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Starke Kinder

Starke Kinder

Titel: Starke Kinder
Autoren: Anne Dyer , Regina Steil
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kann.
    2.2    Welche sexuellen Mythen gibt es?
    Ein Mythos ist eine Erzählung, mit der Werte zum Ausdruck gebracht werden. Im Folgenden wollen wir den Fragen nachgehen, welche sexuellen Mythen es gibt und ob sie einen wahren Kern haben.
    Mythos 1: Ist jemand sexuell erregt, so will er/sie den Sex auch
    Nicht selten berichten erwachsene Opfer unter hoher Scham von sexueller Erregung während des Missbrauchs. Immer wieder stellen sie sich die Frage: Habe ich es vielleicht doch gewollt? Schaffen es die Betroffenen, hierüber zu reden, so ist dies ein großer Vertrauensbeweis. Sexuelle Erregung ist jedoch nicht an unser Großhirn und damit an unsere bewussten Entscheidungen gekoppelt. Sexuelle Erregung kann durch reine mechanische Manipulation auftreten. Wird das männliche Glied gerieben, so entsteht eine Erektion – unabhängig vom Willen seines „Besitzers“. Bei weiterer Stimulation kann es zu einem Orgasmus kommen – ebenfalls unabhängig vom Willen des „Besitzers“. Mädchen und Frauen unterliegen den gleichen biologischen Gesetzen. Bei Stimulation der Klitoris kann ohne einen bewussten oder gewollten Beitrag eine sexuelle Erregung wie auch ein Orgasmus eintreten. Eine Vergewaltigung jedoch bleibt – ob mit oder ohne sexuelle Erregung – eine Vergewaltigung.
    Mythos 2: Ein Missbrauchsopfer hasst den Täter
    Ein Missbrauch findet häufig durch eine „Vertrauensperson“ der Opfer statt. Während eines Missbrauchs kann es zu Situationen kommen, in denen der Täter sein Opfer auf angenehme Weise berührt und streichelt. In solch einer Situation können Intimität und Zuneigung erfahren werden. Viele Opfer berichten, den Täter gleichzeitig zu mögen und zu hassen. Neben schrecklichen Erfahrungen habe es durchaus auch angenehme Momente gegeben. Wenige Betroffene berichten, sie hätten gar nicht verstanden, was mit ihnen geschah, auch dass es eigentlich gar keine schlimmen Momente gegeben habe. Sie hätten die Übergriffe auch nicht unbedingt als falsch erlebt. Da ein Kind jedoch kein Einverständnis zu sexuellen Handlungen mit Erwachsenen geben kann, sind auch solche Beziehungen als missbräuchlich zu bezeichnen.
    Mythos 3: Wer Gewaltfantasien mag, steht auf gewalttätigen Sex
    Ein weiterer Mythos betrifft die Fantasien, mit denen Menschen Erregung bei sich selbst auslösen oder zu denen sie sich selbst befriedigen. Laut Studienergebnissen berichten recht viele Frauen, dass sie durch Gewaltfantasien erregt werden. Hierbei stellen sie sich z. B. vor, gefesselt zu werden. Eine Fantasie bedeutet jedoch noch nicht, dass diese Fantasie in Wirklichkeit erwünscht wäre. Es besteht ein zentraler Unterschied: In der Fantasie der Frau hat sie letztendlich die Kontrolle. Sie steuert ihre Fantasie. Eine Vergewaltigung beinhaltet keinerlei Kontroll- und Steuermöglichkeit für das Opfer.
    2.3    Was sind die Folgen für die Opfer?
    Die Liste möglicher psychischer Probleme und Störungen, die vermehrt nach der Erfahrung von sexuellem Missbrauch auftreten, ist lang. Diese Folgen variieren je nach Altersstufe. Kinder zeigen beispielsweise Verhaltensweisen, die sie in einer früheren Entwicklungsstufe gezeigt und überwunden hatten. Sie „regredieren“: z. B. beginnt ein Kind wieder in die Hose zu machen, nachdem es schon gelernt hat, auf die Toilette zu gehen. Auch andere Verhaltensauffälligkeiten signalisieren, dass das Kind „aus der Bahn geworfen“ wurde. Dies kann sich in Schlafstörungen und in Wutausbrüchen zeigen. Manche Kinder ziehen sich zurück und wollen alleine sein. Andere Kinder versuchen, mit einem bestimmten Verhalten ihr Unbehagen zum Ausdruck zu bringen. So kann es sein, dass sich jüngere Kinder plötzlich weigern, mit manchen Menschen alleine zu bleiben. Sie können Gründe erfinden, warum sie dort nicht wieder hin wollen. Die Strategien können dabei sehr kreativ sein. Eine Betroffene berichtet, sich ab dem Alter von 12 Jahren in einem Turnverein engagiert zu haben. Dieses Engagement habe dazu geführt, dass sie nun an den Wochenenden, die sie früher bei ihrem Großvater (dem Täter) verbracht hat, zu Turnveranstaltungen habe gehen „müssen“.
    Manche Opfer zeigen sehr früh Verhaltensweisen, die sexuell gedeutet werden. So klettern sie z. B. fremden Männern auf den Schoß, greifen an deren Geschlechtsteil oder zeigen
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