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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand
Autoren: Patricia Shaw
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Notgroschen«, erklärte er. »Unser Fahrschein ins schöne Leben, wenn ich erst einmal die richtige Investitionsmöglichkeit gefunden habe.«
    Jede Nacht studierte er die Karten der besiedelten Gebiete rund um Brisbane und schmiedete Pläne, die seiner Schwester schlicht und einfach wahnwitzig erschienen – bis er dann eines Tages einen zweiten Träumer namens Austin Broderick anschleppte. Er war gutaussehend, groß und blond, und seine blauen Augen leuchteten aufgeregt, als Kelly ihm seinen Vorschlag unterbreitete, Land im Westen zu pachten. Plötzlich erklärte Charlotte sich zur Überraschung ihres Bruders damit einverstanden.
    Und dann waren sie weg. Sie hatte sich im Stall von ihnen verabschiedet, von wo aus sie mit ihren Packpferden aufbrachen. In Austins Gegenwart war es ihr zu peinlich gewesen, ihren Bruder darauf anzusprechen, daß er ihr nur sehr wenig Geld dagelassen hatte, gewiß nicht genug zum Leben. Bis zur letzten Minute hatte sie gehofft, er werde ihr noch ein paar Pfund zustecken, doch er küßte sie nur auf die Wange, tätschelte ihren Kopf, sprang aufs Pferd und ritt mit seinem neuen Partner davon.
    Auf dem Heimweg sprach Charlotte in einer Stiefelfabrik vor und erhielt eine schlechtbezahlte, mühselige Arbeit an einer Maschine. Zudem konnte sie dort nur halbtags arbeiten. Kelly hatte fest versprochen zu schreiben, doch Charlotte gab nicht viel auf seine Worte, da er nie ein großer Briefeschreiber gewesen war. Und wenn die beiden nun tatsächlich die Grenzen der Zivilisation hinter sich ließen, wie sollten sie von dort Briefe schicken?
    Sechs Monate später kehrte er in großem Stil heim, wie ein siegreicher Eroberer. Sie hatten es geschafft! Sie hatten ihr eigenes Land abgesteckt, wunderbares Weideland, so weit das Auge reichte, und nun würden sie ihr Glück machen.
    »Wir werden reich sein, Lottie! Reich! Tut mir leid, daß du arbeiten gehen mußtest, aber es dauert nicht mehr lange und du wirst nie wieder einen Finger rühren müssen. Du kannst dann auf Springfield leben.«
    »Warum kann ich nicht jetzt schon mitkommen?« hatte sie gefragt und selbst in diesem Moment mit bangem Herzen an Austin gedacht, der bis dahin womöglich jemand anderen kennengelernt haben würde.
    »Geht nicht. Wir leben ganz primitiv in einer Hütte. Wir sind jetzt nur in die Stadt gekommen, um noch mehr Schafe zu kaufen.«
    »Wo willst du das Geld dafür hernehmen?«
    »Wir haben noch ein bißchen Bargeld und nehmen ein Darlehen bei der Bank auf. Austin hat das arrangiert.«
    Selbstsüchtig wie er war, hatte er für seine Schwester nur zehn Shilling übrig. Daher war sie wütend auf ihn, als er wieder aufbrach. Wie sollte sie auch wissen, daß sie ihren Bruder nie wiedersehen würde?
    Sie erhielt zwei Briefe voller Versprechungen. Bald würde er sie nachkommen lassen. Bald. Charlotte suchte sich eine andere, weniger beschwerliche Arbeit in einer Hemdenfabrik. Als diese jedoch zum Jahresende den Betrieb einstellte, mußte sie an Kelly schreiben und ihn um Geld bitten. Energisch erinnerte sie ihn daran, daß sie bisher herzlich wenig von ihrem gemeinsamen Notgroschen gesehen hatte. Schließlich kam Austin nach Brisbane, umklammerte mit ernster Miene seinen Hut und überbrachte ihr stammelnd die schreckliche Nachricht. Mit Tränen in den Augen versuchte er sie zu trösten.
    Charlotte war am Boden zerstört, vor allem als ihr einfiel, daß sie Kelly in ihrem letzten Brief getadelt hatte. Sie warf sich vor, nicht fest genug an ihn geglaubt zu haben, denn Austin berichtete, daß die Schaffarm Wirklichkeit geworden war und stetig an Bedeutung gewann.
    Er nahm alles in die Hand, organisierte eine Totenmesse für Kelly und machte bei ihren wenigen Freunden die Runde. Charlotte war überrascht, als sie sah, wie viele ihr zum Teil unbekannte Menschen in die kleine Vorstadtkirche strömten. Sie hatte eine Messe mit jämmerlich kleiner Trauergemeinde erwartet, doch alles war so feierlich, daß sie erneut in Tränen ausbrach. Auf den Altarstufen lagen herrliche Blumen und Kränze. Ein Tenor sang mit wunderschöner Stimme Kirchenlieder, die sie eher an ihren Dad als an Kelly erinnerten. Der Geistliche sprach in aufrichtigem Ton von dem jungen Mann, der in der Blüte seiner Jugend aus dem Leben gerissen worden war, den kennenzulernen ihm leider nicht vergönnt gewesen sei und so weiter, doch Austin war es, der den größten Eindruck hinterließ.
    Besser gesagt, er stahl dem Geistlichen die Schau, dachte sie später etwas
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