Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Staub

Staub

Titel: Staub
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
Obwohl er sich sonst nur wenig gönnt, muss er seine Indios und Cubitas und A Fuentes und vor allem die Cohibas, die sagenumwobene Schmuggelware aus Kuba, haben. Er ist fasziniert von Cohibas und weiß, wo man sie bekommen kann. Es ist ein Riesenunterschied, wenn kubanischer Rauch seine gequälte Lunge liebkost. Mit unreinem Kraut ruiniert man sich die Lunge, doch der reine Tabak aus Kuba hat eine heilende Wirkung.
    »Ist das zu fassen? Ein Eiswagen, der seine süße, unschuldige Melodie dudelte, und viele Negerkinder, die mit Kleingeld angelaufen kamen, um sich etwas Süßes zu kaufen. Und dabei waren wir mitten im einem Ghetto, einem Kriegsgebiet, und die Sonne war bereits untergegangen. Ich wette, dass in Liberia nachts viel geschossen wird. Natürlich habe ich mich sofort aus dem Staub gemacht und bin schließlich in einem besseren Viertel gelandet. Ich habe dich sicher und wohlbehalten nach Hollywood gebracht, richtig, Mutter?«
    Zufällig befand er sich auf der Garfield Street und fuhr langsam an den winzigen eingeschossigen, verputzten Häuschen mit ihren schmiedeeisernen Geländern, den Jalousien vor den Fenstern, den Autostellplätzen und den Miniaturrasenflächen vorbei, die beim besten Willen keinen Platz für einen Swimming-Pool boten. Es waren reizende kleine Behausungen, vermutlich in den Fünfzigern und Sechzigern erbaut. Sie sprachen ihn an, weil sie Jahrzehnte voller zerstörerischer Hurrikans und umwälzender demographischer Veränderungen überstanden hatten, ebenso wie gnadenlose Erhöhungen der Grundsteuer, die die alten Besitzer vertrieben hatten. Diese waren von Neuankömmlingen ersetzt worden, die vermutlich kein Englisch sprachen und sich auch keine Mühe gaben, es zu lernen. Und dennoch hatte das Viertel überlebt. Und während ihm all diese Gedanken im Kopf herumgingen, erschien plötzlich der Wohnblock vor seiner Windschutzscheibe wie eine Vision.
    Vor dem Haus steht ein Schild mit der Aufschrift GARFIELD COURT und einer Telefonnummer. Pogues Reaktion auf die Vision bestand darin, dass er auf den Parkplatz einbog, sich die Nummer notierte, anschließend zur nächsten Tankstelle fuhr und dort den Münzfernsprecher benutzte. Ja, es sei eine Wohnung frei. Und keine Stunde später hatte er seine erste und hoffentlich letzte Begegnung mit Benjamin P. Shupe, dem Vermieter.
    Das geht nicht, das geht nicht, lautete Shupes ständige Litanei, als er Pogue in seinem Erdgeschossbüro am Schreibtisch gegenübersaß. Das Büro war heiß und stickig und außerdem von dem übermächtigen Geruch von Shupes schauderhaftem Herrenparfüm verpestet. Wenn Sie eine Klimaanlage wollen, müssen Sie sich selbst ein Gerät fürs Fenster kaufen. Das ist Ihre Sache. Doch wir haben jetzt die schönste Zeit im Jahr, Touristensaison. Wer braucht denn da eine Klimaanlage?
    Benjamin P. Shupe bleckte sein weißes Gebiss, das Pogue an Badezimmerkacheln erinnerte. Der mit Gold behängte Miethai klopfte mit einem pummeligen Zeigefinger auf die Tischplatte und ließ einen dicken Diamantring aufblitzen. Sie haben Glück. Die ganze Welt will um diese Jahreszeit hier wohnen. Ich habe eine Warteliste von zehn Interessenten allein für diese Wohnung. Shupe, der Slumkönig, machte eine Geste, die den Zweck hatte, seine goldene Rolex so gut wie möglich zur Geltung zu bringen. Er ahnte nicht, dass Pogues dunkel getönte Brille nur aus Fensterglas besteht und dass es sich bei seiner langen schwarzen Lockenmähne um eine Perücke handelt. In zwei Tagen werden es zwanzig Interessenten sein. Eigentlich sollte ich Ihnen die Wohnung zu diesem Preis gar nicht überlassen.
    Pogue bezahlte bar. Keine Kaution oder andere Sicherheiten wurden verlangt, keine Fragen gestellt, und kein Nachweis seiner Identität war erforderlich, ja, nicht einmal erwünscht. In drei Wochen wird er wieder in bar für den Monat Januar bezahlen müssen, falls er die Absicht haben sollte, seinen Zweitwohnsitz während der Hochsaison in Hollywood zu behalten. Allerdings ist es noch ein bisschen früh für ihn, um zu wissen, was er nach Neujahr vorhat.
    »Es gibt Arbeit, viel Arbeit«, murmelt er, während er die Fachzeitschrift für Bestattungsunternehmer durchblättert und eine Seite aufschlägt, auf der Urnen und Erinnerungsstücke abgebildet sind. Er studiert die bunten Bilder, die er schon in- und auswendig kennt. Seine Lieblingsurne ist und bleibt die Zinnschatulle, die wie ein Stapel schöner Bücher geformt ist. Obenauf liegt ein Federkiel, und er malt sich aus,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher