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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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einem Bein hüpfen kann. Stelle mich extra doof an und hüpfe auf zwei Beinen. Nein, ich solle auf einem Bein hüpfen. Wie denn? Das Frollein macht es mir vor und hüpft los. Zum ersten Mal macht der Test Spaß. Stelle mich weiter doof an. Das Frollein hüpft und kriegt einen roten Kopf. Nach fünf Minuten kann das Frollein nicht mehr. Sie lässt sich auf einen Stuhl plumpsen. Dabei platzt die Naht ganz auf. Sie sagt, ich hätte bestanden und könnte gehen. Mama bedankt sich und geht raus. Ich hüpfe auf einem Bein hinterher.
8. September 1966
    Der erste Schultag. Hab mich doch noch überreden lassen, zur Schule zu gehen. Mama hatte zum Schluss ein Argument, dem ich nichts mehr entgegensetzen konnte: eine große Schultütevoller Süßigkeiten. Mamas Argument war aber nicht von langer Dauer, denn nach einer halben Stunde war die Schultüte schon leer.
    Will meinen Entschluss, zur Schule zu gehen, noch mal überdenken, aber es ist zu spät. Hand in Hand betrete ich zusammen mit anderen Erstklässlern die Schule. Mama winkt mir mit einem Taschentuch hinterher. Sie weint ein bisschen. Komisch. Ich bin doch derjenige, der in die Schule muss.
    In der Klasse treffe ich das dicke Frollein vom Test wieder. Sie sagt, sie sei unsere Lehrerin und heiße Frollein Rehbein. Sie lobt uns, weil wir uns alle für den großen Tag so schick gemacht haben. Ich zeige auf und lobe Frollein Rehbein ebenfalls, weil sie sich auch so schick gemacht hat, ein Kleid ohne Riss trägt und sich sogar ihren Bart abrasiert hat. Frollein Rehbein kriegt einen roten Kopf und sagt, ich soll nicht so ungezogen sein. Wieso ungezogen? Ich wollte doch nur nett sein.
    Dann soll jeder sagen, was er mal werden will. Ich sage, dass ich Schmied werden will und deshalb jetzt gehen möchte. Alle Kinder lachen. Fange an, mich wohl zu fühlen, und beschließe, noch etwas zu bleiben. Wir erfahren von Frollein Rehbein, dass wir fürs Leben lernen und nicht für die Schule. Dann malt sie eine Pyramide an die Tafel, die ihr aber nicht gefällt, denn anschließend streicht sie die Pyramide wieder durch. Sie fragt uns, was wir da auf der Tafel sehen würden. Zeige auf und sage, dass ich eine durchgestrichene Pyramide sehe. Das sei falsch, sagt sie, denn auf der Tafel stünde keine durchgestrichenePyramide, sondern der Buchstabe »A«. Für mich ist es aber eine durchgestrichene Pyramide! Habe keine Lust mehr auf Schule und will gehen. Doch dann müssen wir unsere Hefte aufschlagen und lauter »A« malen. Frage Frollein Rehbein, ob in dem Wort »Schmied« ein »A« drin vorkommt. Nein, natürlich nicht. Dann will ich auch keine »A« malen. In »Schmiedehammer« kommt nämlich bestimmt auch kein »A« vor, wie ich den Laden so kenne. Also, was soll dann der Quatsch?
    Frollein Rehbein wird streng. Wenn ich jetzt kein »A« male, bekäme ich einen Tadel und da wäre ein »A« drin. Bin verzweifelt. Wenn ich doch fürs Leben lerne, wieso lern ich dann blöde Buchstaben, die man nur dann braucht, wenn man einen Tadel bekommt? Frollein Rehbein wird richtig böse und schreit, weil es so in der Schulordnung steht. Frage, ob denn in dem Wort »Schulordnung« ein »A« drin vorkommt. Bekomme einen Tadel und muss mich in die Ecke stellen.
    Während die anderen Kinder hinter mir durchgestrichene Pyramiden in ihre Hefte malen müssen, mustere ich die Tapete. Stelle mit vor, es sei eine Landkarte. In meiner Phantasie male ich mir aus, wie ich in einem Flugzeug über das Land fliege und dabei beobachte, was unten so passiert. Ich sehe Giraffen, Panther, Affen und angreifende Apachen, jede Menge spannende Dinge, und alle ohne »A«. Am Ende der Stunde bin ich richtig traurig, die Ecke verlassen zu müssen. Aber nicht lange. Denn in der nächsten Stunde steh ich wieder drin.
    Schule wird wahrscheinlich nie mein Ding sein ...

5. Frollein Schmitz
1. November 1967
    Seit einer Woche gehe ich gern zur Schule. Denn seit einer Woche ist die dicke Rehbein krank und wir haben ein neues Frollein. Sie heißt Frollein Schmitz und wir werden heiraten. Frollein Schmitz weiß es nur noch nicht, denn ich habe ihr meine Liebe noch nicht gestanden. Frage Papa, was er gemacht hat, um Mama heiraten zu können. Papa sagt, er hätte Mama einen Antrag gemacht. Antrag kenn ich. Das hat was mit Ämtern zu tun und mit ganz viel Papierkram.
    Im Schreibwarenladen frage ich nach einem Antrag. Der Händler hat ganz viele Anträge. Kaufe den billigsten.
2. November 1967
    Bin heute extra früher in die Schule gegangen,
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