Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1
Autoren: Jonathan Tropper
Vom Netzwerk:
Frau, was zu spät diagnostiziert wurde und dazu führte, dass sie sich würdelos umbrachte, indem sie in die Wasserfalle des Bush River sprang und ertrank, als ich zwölf Jahre alt war. Bisweilen kann ich mich noch an sie erinnern, wie sie vor dem Ausbruch ihrer Geisteskrankheit und dem anschließenden Dauerhagel von Antidepressiva war, die nicht halfen, den Schmerz zu lindern, sondern stattdessen nach und nach alle Lebenskraft in ihr erstickten - eine hoch gewachsene, leise sprechende Frau mit lächelnden Augen und einem schelmischen Grinsen, das einem immer das Gefühl gab, als würde man mit ihr gemeinsam über irgendeinen privaten Witz lachen. Wenn sie mir einen Gutenachtkuss gab, nannte sie mich Jojo-Bär. Ihr Lachen war ansteckend; ihre häufigen Tränen ein quälendes Geheimnis. Brad, mein Vater und ich wurden in der schmerzerfüllten Zeit unmittelbar nach ihrem Selbstmord heftig durcheinander geworfen, völlig außer Stande, ohne die sanfte, feminine Gegenwart, die uns zusammengehalten sanfte, feminine Gegenwart, die uns zusammengehalten hatte, etwas miteinander anzufangen.
    Schließlich fanden Brad und mein Dad einen gemeinsamen Nenner im Basketball. Brad war als Forwardspieler für die Bush Falls Cougars ein Star, und in Bush Falls konnte man nach nichts Höherem streben. Er führte die Cougars zu zwei bundesstaatlichen Meistertiteln, wobei er nebenbei noch jede Menge andere Treffer erzielte. Er hat viele Cheerleader gevögelt. Das war so ziemlich alles, was es für Brad damals gab, Vögeln und Basketball. Gar nicht übel, wenn man es bekommen konnte. Aber das konnte ich nicht, und daher konnte Brad mit mir nichts anfangen, sondern betrachtete mich lediglich mit einer Mischung aus amüsiertem Mitleid und Verachtung. Was mich betraf, so war Brad ein Schwachkopf, seicht und eindimensional, und ich wollte nichts weniger, als wie er zu sein. Mein Vater, Arthur, war selbst ein etwas weniger spektakulärer Spieler für die Cougars gewesen, und er verpasste nie eines von Brads Spielen, zu Hause oder auswärts. Danach diskutierten sie über Spiele, ließen Höhepunkte noch einmal aufleben und sahen sich die Spiele der Universität von Connecticut an.
    Falls es noch nicht schmerzlich offensichtlich ist - ich habe es nie ins Team geschafft.
    Unser tragisch verkleinerter Haushalt hatte keinen Verwendungszweck für einen zunehmend zynischen Jungen mit einem spastischen Crossover-Dribbling und ohne Drei-Punkte-Wurf, und ich lernte die exklusive Art ihrer Hingabe an die Cougars und alles, was mit Basketball zusammenhing, zu verachten. Die Frage, wer dafür verantwortlich war, dass dieser Kreislauf aus Entfremdung und Ressentiment in Gang gesetzt wurde, ist das klassische Huhn-oder-Ei-Rätsel, aber wie auch immer, die Kluft zwischen uns vertiefte sich zusehends, und falls mein Vater je das kühne Wagnis unternahm, sie zu überbrücken, dann müssen seine Bemühungen so minimal gewesen sein, dass ich sie von meiner Seite des Abgrunds aus nicht erkennen konnte. In dem Jahr, in dem ich in die Highschool von Bush Falls eintrat, erhielt Brad ein Sportstipendium für die Universität von Connecticut, zog von zu Hause aus, um aufs College zu gehen, und ließ meinen Vater und mich allein damit, die unerbittliche Stille auszufüllen, die unser Haus im Würgegriff hielt.
    Ich hatte nie vor, nach Bush Falls zurückzukehren; so viel steht fest. Andernfalls hätte ich nie einen Roman geschrieben, der jeden, der dort lebt, so gründlich durch den Kakao zog. Die Wahrheit ist aber, dass ich nie wirklich damit gerechnet hatte, ihn veröffentlicht zu bekommen. Also habe ich ein Buch über meine Heimatstadt geschrieben, über Carly und Sammy und Wayne und die schrecklichen Ereignisse, die sich in meinem letzten Highschooljahr zutrugen, freigesetzt von dem Gedanken, dass es nie das Licht der Welt erblicken würde. Und dann rief mich eines Abends Owen Hobbs an und erklärte mir, es sei »verdammt brillant«. Es gibt nicht allzu viele Leute, die solche Ausdrücke vom Stapel lassen können. Owen kann es, denn er ist verdammt brillant.
    Statistisch gesehen stehen die Chancen verdammt schlecht, einen Bestseller zu schreiben. Es ist ebenfalls alles andere als leicht, eine ganze Stadt vor den Kopf zu stoßen. Aber ich, der Überflieger, habe es geschafft, beide Glanzleistungen auf einen Schlag hinzulegen. Wenn es um Entfremdung geht, bin ich eine Art Wunderkind.
    Ich hatte also nie damit gerechnet, nach Bush Falls zurückzukehren. Aber ich hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher