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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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Augenbrauen stand erneut der Schweiß. »Kann ich heute abend zu Ihnen kommen, Mrs. Miller? Ich weiß, es ist etwas kurzfristig.«
    »Ach … Warten Sie mal eben, Mr. Halcyon. Ich seh in meinem Kalender nach.« Sie legte den Hörer beiseite. Edgar konnte hören, wie sie herumkramte. »Geht in Ordnung«, sagte sie schließlich. »Paßt es Ihnen um acht?«
    »Vielen herzlichen Dank.«
    »Aber ich bitte Sie, Mr. Halcyon.«
     
    Er fühlte sich jetzt entschieden besser. Ruby Miller bedeutete für ihn Hoffnung, wie vage auch immer. Er beschloß, an der Bar im Cartoon Room etwas zu trinken.
    »Edgar, du alter Schwerenöter, warum bist du nicht zu Hause am Rosenstutzen?«
    Es war Roger Manigault, einer der Bosse von Pacific Excelsior. Die Tennisplätze der Manigaults grenzten an den Obstgarten der Halcyons in Hillsborough.
    Edgar lächelte. »Du solltest auch schon längst im Bett sein, Booter.« Der Spitzname war ein Überbleibsel aus Stanford-Zeiten, als Manigault die höheren Weihen des Footballspiels empfangen hatte. Seitdem hatte er an nichts mehr Gefallen gefunden.
    Im Augenblick erregte er sich darüber, daß die Indianerfigur auf dem Campus von Stanford an die Indianer zurückgegeben werden sollte.
    »Heutzutage sind alle so schrecklich sensibel! Indianer sind keine Indianer mehr … o nein! Sie sind amerikanische Ureinwohner. Ich habe zehn Jahre gebraucht, bis ich ›Neger‹ richtig sagen konnte, und jetzt haben sie sich in Schwarze verwandelt. Herrgott noch mal, ich weiß nicht mal mehr, wie ich unser Mädchen nennen soll!«
    Edgar trank einen Schluck und nickte. Er hatte das alles schon mal gehört.
    »Nimm doch bloß mal das Wort ›gay‹, Edgar. Das war immer ein ganz normales Wort, das man für etwas Natürliches und Vergnügliches benutzt hat, Herrgott noch mal! Und jetzt! Was ist es jetzt?!« Er putzte seinen Scotch weg und knallte das Glas auf den Tresen. »Ein anständiges junges Paar muß sich ja schon fast schämen, wenn es erzählt, daß es bei den ›Gaieties‹ mitgemacht hat! Früher war das mal ein schönes Sommervergnügen, aber heutzutage denkt doch jeder gleich, daß sie bei dieser Schwuchteln- und Lesbierinnenparade mitmarschiert sind!«
    »Genau getroffen«, sagte Edgar.
    »Aber wirklich! Übrigens, wo wir gerade davon reden … Roger und Suzie haben erzählt, daß ihnen Beauchamp und DeDe über den Weg gelaufen sind, als sie letztens ausgegangen sind. Beauchamp ist ein verdammt guter Tänzer, sagt Suzie … Ich glaube, Hustle heißt das, wo man so aneinanderbumst.«
    Bumsen trifft den Nagel wahrscheinlich auf den Kopf, dachte Edgar. Er hatte sich schon öfter über Beauchamp und Suzie Gedanken gemacht. »Entschuldige mich jetzt, Booter. Ich habe Frannie versprochen, heute abend früh nach Hause zu kommen.«
    Gemessen an den Lügen, die sie ihm abverlangte, hätte Ruby Miller genausogut Edgars Geliebte sein können.
     
    Ein Stück weiter den Hügel hinauf suchte Beauchamp im University Club Trost bei Peter Cipriani, dem Erben eines sagenhaften, auf Blumen gründenden Vermögens.
    »Ich glaube, ich entwickle langsam eine Paranoia.«
    »Wieder der Alte?«
    »Ja. Er hat mir wegen DeDe die Daumenschrauben angelegt.«
    »Hat er dich in Verdacht?«
    »Aber wie.«
    »Und wie denkt DeDe darüber?«
    »Meinst du, sie weiß, was denken heißt?«
    »Sie ist ein bißchen begriffsstutzig, aber sie finanziert deine Leidenschaft für Wilkes-Bashford-Klamotten … Und sie hat eine tolle Kiste.«
    Beauchamp runzelte die Stirn.
    »Ich meinte ihr Auto, Beauchamp.«
    »Sehr lustig.«
    »Das dachte ich auch.«
    »Ich bin nicht hier, um über meine Frau zu reden, Peter.«
    »Hmm … das ist komisch. Alle anderen sind bloß deswegen da.«
    Schweigen.
    »Tut mir leid. Das war billig. Willst du was hören über den Bachelors Ball?«
    »Sehe ich so aus?«
    »Jedenfalls haben wir dich vermißt. Das heißt, wir haben deine weiße Navy-Uniform vermißt. Die hat immer genau den richtigen Akzent geliefert. Wie in der Operette.«
    »Danke.«
    »Unser Pflaumenprinz hatte dieses Jahr den Frack seines Großonkels an.«
    »John Stonecypher?«
    »Exakt. Und jetzt halt dich fest. Ihm ist doch tatsächlich eine Flasche Poppers in der Brusttasche aufgegangen.«
    »O nein!«
    »Während er mit Madge getanzt hat!«
    »Wie hat sie reagiert?«
    »Oh … sie ist weiter über das Tanzparkett gewirbelt wie eine Debütantin beim Kotillon und hat so getan, als würden alle ihre Tanzpartner nach schmutzigen alten Socken riechen … Du
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