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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand
Autoren: Patricia Shaw
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sagte Charlotte erleichtert.
    »Wir sorgen dafür, daß alle Schwarzen, die in die Wohn- oder Arbeitsbereiche kommen, bekleidet sind. Für die Männer, die als Viehhüter für uns arbeiten, liegen Hosen und Hemden bereit, die Hausmädchen erhalten Kleider. Für die übrigen Stammesangehörigen können sie auch etwas aussuchen und mitnehmen, doch die meisten legen keinen Wert darauf. Um die Kinder machen wir uns ohnehin keine Gedanken, sie laufen immer nackt herum …«
    »Aber das ist falsch!« erwiderte Mrs. Billings. »Das darf nicht sein. Die Bibel sagt …«
    »Die Bibel ist nicht zuständig für unsere Aborigines«, lachte Victor. »Sie werden nicht einmal darin erwähnt.«
    »Es steht Ihnen nicht zu, darüber Witze zu machen«, gab der Reverend pikiert zurück. »Meine Frau war jedenfalls schockiert. Die meisten Eingeborenen hatten kaum etwas am Leib. Das können Sie nicht dulden. Sie leben wie die Tiere.«
    »Sie leben so, wie sie seit Tausenden von Jahren gelebt haben, Mr. Billings«, erwiderte Charlotte betont ruhig. »Damals hatte man noch nicht einmal von der Bibel gehört. Gott muß ihnen gewogen gewesen sein, denn er schenkte ihnen ein wunderbares Land, das ihnen ganz allein gehörte. Allerdings scheint mir, daß er sie in letzter Zeit ein wenig im Stich gelassen hat.«
    Victor lächelte. Er wußte, daß der Reverend und seine Frau nach wie vor nicht überzeugt waren, doch immerhin hatte Charlotte sie fürs erste zum Schweigen gebracht. Aber noch länger hielt er das nicht aus. Er verzichtete auf ein weiteres Stück Obstkuchen, nur um aufstehen und die Gäste der Gesellschaft der Frauen überlassen zu können.
    »Narren, die sich in alles einmischen müssen«, murmelte er auf dem Weg zu den Scherschuppen. Er selbst hatte die beiden durch die Schuppen geführt, die für die bevorstehende Ankunft der Scherer geöffnet worden waren. Zusammen mit den Merino-Zuchtwiddern waren sie Victors ganzer Stolz. Sein Vater hatte sie entworfen und sich dabei an den riesigen Wollschuppen eines Freundes aus den Darling Downs orientiert. Die Gebäude waren jeweils einhundert Meter lang und faßten an die 2 000 Schafe. Das Innere hatte die Besucher überrascht. In jedem Schuppen gab es in der Mitte ein Band, auf dem Vliese und Ballen transportiert wurden, und zweiundfünfzig Arbeitsplätze für die Scherer.
    »Im vergangenen Jahr schoren hier vierundfünfzig Scherer zweihunderttausend Schafe«, hatte er Billings stolz berichtet.
    »Sie haben fünfzehn Wochen gebraucht, eine reife Leistung.«
    Billings war wenig beeindruckt. »Und Sie haben deswegen kein schlechtes Gewissen?«
    »Schlechtes Gewissen? Wieso sollte ich?«
    »Sie müssen viel Land besitzen, um so viele Schafe halten zu können. Finden Sie das gerecht? Der Herr könnte Leute wie Sie für gierig erachten, weil Sie so viel haben, während andere Männer händeringend nach urbarem Land suchen.«
    »Der Herr hat nichts damit zu tun. Mein Vater hat sich diese Weiden hart erarbeitet, ihm steht jeder einzelne Morgen davon zu.«
    Der Reverend kratzte sich am Kinn und warf Victor einen gönnerhaften Blick zu. »Offensichtlich nehmen Sie sich nicht zu Herzen, was in Amerika geschehen ist. Die Rancher in den weiten Ebenen dort wurden alsbald von Horden vorrückender Siedler überrannt. Man sagt, das gleiche werde auch hier geschehen.«
    »Da liegen Sie falsch. Die großen Schaffarmen wird man nicht so leicht zerstören können.«
    »Ich halte es für unvermeidlich«, murmelte Billings, und Victor ließ ihm das letzte Wort. Er klärte ihn nicht darüber auf, welche Schritte bereits unternommen worden waren, um eine derartige Katastrophe zu verhindern. Die australischen Großgrundbesitzer, Squatter genannt, stellten einen Machtfaktor dar, eine geschlossene Gesellschaft, die durch gemeinsame Interessen zusammengeschmiedet worden war. Durch Bestallungen und familiäre Bindungen nahmen sie Einfluß auf Rechtsprechung wie Politik und waren für jede Schlacht um ihre ungeheuren Besitzungen gerüstet.
    »Uns wird das nicht passieren«, wiederholte Victor bei sich und ließ seinen Blick durch die untadeligen Schuppen schweifen. Sie waren bereit für die Schur. Die Scherer würden in der kommenden Woche eintreffen.
    Er lehnte sich an ein Holzgeländer und zündete sich eine Zigarette an. Seine Gedanken kehrten zu Billings zurück. Wie dreist von diesem Mann, ihre Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen, in angenehmer Umgebung mit den Damen zu plaudern und dabei die ganze Zeit
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