Staerker noch als Leidenschaft

wünschte, sie könnte all ihre Sorgen ebenso leicht wegschließen.
    In ihrem Kopf jedoch überstürzten sich die Gedanken. Stimmte es, was sie hier gehört hatte, konnte Quin ihr, ohne mit der Wimper zu zucken, das Geld zur Verfügung stellen, das sie brauchte, um die Tanzschule zu retten. Wenn er bekam, was er wollte, würde er es vielleicht sogar tun. Und wenn es dabei nur um Sex ging …
    Das Verlangen, das bei dieser Vorstellung jäh in ihr emporstieg, schockierte Nicole zutiefst. Es wäre unendlich dumm, sich auf Quin einzulassen, egal unter welchen Umständen. Schon einmal hatte er ihr Selbstwertgefühl zerstört. Es war vollkommen verrückt, auch nur daran zu denken, ihm die Möglichkeit zu bieten, es ein zweites Mal zu tun.
    Doch dieses Mal würde sie es sein, die ihn für ihre Zwecke benutzte. Ein kleiner Racheengel flüsterte ihr zu, dass es nur ausgleichende Gerechtigkeit wäre. Schließlich hatte für Quin alles seinen Preis. Warum sollte sie es nicht genauso halten?
    Die Situation würde von vornherein genau abgesteckt sein. Zu ihrem wahren Leben würde er keinen Zugang bekommen. Wenn sie Sex nicht mit Liebe verwechselte, konnte sie auch nicht verletzt werden. Im Grunde genommen könnte es sogar Spaß machen, den Spieß umzudrehen. Sie würde ihm nur zukommen lassen, was sie ihm geben wollte. Zu ihren Bedingungen!
    Die große Frage war nur: Wie sehr wollte Quin sie wirklich?

2. KAPITEL
    Quins Verstand arbeitete auf Hochtouren, wie immer, wenn sich ihm eine Herausforderung bot. Dieses Mal würde Nicole ihm nicht davonlaufen. Ganz gleich, wie viele Steine sie ihm in den Weg warf, er würde diese wegräumen und ihre Mauern niederreißen. Nicole würde wieder zu ihm gehören.
    Was er jetzt brauchte, waren Informationen – wo sie arbeitete, wie ihr Tagesablauf aussah. Sobald er das wusste, war es ein Leichtes, ein weiteres zufälliges Treffen zu arrangieren. Die gegenseitige Anziehung, die Nicole so vehement abstritt, musste erneut entfacht werden. Diese Funken würden zu lodernden Flammen wachsen und einer gemeinsamen Zukunft den Weg ebnen.
    Tony sah ihm gespannt entgegen, als er zum Tisch zurückkam. In den vier Jahren, in denen Quin und Tony jetzt sowohl beruflich als auch privat miteinander zu tun hatten, hatte Quin immer wieder feststellen können, dass Tony Fisher immer auf dem neuesten Stand war. Ob es sich nun um Rechtsangelegenheiten oder um persönliche Dinge handelte, der Mann war immer informiert. Eher klein und stämmig gebaut, aber mit einer enormen Persönlichkeit ausgestattet, konnte er ein wahrhaft ansteckendes Lachen sein Eigen nennen, schelmisch funkelnde braune Augen sowie wirre braune Locken, die seine fast immer gut gelaunte Miene rahmten.
    Tony fing Quin ab, bevor er sich setzen konnte. „Du hast schon immer die Experten in der Masse erkannt, was?“, raunte er ihm zu.
    Offensichtlich lag Quin ausnahmsweise nicht auf Tonys Wellenlänge. „Experten?“
    „Die Tanzlehrerin.“ Überrascht zog Tony die Brauen in die Höhe. „Du lässt nach, alter Freund, wenn du das noch nicht weißt.“
    Quin runzelte die Stirn. Was Tony sagte, ergab keinen Sinn. Nicole hatte im Bankwesen gearbeitet, bevor sie sich nach Europa absetzte. Mit ihrem Abschluss in Wirtschaftslehre hatte sie sich steil die Karriereleiter hinaufgearbeitet, bis sie der Investmentabteilung einer der führenden Banken vorstand. Das war ja eben eines der großartigen Dinge an ihrer Beziehung gewesen – Nicole hatte seine Arbeit als Finanzmakler genau verstanden.
    Auch wenn sie wie eine Göttin tanzte. Bei lateinamerikanischen Tänzen war sie schon immer ein absolutes Naturtalent. Dennoch … Tony musste sie verwechseln. Eine Frau mit Nicoles Intelligenz arbeitete bestimmt nicht als Lehrerin in einer Tanzschule.
    „Ich denke, diesmal liegst du falsch.“ Quin ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen, schließlich war Tony so stolz darauf, dass er immer Recht hatte.
    Tony zog lässig eine Augenbraue empor. „Hast du nicht gerade mit Nicole Ashton gesprochen?“
    Alarmglocken schrillten in Quins Kopf. Durchdringend sah er seinem Freund ins Gesicht. „Woher kennst du sie? Was weißt du von ihr?“
    Tonys Mundwinkel zuckten mokant. „Hat sie dich abblitzen lassen?“
    Zwischen Tony und ihr schien es sich um eine persönliche Bekanntschaft zu handeln, ein Umstand, der Quin ganz und gar nicht behagte. Tony wusste nichts von Quins früherer Beziehung zu Nicole, das war vor ihrer Freundschaft gewesen. Darauf konnte die Frage