfel zu einem identischen Volumen im anderen Kubus –
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