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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche
Autoren: Niklaus Schmid
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Mörderin.«
    »Mutmaßlichen!«
    »Von seiner mutmaßlichen Mörderin.«
    »Und was soll ich sagen, von wem die geklauten Daten stammen?«
    »Du meinst, die mutmaßlich geklauten Daten? Die hat dir ein Informant zugespielt. Auch wenn sie als Beweismittel nicht anerkannt werden, damit kannst du Kelian in die Mangel nehmen. Ich möchte wetten, dass er bei dem geringsten Druck gegen Irene Gorgas aussagen wird.« Ich hob die Hand. »Kurt, frag mich nicht, wieso ich mir da so sicher bin. Also, mach was draus oder steck das Zeug in den Papierkorb. Ich bin damit durch.«
    Kurt packte die Fotos und die Computer-Ausdrucke zurück in die Tüte. »Mal sehen. Jedenfalls danke, Elmar! Mit meiner Aussage, dass wir zum Zeitpunkt, als van Eicken ermordet wurde, spazieren gefahren sind und eine Partie Schach gespielt haben, hat deine Freundschaftsgabe sicher nichts zu tun.«
    »Nö, wieso sollte es?«
    Dass Tepass bei der Aussage eines Kollegen nicht nachhaken würde, damit hatte ich gerechnet. Nun aber stellte ich die Frage, die mir immer wieder durch den Kopf gegangen war:
    »Sag mal, Kurt, wo warst du denn nun wirklich zu dem Zeitpunkt, als der Mord passiert ist?«
    »Auf dem Weg von der Dienststelle nach Hause. Und wie das so ist, geriet ich auf der Rheinbrücke in einen Stau. Passiert ja hin und wieder, meist mittwochs.« Er zog sein Augenlid herunter. »Tu doch nicht so, Elmar! Das hattest du doch genau einkalkuliert, wahrscheinlich wusstest du es sogar.«
    »Und Gisela?«
    »Die kennt das auch, dieses Problem mit dem, ähm,
    Feierabendverkehr.« Der korrekte Beamte und vorbildliche Ehemann Kurt Heisterkamp grinste wie ein ertappter Schuljunge. Sieh mal einer an, mittwochs, wenn die sportliche Polizistin aus dem KK 11 ihren Trainingsabend hatte.
    Um seine Verlegenheit zu kaschieren, beugte er sich über das Schachbrett. Wir hatten, bevor ich das Beweismaterial auf den Tisch legte, italienisch eröffnet und die ersten Züge fast mechanisch ausgeführt.
    Jetzt zog ich den Springer und bedrohte seine Dame.
    »Mein Freund, du bist zu voreilig.« Mit seinem Turm schlug Kurt meinen Springer und bot mir Schach. »Und die Sache in Soest, was ist damit?«
    »Morgen früh geht es los.«
    »Morgen ist Feiertag.«
    »Für Polizeibeamte. Selbstständige müssen Geld verdienen.«
    Ich schaute auf die Datumsanzeige meiner Uhr. Freitag, 1.
    November. Allerheiligen. Wenn ich mich recht erinnerte, musste am kommenden Mittwoch in Soest die berühmte Kirmes beginnen. Schöne Aussichten!
    54.
    Ich rief bei der Soester Touristeninformation an. Die Frau, die sich meldete, war sehr freundlich oder, genauer gesagt, doch eher nachsichtig, so wie man zu kleinen Kindern nachsichtig ist.
    »Ein Zimmer? Jetzt, kurz vor der Allerheiligenkirmes?«
    »Ja.«
    »Sie wissen, dass es sich bei dieser Veranstaltung um Europas größte Innenstadtkirmes handelt?«
    »Nein.«
    »Doch, so ist es. Wir erwarten über eine Million Besucher.«
    »Auf einen mehr oder weniger dürfte es da nicht ankommen.
    Und ganz sicher wollen nicht alle in Ihrer schönen Stadt übernachten.«
    »Da haben Sie auch wieder Recht. Trotzdem.«
    »Vielleicht ein ganz kleines Zimmer. Ich bin zwar eins neunzig groß, könnte mich aber bücken.«
    Ich hörte ein unterdrücktes Lachen. Das klang doch schon mal viel versprechend. Doch der Erfolg stellte sich nicht ein.
    Also rief ich Anne Mehringer an, um ihr zu sagen, dass ich meinen angekündigten Besuch verschieben musste. Nachdem ich mich wegen der Stelztante lange nicht um die Salzleiche hatte kümmern können, kam es jetzt auf ein paar Tage mehr nicht an.
    Anne Mehringer war da anderer Ansicht. Sie würde sich um ein Hotelzimmer kümmern. »Herr Mogge, in einer Stunde rufe ich zurück.«
    Es dauerte nur zwanzig Minuten. »Ich habe für Sie ein Zimmer im Pilgrim-Haus reserviert.«
    Das Wetter war schön, die Landschaft links und rechts der B
    1 übersichtlich. Windräder in der Ferne, Gehöfte, Krähen auf abgeernteten Feldern, Windräder in der Nähe. Ich ließ mir Zeit.
    Die anderen Autos rauschten an mir vorbei, ich selbst überholte unterwegs nur einen Lastwagen, der Runkelrüben geladen hatte, und ein paar Zugmaschinen, die bunt bemalte Kirmeswagen hinter sich herzogen.
    Jahrmarktsbuden, Karussells – ich habe eine Vorliebe für die Welt der Schausteller. Als Detektiv gehöre ich ja selbst zu einer Randgruppe. An meiner Seite befinden sich Schwindler, Gauner und Gangster, Halbverrückte und Ganzverrückte, Nutten und Moralisten,
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