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Sterbendes Land Utopia

Sterbendes Land Utopia

Titel: Sterbendes Land Utopia
Autoren: Kenneth Bulmer
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sah nach oben, und auf seinen Zügen zeichnete sich grimmige Befriedigung ab. Er hatte neue Kraft für die Zukunft.
    »Essen«, sagte Jarfon von Trewes dankbar. Runde, reife Früchte hingen an den Bäumen. Sie sahen vielversprechend aus. Waley erkannte, daß sie für die Rückreise ausreichen würden. Denn es war klar, daß sie am Ziel ihrer Reise waren. Jeder dachte jetzt an die Rückkehr. Selbst Jarfon von Trewes, selbst Sufferin, selbst die Prinzessin Kerith.
    Sie war blaß und dünn geworden, ein Schatten ihrer früheren Schönheit. Es sah so aus, als würde sie jeden Augenblick zusammenbrechen. Jeder beobachtete sie heimlich. Was dachte sie wohl, jetzt, da die glanzvoll begonnene Pilgerfahrt so sinnlos zu Ende ging? Waley hätte sie am liebsten in den Arm genommen und getröstet. Seine Einstellung überraschte ihn selbst. Früher hatte er nie daran gedacht, ein Mädchen zum Trost in die Arme zu nehmen.
    Waley hatte Larne von Rot-Jafare nicht vergessen. Der junge Adelige hatte seine Kaltblütigkeit wiedergewonnen, und Waley machte sich auf Schwierigkeiten gefaßt. Krotch hatte recht. In ganz Brianon würde Waley vor Larnes Rache nicht sicher sein.
    Prinzessin Kerith ging mit Jarfon von Trewes auf das Gebäude zu. Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Macht mir keine Hoffnung mehr, mein lieber Jarfon. Ihr seid den langen, ermüdenden Weg mit mir geritten, und nun ist die Reise zu Ende. Keiner hätte mehr tun können als Ihr – deshalb könnt Ihr zufrieden sein.«
    »Es tut mir weh, Mylady. Es tut mir so weh …«
    »Wir rasten hier, sammeln das Obst, nehmen Wasser mit und kehren zurück, bevor der Wind unsere Fußspuren verweht hat.«
    »Gut, Mylady.« Sie blieben vor dem Gebäude stehen. Es bestand lediglich aus einer Kuppel auf sechs schlanken, fremdartigen Säulen, wie Waley sie noch nie auf der Erde gesehen hatte. Die Einfachheit des Bauwerks war beeindruckend.
    Es war so perfekt, daß man sich an diesem Ort keine Gefahr und keine Furcht vorstellen konnte.
    Jarfon von Trewes betrat langsam den Mosaikboden unter der Kuppel. Er sah mit ernster und verwirrter Miene in die bläulichen Schatten. Prinzessin Kerith, Larne von Rot-Jafare, Krotch, Waley, das kleine Häufchen von Grenzern und Soldaten, Rowena, der Weise Sufferin – sie alle sahen Jarfon von Trewes im Innern verschwinden.
    Als er nach einem Augenblick wieder erschien, hatte er die Beherrschung verloren. Er sah aus wie ein kleiner Junge, der zum erstenmal die grausame Macht des Rohrstocks spürt.
    »Helft mir«, flüsterte er und stolperte auf die Steinfliesen. Seine Kraft und Entscheidungsgewalt waren dahin. »Es geht gleich wieder – gleich …«
    »Was war denn los?«
    »Was habt Ihr gesehen?«
    »Ist Euch etwas geschehen …?«
    Als er sich ein wenig erholt hatte, sagte Jarfon von Trewes: »Ich ging – irgendwohin. Ich kann mich nicht genau erinnern – aber plötzlich schwebte ich – mit dem Kopf nach unten … Ich habe Dinge gesehen, seltsame, unheimliche Dinge – wie aus einem Alptraum. Gesichter mit beweglichen Nasen, die statt Ohren und Augen Zahlen hatten …«
    Sie drängten sich zusammen und hörten ihm angstvoll zu. Ihre Gesichter waren verkniffen. Jetzt wußten sie, daß geheimnisvolle Mächte lauerten und ihre Opfer haben wollten. Die Männer begannen die Früchte zu sammeln. Andere füllten Wasserflaschen, mit hastigen, nervösen Bewegungen.
    Und dann sagte Jarfon von Trewes etwas Merkwürdiges: »Die ganze Zeit, während der ich da – drinnen – war, mußte ich an unsere Gärtner denken. Es ließ mich einfach nicht los.«
    Langsam erhob sich Waley. Er nahm den Kompaß und ging um das Gebäude mit den sechs Säulen herum. Gleichmäßig ging er im Kreis, und die Nadel war immer auf das Zentrum gerichtet. Das war es also.
    Hier konnte er also beweisen, daß er die Lektionen behalten hatte, die ihm die Kerim beigebracht hatten. Er sah Krotch an, den guten Krotch, groß und grob, krummbeinig und zäh, der sich vor unbekannten Dämonen fürchtete.
    Er mußte schnell handeln oder überhaupt nicht.
    Er berührte eine Säule, spürte, daß sie fest und real war, und hob den Fuß. Jeder sah ihn an. Es war wie eine Szene im Zeitlupentempo. Und dann betrat er den Mosaikboden.

 
14
     
    Einen Augenblick verschwamm alles vor ihm. Als er wieder zu sich kam, schwebte er in einem großen, hell erleuchteten Saal. Er befand sich im freien Fall. Wie dieses aus der Raumfahrtzeit so bekannte Gefühl den armen Jarfon von Trewes erschreckt haben
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