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Steirerkind

Steirerkind

Titel: Steirerkind
Autoren: Claudia Rossbacher
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väterliche Freund seines Schwagers, schon als dieser noch ein Kind war. Roman Wintersberger hat den Tobias in der Skihauptschule Schladming trainiert, später beim ÖSV, und auch zuletzt war er als Sportlicher Leiter sein Chef, wenn Sie so wollen.«
    »Außerdem befindet sich der Austria Ski Team-Schriftzug auf der Jacke der Leiche. Und die üblichen Sponsorenlogos«, warf die Gruppeninspektorin ein.
    »Moment mal. Langsam, bitte. Der Schwager des Wirts heißt Tobias? Und weiter?«, fragte Sandra.
    »Na, Tobias Autischer«, meinte Johann Seitinger, als wäre es sonnenklar, dass nur der Spitzenläufer der österreichischen Slalom- und Riesentorlaufmannschaft mit ›Tobias‹ gemeint sein konnte. »Der Fischerwirt ist sein Elternhaus«, erklärte er weiter. »Seine ältere Schwester hat die Gastwirtschaft vor ein paar Jahren von der Mutter übernommen. Gemeinsam mit ihrem Mann. Der Tobias wohnt noch immer hier, wenn er nicht gerade mit dem Skizirkus unterwegs ist.«
    »Ach so.« Sandra hatte zwar gewusst, dass der jüngste Held der Skination ein Obersteirer, nicht aber, dass er der hiesige Lokalmatador war. »Das heißt, momentan wohnt Tobias Autischer hier?«
    »Nein, momentan nicht. Während der Ski-WM ist er im Mannschaftshotel einquartiert.«
    »Roman Wintersberger …«, kam Bergmann auf das mutmaßliche Opfer zurück und kratzte sich nachdenklich am unrasierten Kinn, »war der früher nicht selbst einmal Skirennläufer?«
    Seitinger nickte.
    »Roman Wintersberger war ein hochtalentierter Skifahrer aus der Ramsau. Er war seinerzeit Schülermeister im Riesentorlauf und Jugendmeister im Slalom. Später hat er es bis in den A-Kader des ÖSV-Technikerteams geschafft und einige beachtliche Rennergebnisse erzielt, bevor ihm der fürchterliche Sturz in Sestriere zwei kaputte Knie und das Ende seiner aktiven Karriere beschert hat. Das muss 1992 gewesen sein. Oder war es ’93?«
    »Ausweis hatte der Mann keinen dabei«, dachte Sandra laut, »irgendwelche anderen Gegenstände vielleicht? Schlüssel, Handy, eine Brieftasche …?«
    »Sein Handy war im Anorak«, sagte einer der Kriminaltechniker. »Wir werden überprüfen, ob sich darauf noch irgendwelche brauchbaren Daten finden lassen. Ist aber eher unwahrscheinlich. Könnte sein, dass nach längerer Liegezeit im Wasser sogar die SIM-Card hinüber ist.«
    »Hatte der Tote sonst noch etwas dabei?«, fragte Sandra weiter.
    »Nichts.« Barbara Grübler schüttelte den Kopf. »Wintersberger wird schon seit dem 25. Dezember des letzten Jahres vermisst«, fügte sie hinzu.
    »Das haben wir auch mitbekommen. Nicht nur wegen der internationalen Fahndungsmeldung. Die Medien haben ja laut genug spekuliert, was mit dem ÖSV-Cheftrainer so kurz vor der Ski-WM passiert sein könnte«, meinte Sandra.
    Ihr Freund Julius hatte als Radioreporter selbst wilde Verschwörungstheorien im Dunstkreis des ÖSV und des Internationalen Skiverbands FIS gewittert, was des Öfteren ein Streitpunkt zwischen ihnen gewesen war. Sandra machte sich jetzt schon darauf gefasst, dass Julius ihr Löcher in den Bauch fragen würde, wenn er erst einmal herausfand, dass sie im mutmaßlichen Mordfall Roman Wintersberger ermittelte. Dabei wusste er doch, dass die einzige unbeabsichtigte Indiskretion, kurz nachdem sie sich kennengelernt hatten, ihr eine Lehre gewesen war. Sie hatte damals befürchten müssen, wegen seiner allzu voreiligen Berichterstattung über einen Mordfall den Job zu verlieren, und hatte sich kurzerhand von ihm getrennt. Aber das war eine alte Geschichte, die sie lieber vergessen wollte. Genauso wie die Fehlgeburt, die sie erlitten hatte, nachdem sie und Julius Czerny, nicht zuletzt wegen ihrer ungeplanten Schwangerschaft, wieder zusammengekommen waren. Über ihre Arbeit hatte Sandra seither nie mehr mit ihm gesprochen, und das würde auch in Zukunft so bleiben.
    Die etwas pummelige Kellnerin mit den rotblonden Haaren brachte ihre Bestellung. Sandra versenkte den Teebeutel im heißen Wasser und griff zur Zitronenspalte.
    »Die Leiche weist einen einzigen Kopfschuss auf?«, fragte Bergmann, der reichlich Zucker in seinen schwarzen Kaffee rieseln ließ.
    Barbara Grübler nickte. »Zuerst nahmen wir an, der Schuss hätte den Schädel von vorne getroffen. Wegen der kleineren Wunde an der Stirn und der größeren am Hinterkopf. Der Polizeiarzt glaubt jedoch an einen Nahschuss von hinten.«
    »Ich teile seine Meinung«, warf einer der Kriminaltechniker ein. »Die deutlich vergrößerte Eintrittswunde
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