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Sternenteufel

Sternenteufel

Titel: Sternenteufel
Autoren: André Norton
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an, und sie sah, wie sein Mund sich stumm bewegte, als wolle er ihr eine Botschaft zukommen lassen, die er ihr nicht laut mitzuteilen wagte. Sie versuchte sie ihm von den Lippen abzulesen, als er sie ein zweites und drittes Mal wiederholte …
    »Komm herein!«
    Die gleiche Aufforderung wie diese andere. Aber er war doch Karns Instrument! Wenn sie tat, was er wollte, würde das ihre Versklavung herbeiführen. Doch das war es nicht, wovor der Vielgeist sie gewarnt hatte. Allerdings war das auch keine Garantie, daß es nicht eine genauso große Gefahr war wie jene, die die Frauen hier zu dem gemacht hatte, was sie nun waren.
    Daß ein Raski zur Geistberührung auffordern sollte, war ihrer Art so fremd, daß sie es nicht glauben konnte. Zum viertenmal formte er diese Worte, und sein Gesicht wirkte angespannt. Er hatte den Kopf gedreht, daß ein Ohr an die Tür drückte, als lausche er auf mögliche Gefahren von draußen.
    Er verlangte ihr Vertrauen. Elossa wog ihr gegenwärtiges Gefühl für ihn gegen das während ihres Zusammenseins ab. Sie hatten einander das Leben gerettet, das stimmte. Doch wieviel zählte das, wenn man dem seine Worte zu Karn gegenüberstellte? Ihre angeborene Vorsicht kämpfte mit einem anderen Gefühl, das sie nicht anerkennen, das sie völlig aus sich vertreiben wollte, aber nicht konnte.
    Schließlich tat sie, was er verlangte. Sie sandte eine Geistsonde. Genau wie sie zurückgeschreckt war bei der Berührung mit dem Vielgeist und sich fast zurückgezogen hätte, so erkannte sie jetzt, daß es ihm ähnlich ging, daß ihn ein unwillkürlicher Abscheu erfüllte. Doch er kämpfte dagegen an und besiegte ihn. Und sie las …
    Ihr Instinkt, dem sie nicht getraut hatte, hatte sie also nicht getäuscht. Was er zu Karn gesagt hatte, war eine Art Waffe gewesen – die einzige, über die er zu dem Zeitpunkt verfügte. Sie las und erfuhr, was er wußte.
    Karn, der die Vernichtung der Stadt vor so vielen Generationen überlebt hatte, entging dem Tod, weil er sich als Priester eines ungewöhnlichen Kultes schon seit längerer Zeit fremdartige Geisteskräfte angeeignet und seinen Körper geschult hatte. Diese Veränderungen waren bestimmten Drogen und einer ungewöhnlichen Geistesablenkung zuzuschreiben, die Halluzinationen herbeiführen und solange aufrechterhalten konnten, bis das Unwirkliche zur unbegrenzten Wirklichkeit wurde.
    Karn hatte sich nach der Zerstörung Kal-Hath-Tans mit sechs weiteren Priestern in ihre geheime Zuflucht zurückgezogen, die sie stets für eine Weile mit ihren bedauernswerten Opfern aufgesucht hatten, um dort ungestört ihren unheiligen Forschungen nachgehen zu können. Karn war also am Leben geblieben – oder war es nur eine Vortäuschung von Leben? Jedenfalls war er hier der Alleinherrscher.
    Einige der Yurth aus dem Schiff waren gefangengenommen, hierhergeschleppt und Karns Behandlung unterzogen worden. Auch sie lebten noch, doch waren sie tatsächlich nur noch leere Hüllen, die allein Karns Wille bewegte. Sie hatten die geistige Veränderung nicht mitgemacht, wie die Yurth, die sich ihrer nie wiedergutzumachenden Schuld wegen von den Maschinen hatten behandeln lassen.
    Als die neuen Generationen ihre Pilgerungen machten, waren einige dieser Yurth Karn auf die gleiche Weise ins Netz gegangen wie Elossa – indem sie dem vermeintlichen Yurthhilferuf folgten. So hatte der verborgene Herrscher der Berge und des Tales hier Sklaven um sich gesammelt.
    Nie war ihm etwas mißlungen, darum sah er sich als unsterblich, als allmächtig, als eine Verkörperung Atturns, jener Gottheit, die sein Kult im alten Kal-Hath-Tan verehrt und ergründet hatte. Die anderen Priester waren einer nach dem anderen verblichen, vielleicht hatte Karn auch ein wenig nachgeholfen. Jetzt hielt er die Zeit für gekommen, seine Streitkräfte um sich zu scharen und seinen Machtbereich zu erweitern. Er hatte Stans ausgefragt, um zu erfahren, was im Flachland im Osten auf ihn wartete.
    »Er las deine Gedanken?« fragte Elossa. Wenn Stans Geist für Karn genauso offengelegen hatte, wie jetzt für sie, dann bestand wenig Hoffnung für den Erfolg ihrer Rebellion.
    »Das gelang ihm nicht«, versicherte ihr Stand. »Es ergrimmte und – hoffe ich zumindest – beunruhigte ihn. Atturn ist mir fremd. Ich bin zwar Karns Blutsverwandter, doch das mag ihn möglicherweise nicht davon abhalten, auch mich zu brechen. Er verfügt immer noch über alles, was ihm vor langer Zeit nutzte – die Drogen, und was immer es sonst
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