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Sternenjagd

Sternenjagd

Titel: Sternenjagd
Autoren: David Gerrold
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denken.
    Ich schätze, die Schlüsselvariable in seinem Plan wird unsere Entfernung von zu Hause sein. Sind wir noch zu weit weg, dann bleibt ihm keine andere Wahl, als anzugreifen. Aber wie weit ist zu weit? Zwölf Tage? Vierzehn Tage? Zwanzig? Er kann eingreifen, wann immer er will. Er muß sich nur weiter nähern, das ist alles.
    Träge löscht Korie seinen Schirm und greift auf die Schiffsdatenbank zu. Es gibt eine Datei über Paradoxa, und eines davon interessiert ihn im Augenblick ganz besonders. Das Paradoxon vom unerwarteten Ereignis.
    Regel Nummer eins erscheint auf dem Schirm: Ein unerwartetes Ereignis tritt innerhalb eines definierten zeitlichen Rahmens ein.
    Die Zeile rollt über den Schirm und weicht Regel Nummer zwei: Das Ereignis ist deswegen unerwartet weil die Betroffenen nicht in der Lage sind, aus den vorher zur Verfügung stehenden Informationen den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem es eintritt.
    »Und das schließt den Tag unserer Ankunft bei der Basis bereits aus«, murmelt Korie leise zu sich selbst. »Weil wir nämlich wissen, wann wir aus dem Hyperraum fallen werden und aus diesem Grund der Augenblick des gegnerischen Angriffs nicht unerwartet kommt – wenigstens nicht für mich. Also ist das kein Paradoxon – jedenfalls so lange nicht wie wir ein wenig auf der Hut sind.«
    Er drückt eine Taste, und die Zeilen rollen nach oben, so daß Regel Nummer drei sichtbar wird: Das Ereignis wird auf eine Art und Weise eintreten, die es unmöglich macht aus den Regeln Nummer eins und zwei abzuleiten, zu welchem Zeitpunkt das sein wird.
    Korie murmelt weiter: »Und das ändert die Sachlage völlig. Wir wissen, daß das Ereignis nicht am letzten Tag unserer Fahrt eintreten wird. Aber jetzt wissen wir, daß es auch nicht am vorletzten Tag eintreten wird. Weil nämlich, gesetzt den Fall, daß nur noch zwei Tage verbleiben und wir wissen, daß das Ereignis, um unerwartet zu sein, nicht am letzten Tag eintreten kann, automatisch der vorletzte Tag der Tag des Eintritts des unerwarteten Ereignisses wäre – das dann auch nicht mehr unerwartet käme. Also muß das unerwartete Ereignis – wenn es denn eines gibt – vor dem zehnten Tag stattfinden.
    Aber das Paradoxe an der Situation ist daß sie sich bis ins Unendliche wiederholt. Wenn wir erst wissen, daß ein unerwartetes Ereignis nicht am zwölften oder elften Tag eintreten kann, dann kann es auch nicht am zehnten Tag eintreten, weil wir es am zehnten Tag erwarten würden. Das gleiche gilt dann für den neunten Tag, daraus folgt das gleiche für den achten Tag und so weiter. Nett.
    Und doch… das Wissen, daß ein unerwartetes Ereignis an keinem der einzelnen Tage eintreten kann, wenn es unerwartet sein soll, bedeutet nur, daß es seine eigenen Regeln brechen wird, wenn es doch eintritt. Und deswegen unerwartet sein wird. Ich kann also nicht vorhersagen, wann es eintreten wird, jedenfalls nicht ohne alle anderen beeinflussenden Faktoren zu untersuchen. Und das würde mir immer noch keine Antwort liefern. Der ganze Punkt eines unerwarteten Ereignisses ist der, daß es unerwartet ist und man es nicht vorhersagen kann. Das Paradoxon besteht darin, das Unerwartete zu erwarten.«
    Korie runzelt die Stirn. Er hört die Musik in seinem Kopfhörer kaum noch. Bis jetzt war dieser Bastard mir immer einen Zug voraus. Ganz egal, wieviel Mühe ich mir auch gebe, ich finde den Vorteil nicht den ich brauche, diesen einen, kleinen Vorteil, der mir erlaubt vorherzusagen, was er als nächstes tun wird. Und das ist der Schlüssel zu seinem Plan. Das Gegenteil vom Offensichtlichen zu unternehmen. Jedesmal, wenn wir einen Punkt erreichen, an dem ich denke, ich könnte seinen nächsten Schritt erahnen, finde ich einen weiteren Grund, unsicher zu sein. Korie verdaut den Gedanken erst mal für eine Weile. Man kann einen Menschen auf diese Weise in den Wahnsinn treiben… Wenn man die Konsequenzen einer Aktion nicht mehr länger vorhersagen kann, dann kann man mit seiner Umgebung nicht mehr sicher interagieren. Der einzige Ausweg ist die Flucht in den Wahnsinn. Aber das ist wahrscheinlich nicht sein Ziel.
    Oder vielleicht doch?
    Ist es möglich, daß der Feind seine gesamte Taktik auf Finten und psychonomische Effekte abgestellt hat weil er so ungern in die Schlacht zieht?
    Ich sollte darüber nachdenken, wirklich. Es ist immerhin möglich. Aber… aber dieser Bastard tut immer das Gegenteil von dem, was ich von ihm erwarte…
    Also darf ich nicht wagen, etwas von ihm zu
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