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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition)
Autoren: Beatrice Fabregas
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hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie das anstellten.
    Zuerst ritt er zur Rinderherde. Vor fünf Jahren hatte er den Sklaven zwei Muttertiere und einen Bullen für den eigenen Bedarf geschenkt. Inzwischen war die Herde auf acht Milchkühe und drei Bullen angewachsen, und wenn Hermann nicht alles täuschte, so waren bereits wieder drei Kühe trächtig. Mit Wohlgefallen betrachtete er die weiß-bräunlichen Tiere, die stumpf die gehäckselten Zuckerrohrrückstände fraßen. Auch die Tiere auf der größeren Weide, die Zugochsen, Maultiere, Pferde und Esel standen prächtig da. Obwohl es Arbeitstiere waren, die auf dem Ingenio nicht geschont wurden, glänzte deren Fell und sie waren wohlgenährt.
    Ach, dachte er. Wäre ich doch nur auch ein Tier auf der Weide. Ein Tier, von dem niemand etwas erwartet.
    Ein paar Meter vor ihm tauchte plötzlich ein hochgewachsener Sklave auf, und Hermann zuckte ein wenig zusammen. Obwohl er schon so lange auf der Insel war, hatte er sich noch immer nicht daran gewöhnen können, dass man die Sklaven weder sah noch hörte, wenn sie nicht gesehen oder gehört werden wollten. Sie schlichen auf leisen Sohlen ohne den geringsten Laut. Und in der Dunkelheit verschmolzen ihre schwarzen Leiber mit der Umgebung, so dass Hermann es nachts kaum wagte, sich bei einem Geräusch umzuwenden. Immer wieder gab es Gerüchte, dass Sklaven ihren Herrn in der Dunkelheit einfach niederschlugen und ermordeten. Im Grunde hatte Hermann bei seinen Männern davor die geringste Angst, doch er wollte auch nicht das Risiko eingehen, nachts mit einem anderen Sklavenhalter verwechselt zu werden.
    Fela aber, der Viehwirt, war ein ganz spezieller Fall. Hermann hatte von Anfang an nicht gewusst, wie er sich ihm gegenüber verhalten soll. Der Sklave hatte das Auftreten eines Herrn. Es hieß, drüben in Afrika sei er der Sohn eines reichen Stammesfürsten gewesen, aber das behauptete mindestens die Hälfte der verschleppten Männer. Fela aber war ein Mann, dem Stolz und Würde aus jeder Pore drangen. Ein Mann, der selbst mitten im Dreck noch Haltung bewahrte. Ein Mann – Hermann würde es niemals laut zugeben –, den er insgeheim für sein Auftreten bewunderte und den er zugleich dafür aus tiefstem Herzen verabscheute.
    »Was gibt es, Don Hermann?«, wollte der Sklave wissen. Er machte nicht im Geringsten einen untertänigen Eindruck, sondern sah Hermann direkt in die Augen. Hermann wand sich beinahe unter diesem Blick. Es geht nicht, dachte er bei sich, ich kann nicht mit dir in meiner Nähe leben. Für einen kurzen Moment stand ein Bild vor seinem inneren Auge. Titine und Fela, die vertraut miteinander auf der Veranda des Verwalterhauses sitzen. Ein Bild, das Hermann den Atem verschlug, sooft er daran dachte. Fela hatte mit dazu beigetragen, dass Titine, die jahrelang stumm gewesen war, ihre Sprache wiedergefunden hatte. Dafür hätte Hermann ihm eigentlich dankbar sein müssen, doch nicht einmal das vermochte er. Stattdessen hatte er Titine nach seiner Hochzeit mit Mafalda aus dem Verwalterhaus aus- und in einen Seitenflügel des Herrenhauses einquartiert. Offiziell hatte dieser Umzug allein Titines Bequemlichkeit gedient, aber insgeheim wollte Hermann nur die heimlichen Treffen zwischen seiner Schwester und diesem anmaßenden Sklaven verhindern. Jetzt bereute er, dass er die Entwicklung zwischen diesen beiden nicht genauer unter die Lupe genommen hatte. Denn wenn es eines zu verhindern galt, dann, dass die beiden in Liebe zueinander entbrannten.
    Ja, ich habe es ja nicht einmal vermocht, aus dir einen richtigen Sklaven zu machen, der seinem Herrn mit untertänigem Respekt begegnet, dachte Hermann. Wie sollte ich dich da jemals als Gefährten meiner Schwester akzeptieren?
    »Wissen wollte ich, ob alles in Ordnung ist«, erklärte Hermann barsch und fühlte sich dabei wie ein Schüler vor seinem gestrengen Lehrer. Ärger überkam ihn. »Du hältst es ja nicht für nötig, mich über Vorkommnisse zu informieren.«
    »Es gibt keine Vorkommnisse, Herr.«
    Hermann nickte, schob die Unterlippe vor und glich damit – ohne, dass er es ahnte – dem bockigen Kind vom Ballspiel.
    »So, es gibt also keine Vorkommnisse, sagst du.« Hermann sah sich auf der Suche nach einem Makel um. Die Tränken waren gefüllt, die Zäune in Ordnung, die Tiere sahen prächtig aus. »Keine Vorkommnisse«, wiederholte er. »Was ist mit den anderen Niggern? Ist jemand krank, vorlaut, faul?«
    Hermann erschrak über seine eigenen Worte. Noch
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