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Steirerherz

Steirerherz

Titel: Steirerherz
Autoren: Claudia Rossbacher
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perverse Drecksau sie aufgespießt hat?«, vergewisserte sich der jüngere
Franz.
    »Sie hat wohl nicht sehr lange leiden
müssen.« Ob diese Behauptung der Wahrheit entsprach, wusste Sandra zwar noch nicht,
aber sie war froh, dass die erhoffte Wirkung bei den beiden Männern eintrat. Sie
konnte deren Erleichterung förmlich spüren, wenngleich der Strohhalm, an den sie
sich nun klammerten, mehr als zerbrechlich war. Nur Florian reagierte überhaupt
nicht und kratzte weiterhin mit seinen angeknabberten Fingernägeln über das bunt
bestickte Leinentischtuch.
    »Wie war sie denn so, die Valentina?«,
lenkte Bergmann vom Tod des Mädchens ab. »Hatten Sie jemals irgendwelche Probleme
mit Ihrer Tochter? Ich meine, bevor ihr Freund Egon Hausner auf der Bildfläche erschienen
ist? Mädchen können ja manchmal ganz schön schwierig sein.«
    »Nicht die Valentina. Die war allweil
brav. Auch in der Schul’. Nicht eine Nachhilfestund’ hat sie mich gekostet. Sonst
wär’s auch sofort vorbei g’wesen mit dem Gymnasium.« Der Bauer würgte. »Sie war
wirklich ein anständig’s Dirndl – hilfsbereit und fleißig«, fügte er hinzu, ehe
er endgültig die Fassung verlor.
    Sandra fiel es schwerer als sonst,
sich zu beherrschen, um nicht selbst mit dem verzweifelten Mann mitzuheulen. Franz
junior schenkte indes Schnaps ein und schob eines der beiden Gläser dem Vater hinüber.
»Da, Papa, trink einen Maschanzka! Der hilft.« Alkohol war zwar auch keine Lösung,
aber in dieser extremen Situation war es naheliegend, den Schmerz – wenn auch nur
vorübergehend – betäuben zu wollen. Schweigend sah Sandra zu, wie die beiden Männer
die vollen Stamperln in einem Zug leerten. Wenigstens wurde Florian noch nicht mit
Schnaps ruhiggestellt, wie sie es erst vor Kurzem nach einem Verkehrsunfall bei
Judenburg zufällig miterlebt hatte. Der dort ansässige Bauer war sofort herbeigeeilt,
um dem 13-jährigen Fahrradfahrer, der auf der Straße direkt vor seinem Hof verunglückt
war, mit Hochprozentigem vom offenen Schienbeinbruch abzulenken. Was Generationen
als Hausmittel gedient hatte, wurde oft auch heute noch bedenkenlos angewendet.
Im Bedarfsfall galt das auch für Alkohol bei Minderjährigen. »Wo ist denn deine
Mutter?«, wandte sich Sandra direkt an den jüngeren Sohn. Florian deutete mit dem
Zeigefinger zur Decke. »Ob’n«, erklärte er mit versteinerter Miene.
    »Eine Psychologin versucht, die
Mama zu beruhigen, bis der Arzt endlich daherkommt. Sie hat vorhin komplett durchgedreht«,
erklärte Franz junior, während der Senior ein letztes Mal schluchzte, um sich anschließend
lautstark zu schnäuzen.
    »Es tut mir leid, dass ich Sie das
jetzt frage, aber es muss sein: Wo waren Sie heute Nacht? Zwischen null und drei
Uhr früh?«, fragte Sandra.
    »Um diese Zeit ist es also passiert?,«
fragte Franz junior.
    Sandra nickte.
    Der junge Peterbauer schluckte,
ehe er antwortete: »Wo sollen wir denn schon gewesen sein? Wir waren daheim – todmüd’
von der Arbeit. Der Flo ist zuerst liegen gegangen, danach die Mutter. Der Vater
und ich hab’n noch über die neuen Flaschenetiketten fürs Kernöl diskutiert, dann
sind wir auch ins Bett.«
    »Wie spät war es da?«
    »Das muss so um halb elf gewesen
sein.«
    Der alte Landwirt nickte und schnäuzte
sich noch einmal lautstark.
    »Und heute Morgen?«, fragte Sandra.
    »Die Mutter hat wie jeden Tag das
Frühstück gemacht. Und der Vater und ich haben gemeinsam g’frühstückt. Er hat das
Haus verlassen, bevor der Kleine in der Kuchl aufgetaucht ist, und ich bin dann
gleich ins Büro – dort wollt ich noch rasch was auf unserer Homepage ändern. Wir
verkaufen unsere Produkte nämlich auch online. Kurze Zeit später hat der Vater schon
ang’rufen vom Acker, gleich nachdem er die Polizei verständigt hat. Und die hat
ihn dann heimgebracht.« Allmählich verlor auch der junge Mann seine bewundernswerte
Haltung. Dass seine Bewegungen fahriger und die Stimme immer zittriger wurden, schien
auch Bergmann nicht zu entgehen. »Gestatten Sie uns noch eine letzte Frage: Hat
Valentina in der letzten Zeit ein schwarzes Lederband mit einem silbernen Herzanhänger
um den Hals getragen, in den ein V eingraviert war?«, fragte er.
    »Mir ist nix aufg’fallen«, meinte
der Vater nach kurzem Überlegen.
    »Mir auch nicht«, sagte der ältere
Sohn und stupste Florian an, der ebenfalls mit einem Kopfschütteln reagierte.
    »Gut. Das wär’s dann für heute«,
beendete Bergmann die Vernehmung. »Könnten
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