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Stadtmutanten (German Edition)

Stadtmutanten (German Edition)

Titel: Stadtmutanten (German Edition)
Autoren: Daniel Strahl
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musikalischen Untergrund der frühen 1980er.
    Unten angekommen suchten wir uns einen Platz am Tresen und bestellten zwei Bier. Hier zeigten die Betreiber Fingerspitzengefühl, indem sie Haake Beck ausschenkten und kein auswärtiges Bier. Also tranken wir und quatschten mit dem Wirt über die gute alte Zeit, in der die Szene noch unkommerziell und kompromisslos war, als wäre auch nur einer von uns alt genug gewesen, um die frühen 80er bewusst erlebt zu haben. Nach einiger Zeit wurden Ben und ich mutiger und stiegen auf Whiskey um. Der Wirt hatte einen alten Glenfiddich, der runter ging wie Öl und nach kurzer Zeit waren wir beide sturzbetrunken.
    Nachdem ich meine Übelkeit bei einem Gang zur Toilette nur durch pure Willenskraft im Zaum halten konnte, hatte ich genug. Ich wollte Ben vorschlagen zu gehen und den Abend bei mir mit einem Feierabendbierchen und einer DVD ausklingen zu lassen. Daraus wurde jedoch nichts. Als ich den Raum wieder betrat, saßen zwei Mädchen an unserem Tisch. Sie waren maximal in ihren frühen 20ern. Das machte Ben und mich beinahe doppelt so alt. Aber die Damen schien das nicht zu stören. Vielleicht reizte sie auch gerade der Altersunterschied. Ben hatte mir sofort zischend klargemacht, welche seine sei und welche meine sein sollte. Ich tat ihm schließlich den Gefallen und lenkte die Freundin seiner Auserwählten ab. Meine fing schon nach kurzer Zeit an, bei jeder sich bietenden Gelegenheit Körperkontakt herzustellen, besonders mit meiner Hand und meinen Oberschenkeln. Großartig! Jetzt musste ich zusätzlich zu meiner Übelkeit noch eine sexuelle Dauerbelästigung ertragen, damit Ben bei einem Mädchen landen konnte, das bei seinem ersten Mal noch nicht einmal geboren war. In einem unbeobachteten Moment nahm ich Ben zur Seite.
    »Ben, ich kann nicht mehr. Ich fühl mich scheiße und die Tante grabbelt mich die ganze Zeit an. Und ich glaub, ich schaff mein Bier nicht mehr.«
    Er legte den Arm um mich und lächelte mich mit glasigem Blick an.
    »Alter, ich versteh dich. Ich bin auch total fertig.«
    Für einen kurzen Moment dachte ich, wir würden tatsächlich gehen. Aber dann tuschelte Ben kurz mit seinem Mädchen nickte mir zu.
    »Alles klar, wir gehen auf den Parkplatz und ziehen uns ´ne Line, Sissi hat was in ihrem Wagen.«
    »Sissi?« Ich musste unweigerlich grinsen. »Du meinst, die Kleine heißt Sissi?«
    Ben lächelte nur schief.
    »Warte ab, wie deine heißt…«
    Also machten wir uns auf den Weg zu Sissis Auto. Sissi und Ben liefen eng umschlungen wie ein frisch verliebtes Paar. Ich dagegen versuchte, jeden Körperkontakt mit meinem Mädel zu vermeiden. Der Versuch wurde auf der Stelle im Keim erstickt, als sie sich genüsslich bei mir einhakte. Sie redete ununterbrochen. Ich war so benebelt, dass ich nur die Hälfte mitbekam. Ihr Name war Lila. Sie war mit der Schule fertig (na Gott sei dank) und kürzlich nach Bremen gezogen, wo sie nun irgendetwas studierte. Dann hatte sie Sissi kennen gelernt, die seitdem ihre beste Freundin war (wie schnell das bei einigen Leuten ging). Sie wohnte nun mit Sissi und ihrem gemeinsamen Mitbewohner Leon zusammen in einer WG. Leon war Mitte 20 und stockschwul, wie Lila nicht ohne Stolz berichtete. Sie bemerkte auch, wie cool es sei, mit einem so erfahrenen (wenigstens sagte sie nicht reifen) Typen unterwegs zu sein. Vor der Tür legte sie ihren Kopf an meine Schulter. Ich kann nicht sagen, dass ich das Gefühl gänzlich unangenehm fand. Lila war alles andere als hässlich und es tat gut, ein wenig umgarnt zu werden. Aber ich hatte trotzdem ein schlechtes Gewissen. Ich tat zwar eigentlich nichts Schlimmes, aber ich hatte den Eindruck, dass Katie dies ganz anders sehen würde.
    Sissi fuhr einen recht neuen Hyundai. So groß wie eine Sardinenbüchse, aber nicht ungemütlich, sobald man erst einmal drin saß. Ben und Sissi nahmen hinten Platz, ich setzte mich neben Lila auf den Beifahrersitz. Sissi kramte unter dem Fahrersitz einen Spiegel und ein Tütchen mit feinem Pulver hervor und begann sofort mithilfe einer Kreditkarte, einige Linien zu formen. Nach kurzer Zeit ging der Spiegel herum und jeder zog sich das Pulver mehr oder weniger gekonnt in die Nase. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie gekokst und schaute aufmerksam zu, um mich nicht als Anfänger zu outen. Ich schlug mich jedoch allem Anschein nach gut, jedenfalls ließ keiner einen entsprechenden Kommentar, nachdem ich an der Reihe gewesen war. Nachdem wir uns alle die Nase
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