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Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)

Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)

Titel: Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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Schneewehen erinnerte. Von den knorrigen Ästen eines jeden Baumes hingen Ketten mit Kristallimitaten, die im eisig blauen Licht der Deckenlampen wie Eiszapfen aussahen. Silberne Drahtzweiglein mit Hunderten von weißblau funkelnden Lichtern rankten sich wie gigantische Frostschlieren über die Wände. Unter dem größten Baum befand sich eine gewaltige Milchglastafel mit der Sitzordnung. Die Buchstaben aus Silberfolie wiesen Stella, Shawna und Marco an Tisch Nr.  3 . Isabel und Mikhail geleiteten sie dorthin. Die Platzkarten vor jedem Stuhl erinnerten an Skipässe.
    «Ein Skipass?», murmelte Mikhail zu Isabel. «Als Platzkarte? Bei einer Bar-Mizwa-Feier?» Das Ganze machte ihm langsam Spaß. Er kam sich vor wie ein Anthropologe, der ein exotisches Polarvolk erforschte.
    «Sind die Themenfarben nicht wunderschön?», sagte eine Frau in Blau, die an der Schleife am Kleid ihrer Tochter herumfummelte. Sie stellte sich als April Landau vor, eine «sehr gute Freundin» der Familie des Bar-Mizwa-Jungen, und dann stellte sie ihre Tochter Romy vor, ein blasses siebenjähriges Kind in einem grauen Taftkleid. «Alles ist farblich abgestimmt und themenbezogen», erklärte April Landau mit sichtlichem Entzücken. «Auch Romys und mein Kleid. Und wenn Sie erst sehen, was dahinter ist.» Sie zeigte zur hinteren Wand des Festsaals, wo ein Projektor fallende Schneeflocken in Endlosschleife projizierte. «Sie lässt sich öffnen.»
    «Was ist dahinter?», wollte Stella wissen. «Oh, wie aufregend. Oh!»
    «Stella», sagte Isabel leise und legte ihr eine Hand auf die Schulter. «Ganz ruhig.»
    Stella schüttelte die Hand ihrer Mutter ab. Sie hasste es, wenn ihre Mutter sie aufforderte, ganz ruhig zu sein. Sie zupfte April Landau am Arm. «Was ist hinter der Trennwand?»
    «Das erfährst du noch früh genug», sagte April Landau geheimnisvoll. «Habt ihr schon eure Eisskulptur gesehen?», fragte sie die Kinder und zeigte auf die Tischmitte.
    Alle drehten sich in die angewiesene Richtung. Anstelle eines typischen Blumenarrangements hatte sich die Bar-Mizwa-Familie Zwickel für eine spezialgefertigte, gänzlich aus Eis geschaffene Skulptur auf jedem Tisch entschieden. Die Skulptur auf Tisch Nr.  3 war ein riesiger Block aus durchsichtigem Eis mit einer Snowboarder-Figur obendrauf, ebenfalls aus Eis geformt. Im Inneren des Eisblocks war eine Schneebrille.
    «Er ist echt!», sagte April so stolz, als wäre es ihre eigene Kreation. «Er schmilzt in einen Tank an der Unterseite, aber keine Sorge, es dauert mindestens acht Stunden, bevor er anfängt zu tropfen.»
    «Ein bisschen extravagant», sagte Mikhail. «Für eine Bar Mizwa. Finden Sie nicht auch?»
    April drehte sich zu Mikhail. «Sie sind kein Amerikaner, richtig?»
    «Russe.»
    «Aha», sagte sie, «das erklärt alles.»
    «Ach ja?», sagte Mikhail.
    April Landau umarmte ihre Tochter und wandte sich wieder an die Menzels. «Sie müssen mich entschuldigen. Ich bin im Dienst. Ich bin hier die Veranstaltungsplanerin.»
    «Aha», sagte Isabel, «das erklärt alles.» Sie lächelte April kurz zu, sodass die Frau nicht so recht wusste, ob Isabel sich über sie lustig machte oder nicht. Dann eilte die Frau davon.
    «Die Vorspeisen sind gefüllte Schneebälle», sagte Romy. «Es gibt drei verschiedene Sorten. Kürbis, Süßkartoffel und Erdnussbutter mit Ingwercreme.»
    Mikhail nahm die Speisekarte zur Hand. Sie hatte die Form eines Schneemanns. «Stimmt», sagte er. «Genau das steht hier. Schneebälle. Du solltest Kellnerin werden.»
    «Ich werde Veranstaltungsplanerin wie meine Mutter. Ich nehme die Fischstäbchen aus Polardorsch als Hauptgericht, mit Eissalat und karamellisierten Kartoffeln aus Island. Natürlich sind die Kartoffeln nicht wirklich aus Island, sondern aus Idaho. Aber das Rezept ist auf alle Fälle isländisch.»
    Stellas Mutter und Vater verabschiedeten sich und gingen zu ihrem eigenen Tisch – im selben Moment entdeckte Stellas Cousine Shawna zwei Krüge auf dem Tisch, gefüllt mit einem blauen Getränk und zerstoßenem Eis. «Ein Slush!», rief sie. Die Mädchen probierten es. Himbeere, befanden sie, mit einem Hauch Minze. Stella hatte noch nie Slush getrunken und trank in gierigen Zügen – passte aber auf, dass nichts auf ihr Kleid tropfte.
    Nach zwei oder drei Schlucken bekamen die Kinder Hirnfrost, und die Mädchen rannten schreiend vor Freude und Schmerz davon. Marco zögerte. Sollte er ihnen folgen? Mädchen, fand er, wurden zunehmend nerviger. Ständig
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