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Sternenjagd

Sternenjagd

Titel: Sternenjagd
Autoren: David Gerrold
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war, daß ein Überlichtkreuzer ausgerechnet in der Dunkelheit zwischen den Sternen auf ein langsames Generationenschiff treffen sollte. Also begann ich meine Geschichte damit daß mein Kriegsschiff hartnäckig ein namenloses feindliches Schiff verfolgt. Es fällt unvermittelt aus dem Hyperraum in den Normalraum zurück und sucht in der Dunkelheit nach seinem Gegner, aber statt auf den Feind stößt es auf das verirrte Generationenschiff. Von diesem Punkt aus konnte ich mit meiner ursprünglichen Idee weitermachen.
    Ich hoffte, daß dieser Rahmen meine Helden vor ein noch größeres Dilemma stellen würde. Jetzt mußten sie nicht nur die Kolonisten vor ihrer eigenen Ignoranz erretten, sondern sie mußten es auch noch tun, bevor der lauernde Feind sie entdeckte und als erster angriff. Diese Situation würde, wie ich hoffte, zusätzliche Spannung erzeugen. Dann, nachdem sie die Kolonisten an Bord des Generationenschiffs von der Torheit ihres Krieges überzeugt hätten, würden unsere Helden ihre eigene Jagd wieder aufnehmen und den Leser darüber nachdenken lassen, welche göttliche Macht sie vor der Torheit ihres eigenen Krieges erretten würde.
    Alles hätte funktionieren können – mit Ausnahme eines kleinen Details: Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie man einen Roman schreibt. Ich schrieb achtzig Seiten – volle vier Kapitel – und bekam die Burlingame nicht einmal in die Nähe des Generationenschiffs. Statt dessen fand ich mich mehr und mehr von Technik und Taktik interstellarer Verfolgungsjagden in Anspruch genommen. Trotz meiner ursprünglichen Absicht aus Tomorrow Was Yesterday einen Roman zu machen, stand ich im Begriff, eine völlig andere Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, deren Charaktere und Hintergrund weitaus dunkler waren. Die Erkenntnis bescherte mir schließlich sogar ein noch größeres Problem. Ich hatte keine Ahnung, wie die Geschichte ausgehen würde.
    Ich schrieb trotzdem weiter. Brachte eine Szene nach der anderen zu Papier und wartete geduldig ab, wie die einzelnen Charaktere ihre verschiedenen Aufgaben lösen würden. Ich muß zugeben, daß es vielleicht nicht die beste Art und Weise ist einen Roman zu schreiben, aber es ist zumindest die herausforderndste.
    Den größten Teil des Jahres 1971 lebte ich in New York. Ich besaß ein winziges Zimmer im Albert Hotel, einer Pension in Greenwich Village. [ii] Ich besaß ein Bett einen Schreibtisch und einen Schrank. Und ich besaß meine Schreibmaschine.
    Mein Zimmer hatte ein einziges Fenster. Wenn ich es öffnete, konnte ich hören, wie New York zu mir sprach. Was es sagte, war: »Wenn du dich heute nicht hinsetzt und schreibst dann werde ich dich fertigmachen. Man wird dich auf die Straße setzen. Du wirst ziellos umherwandern und dein ganzes Leben in einem Einkaufswagen vor dir herschieben. Du wirst ein Penner sein. Wenn du heute nicht schreibst dann wirst du nächsten Monat verhungern.« New York war damals sehr motivierend. Ist es auch heute noch.
    Sehr rasch stellte ich eine Regel auf. Ich hatte ein Kapitel pro Tag zu schreiben. Ich ging nicht nach draußen ins Kino oder sonstwohin, wenn ich nicht meine schriftstellerische Mindestaufgabe für den Tag vollbracht hatte. Nachdem ich mein Kapitel fertig hatte, fühlte ich mich frei, hinauszugehen und für den Rest des Tages all das in New York zu unternehmen, wozu ich Lust verspürte.
    Jeden Morgen ging ich mit meinem Hund hinüber in den Washington Square Park und ließ ihn für eine halbe Stunde die Eichhörnchen terrorisieren. Er jagte glücklich jedes Eichhörnchen, das er zu Gesicht bekam, und ich war sein Kundschafter und zeigte ihm, wo sie sich versteckten. [iii] Anschließend kehrten wir in mein Zimmer zurück, und ich setzte mich nieder und schrieb, bis das tägliche Kapitel beendet war. Manchmal hatte ich es in drei oder vier Stunden geschafft, manchmal, wenn ich ein besonders trickreiches Problem behandelte, arbeitete ich acht oder sogar zehn Stunden daran. Danach ging ich mit dem Hund wieder in den Park, und er ärgerte von neuem die Eichhörnchen. Später, nachdem die Arbeit des Tages vollendet war, ging ich zum Essen und manchmal ins Kino; gelegentlich suchte ich sogar die Gesellschaft anderer Menschen. Aber ich schätze, ich war nicht besonders unterhaltsam, während ich mitten in einer Geschichte steckte. Ich weiß nicht wie es mit anderen Schriftstellern ist aber ich finde es schwierig, mich zu entspannen. Schreiben bedeutet auch, in einer Geschichte aufzugehen. Der
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