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Starke Kinder

Starke Kinder

Titel: Starke Kinder
Autoren: Anne Dyer , Regina Steil
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ersten Annäherungen des Täters an das Opfer wirken wie zufällig aussehende Berührungen. Solche Übergriffe werden durch die oft noch jungen Opfer selten als Missbrauch erkannt. Erst im Laufe der Zeit, auch erst im Laufe der Jahre verstehen die Opfer, was „das“ ist, was von ihnen verlangt wird. Ihnen kann es dann gelingen, den Täter auf Abstand zu halten und sich durch z. B. ein unterstützendes Umfeld zu schützen.
    Kommt es jedoch weiter zu sexuellen Übergriffen, so werden die Opfer durch die Täter häufig bedroht („Ich bringe deine Eltern um …“; „Alle werden glauben, du wolltest es.“; „Dann können wir uns nicht mehr sehen.“). Die Opfer werden zum Schweigen gezwungen und werden gleichzeitig in ihrer Opferrolle gehalten. Sie werden weiterhin missbraucht. Frau W. berichtet, es habe mehrere Gründe gegeben, warum sie den Missbrauch nicht habe stoppen können. Sie wusste, dass ihre Adoptivmutter ihr nicht geglaubt hätte, hätte sie von den Übergriffen berichtet. Dann habe der Großvater ihr immer wieder Geld zugesteckt. Sie habe sich über das Geld gefreut – bis die Übergriffe greifbarer wurden. Zu diesem Zeitpunkt habe der Großvater ihr bereits vorgeworfen, sie habe ja schon bereits vorher Geld genommen. Eigentlich sei sie eine „Hure“ und habe es gewollt.
    Ein weiterer Grund für einen lange andauernden Missbrauch sind zwiespältige Gefühle des Opfers dem Täter gegenüber. Eine Betroffene berichtet über den 10 Jahre andauernden Missbrauch durch ihren Vater, dass sie ihn immer noch vermisse, ihn gleichzeitig aber auch hasse. Er sei die einzige Bezugsperson gewesen. Sie habe auch sehr schöne Momente mit ihm erlebt. Er habe sie getröstet, wenn sie Probleme in der Schule gehabt habe. Allerdings habe er auch immer wieder gewollt, dass sie Sex mit ihm habe. Wenn sie dies nicht gewollt habe, habe er sie durch Gewalt auch zum Sex gezwungen.
    Eine andere junge Betroffene berichtete, ihr fünf Jahre älterer Freund habe sie gezwungen, ihn oral zu befriedigen. Sie habe dies nicht gewollt. Allerdings habe sie sich viel zu sehr geschämt, es jemandem zu erzählen. Er sei sehr beliebt gewesen. Alle hätten sie um solch einen tollen Freund beneidet. Sie habe befürchtet, ihren Freundeskreis zu verlieren, sobald sie solche Vorwürfe erheben würde. Auch sei es ja schließlich „normal“, dass man Sex in einer Beziehung habe. Die Betroffene blieb über mehrere Jahre in dieser Beziehung.
    Zusammenfassung
    Als sexuellen Kindesmissbrauch bezeichnet man alle Handlungen, die eine ältere Person an einer jüngeren Person zur Befriedigung sexueller Interessen durchführt. Es fehlen das Einverständnis oder die Gleichheit zwischen den Beteiligten oder es wird Zwang ausgeübt.
    Manche Missbrauchshandlungen zeichnen sich durch die Bedrohung des Kindes aus, andere durch das „Einverständnis“ des Kindes. Das Verfolgen sexueller Interessen ist ein zentrales Kriterium für sexuellen Missbrauch und von einer unabsichtlichen Handlung zu unterscheiden.
    Vor dem Alter von 14 Jahren gelten Kinder als nicht fähig, Einverständnis zu sexuellen Handlungen zu geben. Nutzen Täter Abhängigkeitsverhältnisse zur Befriedigung ihrer sexuellen Interessen aus, so ist auch dies strafbar.
    Ein Kind kann durch viele Gründe über Jahre hinweg in einem Missbrauchsverhältnis gefangen sein.

2    Wer wird zum Opfer?
    2.1    Wie häufig kommt es zu sexuellem Missbrauch?
    Um diese Frage beantworten zu können, führen Wissenschaftler große Studien durch. Diese Studien weisen jedoch zwei Problembereiche auf. So liegen den Studien verschiedene Auffassungen zugrunde, welche Handlungen zum sexuellen Missbrauch gehören. Während manche Studien schon sehr leichte Missbrauchshandlungen erfassen, lassen andere Studien nur schwere sexuelle Übergriffe gelten. Außerdem variieren die Zahlen in Abhängigkeit davon, wer befragt wird.
    a)   Geht man von den Übergriffen aus, die der Polizei gemeldet wurden, so muss mit einer hohen Dunkelziffer (die Anzahl nicht gemeldeter Übergriffe) gerechnet werden. Geht man von den aufgedeckten Missbrauchsfällen aus, wird man die Anzahl tatsächlicher Übergriffe massiv unterschätzen. Vermutlich wird auch nur eine bestimmte Auswahl bei der Polizei gemeldet, also z. B. eher wenn
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