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Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)

Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)

Titel: Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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vorlesen. Neben Josephines Buch entdeckte Stella einen süßen, luftigen Sonnenhut, einen Fedora aus Stroh mit einem blauen Samtband und einer Schleife an der Seite. Die Schleife war natürlich aus dem blauen Seidensatin. Auf der einen Schlaufe war ein silberner Brokatstern, auf der anderen eine silberne Brokatschneeflocke. Die Schleife war mit dem uralten goldenen Faden an dem Samtband festgenäht.
    «Ach, Oma!», sagte Stella gerührt. «Wie schön!»
    «Hmpf», sagte Isabel. Sie schnappte sich den Hut und untersuchte die Schleife Zentimeter für Zentimeter, Stich für Stich, als entzifferte sie Buchstabe für Buchstabe das Rezept eines Arztes. «Hmpf», sagte sie wieder und ging dann für alle Tee holen.
     
    Stella trug den Sonnenhut in jenem Sommer ziemlich oft. Sie trug ihn über die Pfingstfeiertage in Rom, wo sie mit ihrer Mutter hinfuhr, nur sie beide, und dann im Urlaub auf der Insel Kreta mit der ganzen Familie. Louisas Stiefmutter nahm die Mädchen im Sommer für ein paar Tage mit an die Ostsee, wo Stella mit ihrem Hut die Promenade entlangstolzierte, und an einem sehr heißen Nachmittag Mitte August setzte sie ihn auf, als sie und Oma Josephine zu Elisabeth Brunnens Beerdigung weit draußen in Stahnsdorf gingen. Es war ein sehr trauriger Anlass, und Stella zog sich den Hut über die Stirn, weil sie weinte. Und sie trug ihn natürlich, als sie und Isabel Oma Josephine nach ihrer Herzschrittmacher-Operation aus dem Krankenhaus abholten. Der Sonnenhut mit der blauen Seidensatinschleife kam mit Stella also ganz schön viel herum. Aber dann schlug kurz darauf das Unheil wieder zu.

Vierzehntes Kapitel D ie Freundin
    Stella stieg in den zweisitzigen Riesenradsessel. Mats folgte ihr. Der Wärter schloss den Bügel, und sie fuhren los. Der Boden fiel steil ab, und sie erhoben sich langsam über den Jahrmarkt. Stella begegnete Mats’ Blick im Aufwärtsschweben, und die Art, wie er sie ansah, verursachte ihr zum dritten Mal in dieser Woche so ein kicheriges Gefühl – als wäre sie im schnellsten Aufzug der Welt, hätte ihren Magen im Erdgeschoss gelassen und wäre schon auf halbem Weg zum Dach. Ob sie wohl dabei war, sich zu verlieben? Tja nun, warum nicht! Sie war dreizehn Jahre und neun Monate alt. Genauso alt wie Julia, als sie ihrem Romeo zum ersten Mal begegnete.
    Es war ein heißer Sonntag im Spätsommer, mit strahlendem, gelbem Sonnenlicht und schimmernd rötlichem Laub. Stella trug ihren Stroh-Fedora mit der hübschen, blauen Seidensatinschleife, ein weißes T-Shirt und ihre Jeans. Die Riesenradgondel hatte kein Dach, deshalb spürte sie, wie die Sonne herabbrannte.

    Stella, Julia und Louise hatten sich, wie geplant, um 12 Uhr mittags mit Mats, Alex und Fabian am Eingang zum Jahrmarkt getroffen. Sie war aus der S-Bahn gestiegen und unterwegs zum Jahrmarkt, als sie Mats bei den anderen Jungen am Kartenhäuschen stehen sah. Im selben Moment spürte sie das Fahrstuhlgefühl zum zweiten Mal in dieser Woche. Das erste Mal war in der Schule vor ein paar Tagen gewesen, in der Kantine. Sie hatte einen Essensgutschein in der Hand und wollte sich gerade in die Schlange für die Spaghetti stellen, da entdeckte sie Mats in der Schlange am Getränkeautomat. Er las in einem Heft. Er schaute hoch, sah Stella, bedeutete ihr mit einem Lächeln, zu ihm zu kommen, und schwang dann seinen Rucksack nach vorn. Er steckte das Heft in den Rucksack und warf ihn wieder nach hinten. Dabei sah sie kurz Mats’ Bizeps, eigentlich nichts Besonderes, sie hatte seine Oberarme schon oft gesehen, Hunderte Male, aber dieses plötzliche Aufblitzen von Haut, die vom vielen Tennisspielen den Sommer über hübsch geformt war, löste etwas wie einen Kicheranfall in ihrem Herzen aus. Sie war so aufgekratzt, als sie zu ihm ging, dass sie schon dachte, sie müsste laut loslachen. Aber das tat sie nicht – Gott sei Dank. Nach einer Minute oder so war das Lachgefühl verschwunden, allerdings stellte sie überrascht fest, dass sie ihren Essensgutschein bis zur Unkenntlichkeit zerknüllt hatte.
     
    Das Riesenrad hielt abrupt inne, Mats und Stella schaukelten vor und zurück. Sie lachten, drehten sich um und schauten nach unten, wo Julia und Fabian in die Gondel hinter ihnen stiegen. In der Gondel über ihnen saßen Louise und Alex.
    Stellas und Mats’ Gondel bewegte sich aufwärts, höher und höher. Sie sahen die Baumwipfel, die Jahrmarktbuden, umherschlendernde Menschen. Hier oben war es auch ein bisschen böig. Mats Haare wehten leicht im
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