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Sternenteufel

Sternenteufel

Titel: Sternenteufel
Autoren: André Norton
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sie das obere Ende dieses pflanzlichen Hindernisses nicht greifen könnte, selbst wenn sie sich im Boot aufstellte.
    Erneut schaukelte das Kanu, als nun auch Stans sich höher aufrichtete.
    »Sollen wir versuchen, ans Ufer zu schwimmen?« fragte er.
    Elossa hatte zwar in seichten Bergteichen herumgeplanscht, aber sie wußte, daß sie dieser Strömung hilflos ausgeliefert sein würde. Sie zögerte. Vielleicht wäre es besser zu versuchen, sich an der Barriere hochzuziehen und sie zu erklettern. Aber schon allein das Vorhandensein dieser Barrikade war beunruhigend. Elossa war sicher, sie war keine Laune der Natur, also mußte jemand sie errichtet haben. Die Frage war: wer und zu welchem Zweck?
    Aber schließlich hatten sie überhaupt keine Wahl. Noch ehe das Boot die Barriere erreichte, fiel von oben, scheinbar aus der leeren Luft (natürlich war Elossa klar, daß es nur sehr gut geworfen worden war) ein Netz herab und schloß sich sowohl um sie beide als auch das Boot.
    Sie und Stans versuchten, einen Weg aus den nicht sehr dichten Maschen zu finden, als die, die sie derart gefangengenommen hatten, hinter den Büschen und Bäumen zu beiden Seiten des Flusses auftauchten. Im Gegensatz zu den mißgestalteten Kreaturen waren sie von tadellosem Wuchs – und sie waren Yurth!
    Elossa schrie um Hilfe. Das waren Menschen ihres Volkes, ihres Blutes! Waren sie das wirklich? Einige trugen die grobgewebte Kleidung der Bergclans, ihrer so ähnlich, als hätte der gleiche Webstuhl sie hervorgebracht. Andere dagegen waren mit den hautengen Anzügen bekleidet, wie der Yurth im Tunnel.
    Elossa schickte einen befehlenden Geistruf aus – und erschrak so sehr, daß sie laut aufschrie. Der Geist all dieser Yurth hier war verschlossen! Sie mochten vielleicht wie Yurth aussehen, aber im Geist waren sie keine.
    Sie sah jetzt auch ihre Gesichter deutlich, sie waren ausdruckslos, die Augen leer. Sie sprachen auch nicht miteinander, als die am linken Ufer das Netz einholten und so sie und das Boot heranzogen.
    »Yurth«, sagte Stans. »Deine Leute – was werden sie mit uns tun?«
    Elossa schüttelte den Kopf. Sie fühlte sich völlig benommen. Der verschlossene Geist, die leeren Gesichter, wo sie ein Recht hatte, etwas ganz anderes zu erwarten – es mußte eine Halluzination sein! Aber trotz all ihrer Anstrengung ließ sie sich nicht verdrängen.
    Schließlich sagte sie laut: »Sie sehen aus wie Yurth, aber sie sind keine – keine Yurth, wie ich sie kenne.«
    Sie mochten zwar vielleicht von ihrem Blut sein, aber sie wußten sehr gut, wie man Gefangene machte und mit ihnen verfuhr. Und sie waren viel zu viele, als daß Gegenwehr einen Sinn gehabt hätte, selbst wenn Stans weniger geschwächt gewesen wäre. Obwohl ihr erster Versuch, Verbindung mit ihnen aufzunehmen, so drastisch gescheitert war, schickte das Mädchen noch zweimal ihre Geistsonde aus, mit nicht mehr Erfolg.
    Mit auf den Rücken gebundenen Händen zwang man sie, über die öde Ebene zu marschieren. Bei Sonnenuntergang machten ihre Wächter an einer Stelle halt, die nach den Aschenhäufchen und der geschwärzten Erde zu schließen, ein häufig benutzter Lagerplatz war.
    Die Yurth waren in absolutem Schweigen marschiert, sie hatten weder zu den Gefangenen noch zueinander gesprochen. In Elossa begann sich Ekel vor ihnen zu regen. Sie waren vielleicht nur die leeren Hüllen von Menschen – vielleicht sogar von solchen, die sie einmal gekannt hatte –, die nun ohne Geist und eigenen Willen anderen gehorchen mußten.
    Zumindest in ihrem Bedürfnis nach Nahrung und Wasser waren sie noch menschlich. Sie brachten Proviant zum Vorschein und teilten ihn mit den Gefangenen. Sie nahmen ihnen sogar zum Essen die Fesseln ab, ließen jedoch kein Auge von ihnen, während sie selbst ebenfalls an Dörrfleischstreifen kauten, die so hart wie Holz waren, und Wasser aus Flaschen tranken. Elossa, die sich auch ihre Flasche aus einem Faß hatte auffüllen dürfen, fand, daß es abgestanden schmeckte, als wäre es lange nicht erneuert worden.
    »Wohin bringt ihr uns?« Stans’ Frage klang in der gespenstischen Stille des Lagers ungewöhnlich laut. Er hatte sie dem Yurth gestellt, der nach dem Essen seine Hände wieder fesselte.
    Der Mann mochte taub sein, denn er blickte nicht einmal auf, als er die Knoten noch einmal überprüfte und sich dann wortlos abwandte. Stans wandte sich an Elossa.
    »Sie sind von deinem Volk, dir werden sie doch antworten.« Seine Stimme klang merkwürdig, fast, dachte
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