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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde
Autoren: Michael Hübner
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geschrieben?«
    »Na ja, nach der ganzen Aufregung hätte ich sowieso nicht schlafen können. Warum also die Zeit nicht sinnvoll nutzen?«
    »Das sieht dir ähnlich«, bemerkte Sven, für den Dennis’ ungeduldiger Enthusiasmus nichts Ungewöhnliches war.
    »Hast du schon gefrühstückt?«
    »Nein«, erwiderte Sven. »Ich habe morgens nicht sonderlich viel Appetit.«
    »Was hältst du dann von einer Tasse Kaffee? Dürfte uns beiden guttun. Dabei können wir uns auch gleich Jensens Akte vornehmen.«
    »Was denn, die ist hier bei dir?«
    »Ja, ich dachte, das erspart uns eine Menge Zeit und unnötige Fahrerei.«
    »Gibt es eigentlich Momente, wo du mal entspannst?«
    »Nur, wenn ich rauchend neben einer Frau im Bett liege.« Dennis grinste auf seine ganz eigene Art; dabei sah er immer aus wie ein betrunkener Heiliger.
    »Ich dachte, du wolltest es dir abgewöhnen. Das Rauchen, meine ich.«
    »Danke, dass du mich daran erinnerst. Ich könnte für eine einzige Zigarette jemanden umbringen.« Dennis verstaute Schraubenschlüssel und Zangen geräuschvoll in einem Werkzeugkasten und deponierte ihn unter einer kleinen Werkbank. »Also gut«, verkündete er voller Tatendrang, »an die Arbeit. Ich brauche etwas, das mich ablenkt.«
    »Geht mir ähnlich.« Sven musste plötzlich feststellen, dass Liebe und Zigaretten eines gemeinsam hatten: Beides verursachte starke Entzugserscheinungen. »Tu mir nur einen Gefallen«, fügte er hinzu. »Bevor wir gleich in dieses Altenheim fahren, ruf bitte im Präsidium an und sag denen, dass wir uns an die Sache von gestern Abend dranhängen, damit wir wenigstens so etwas Ähnliches wie einen dienstlichen Auftrag haben.«
    »Mach ich.« Dennis schloss die Klappe des grauen Heizungskastens und wischte sich die Finger an einem Lappen ab. »Ach, übrigens: Däumling hat heute Geburtstag.«
    »Martin Daum, der Leiter der Spurensicherung?«
    »Kennst du noch einen Däumling? Die Jungs und ich haben gesammelt und eine kleine Überraschung besorgt. Machst du mit?«
    »Klar«, sagte Sven. »Solange das Ganze nicht wieder ausartet wie bei Rathkes Geburtstag.«
    »Die Nummer mit dem Stripper ist doch bombig angekommen.« Dennis konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. »Hast du Rathkes gierigen Blick nicht gesehen, als der Kerl ihm seinen Tanga über den Kopf gestülpt hat?«
    »Ja«, feixte Sven. »Und dann sein Gesicht, als der Alte aufgetaucht ist … Das wird schwer zu toppen sein.«
    »Komm, lass uns endlich aus diesem Loch verschwinden«, sagte Dennis. »Im Gegensatz zu dir habe ich nämlich morgens einen Bärenhunger. Und nach dem Frühstück statten wir Jensens Arbeitgeber einen kleinen Besuch ab. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass wir nicht willkommen sein werden.«
    Etwa zwanzig Minuten nach neun fuhren Sven und Dennis auf den Parkplatz des Pflegeheimes. Die Sonne heizte die Landschaft auf, als läge sie unter einer unsichtbaren Kuppel. Die aufsteigende Hitze ließ die Luft flimmern, so dass die Wälder und Wiesen, die sich kilometerweit in jede Richtung erstreckten, nur undeutlich zu erkennen waren.
    Das Heim wirkte in der naturbelassenen Umgebung wie ein Fremdkörper. Es war ein modernes, kantiges Gebäude mit zwei mächtigen Seitenflügeln, die mit Dutzenden von Giebeln und Balkonen versehen waren. Die riesige Anlage lag etwas abseits der abfallenden Landstraße und war an drei Seiten von blühendem Grün umgeben.
    Sven schloss den Wagen ab und ließ den Blick hinter der Sonnenbrille nervös über den Parkplatz gleiten. Sandras blauer Renault war nirgends zu entdecken. Ein Teil von ihm war erleichtert.
    Sie gingen zum Haupteingang in der Mitte des U-förmigen Gebäudes. Die weiße Fassade und die vielen Fenster reflektierten das grelle Sonnenlicht, und Dennis kniff trotz Sonnenbrille die Augen zusammen, als er auf das Schild neben der kleinen Treppe blickte.
    SENIOREN - UND PFLEGEZENTRUM WALDESRUH .
    Als sie die kleine Empfangshalle betraten, wurde das Geräusch ihrer Schritte augenblicklich von dem weichen dunkelgrauen Teppichboden verschluckt, und angenehme Kühle schlug ihnen entgegen. Svens Blick fiel auf einige Bilder, die an den rau verputzten Wänden hingen und für seinen Geschmack etwas zu modern für ein Altenheim waren.
    Auf der rechten Seite befand sich ein kleiner, halbrunder Empfangstresen, hinter dem eine rundliche Frau in weißer Schwesterntracht stand. Ein Namensschild an ihrem mächtigen Busen wies sie als Schwester Kathrin aus. Als sie Sven erblickte, lächelte sie.
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