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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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lachen sehen. Ruhen Sie sich ein bißchen aus. Ab morgen arbeiten Sie für den schrecklichsten Kerl, den diese Stadt zu bieten hat.«
     
    Mrs. Madrigal jätete im Garten Unkraut, als Mary Ann in die Barbary Lane zurückkam.
    »Du hast den Job, nicht?«
    Mary Ann nickte. »Hat Mona angerufen?«
    »Nein. Ich wußte einfach, daß es klappt. Du kriegst immer, was du willst.« Mary Ann zuckte lächelnd mit den Schultern. »Ja, ich glaube schon.«
    »Wir beide haben viel gemeinsam, Liebes … Ob dir das bewußt ist oder nicht.«
    Mary Ann ging auf die Haustür zu, blieb dann stehen und drehte sich um. »Mrs. Madrigal?«
    »Ja?«
    »Ich … Vielen Dank für den Joint.«
    »Gern geschehen, Liebes. Ich denke, du wirst Beatrice mögen.«
    »Es war nett von Ihnen, daß Sie …«
    Die Hausherrin schickte sie mit einem Wink fort. »Geh und sag deine Gebete auf oder so. Du stehst jetzt im Berufsleben.«
Werbespielchen
    Halcyon Communications war in einer früheren Inkarnation eine Lebensmittelgroßhandlung gewesen. Jetzt strahlten einem von den dezenten Ziegelwänden Supergraphics und Mietkunst entgegen. Würdige Damen, die am Jackson Square nach Louis-quinze-Schnäppchen suchten, verwechselten die Sekretärinnen des Hauses häufig mit exquisiten Mannequins.
    Mary Ann gefiel das.
    Was ihr nicht besonders gefiel, war ihr Job.
    »Ist die Fahne draußen, Mary Ann?«
    Das war am Morgen Halcyons erste Frage. An jedem Morgen.
    »Ja, Sir.« Mit jeder Sekunde fühlte sie sich weniger wie Lauren Hutton. Wer würde von Lauren Hutton verlangen, schon vor neun Uhr morgens die amerikanische Flagge aufzuziehen?
    »Haben wir keinen Kaffee mehr?«
    »Ich habe ihn im Konferenzraum bereitgestellt.«
    »Was ist das denn wieder für eine komische … O Gott! … Adorable ist da?«
    Mary Ann nickte. »Konferenz um neun.«
    »Verdammt! Sagen sie Beauchamp, er soll seinen Hintern hierher bewegen. Aber dalli.«
    »Ich hab’s schon bei ihm versucht, Sir. Er ist noch nicht im Haus.«
    »O Gott!«
    »Ich könnte es bei Mildred versuchen, wenn Sie möchten. Manchmal trinkt er unten in der Produktion Kaffee.«
    »Ja, los.«
    Mary Ann rief an und kam sich dabei vor wie eine Fünftkläßlerin, die einen Mitschüler verpetzt hatte. Sie mochte Beauchamp Day; trotz seiner Verantwortungslosigkeit. Vielleicht mochte sie ihn sogar wegen seiner Verantwortungslosigkeit.
    Beauchamp war Edgar Halcyons Schwiegersohn, der Ehemann von DeDe Halcyon, deren Debütantinnenball auch schon eine ziemliche Weile zurücklag. Nach seinem Studium in Groton und Stanford war der hübsche junge Bostoner 1971 als Trainee zur Bank of America nach San Francisco gekommen und natürlich wie geschaffen gewesen für den eleganten Junggesellenclub The Bachelors.
    Den Klatschspalten zufolge hatte er seine spätere Frau 1973 beim Spinsters Ball kennengelernt. Binnen Monatsfrist genoß er die Freuden von Poolparties in Atherton, Brunches auf Belvedere Island und Skiausflügen nach Tahoe.
    Die Balz zwischen DeDe und Beauchamp verlief rasant. Die beiden heirateten im Juni 1973 auf den sonnenbeschienenen Hängen von Halcyon Hill, dem Sitz der Brautfamilie in Hillsborough. Die Braut hatte darauf bestanden, barfuß zu heiraten. Sie trug ein Folklorekleid von Adolfo, geordert bei Saks Fifth Avenue. Ihre Mitbewohnerin in Bennington und Brautjungfer, Muffy van Wyck, trug ausgewählte Verse von Kahlil Gibran vor, zu denen ein Streichquartett das Thema aus Elvira Madigan spielte.
    Nach der Hochzeit erklärte die Brautmutter, Frannie Halcyon, gegenüber Reportern: »Wir sind so stolz auf DeDe. Sie war immer eine ganz besondere Individualistin.«
    Beauchamp und DeDe zogen in ein elegantes Art-déco-Penthouse auf dem Telegraph Hill. Sie waren generöse Gastgeber, und man traf sie häufig bei wohltätigen Ausschweifungen … anscheinend gingen alle Leute zu so was, bloß nicht Mary Ann Singleton.
    Mary Ann hatte während eines Softballmatchs mit einer befreundeten Agentur (Halcyon gegen Hoefer, Dieterich & Brown) einmal kurz mit DeDe geplaudert. Mrs. Day wirkte auf die Sekretärin ganz und gar nicht versnobt, doch Mona fand, daß eine Dina-Merrill-Frisur bei einer Sechsundzwanzigjährigen lächerlich aussah.
    Beauchamp jedoch hatte an jenem Nachmittag wunderbar ausgesehen und die Wurfzone des Pitchers in einen Miniolymp verwandelt.
    Blaue Augen, schwarze Haare und glänzende braune Arme, die sich von einem leicht verwaschenen grünen Lacoste-Hemd abhoben …
     
    Mary Ann hatte richtig getippt. Beauchamp
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