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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis
Autoren: Thomas Greanias
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Damit bezog er sich auf die moderne Aufmachung des vom Vatikan herausgegebenen Lateinwörterbuches, das von Traditionalisten konzipiert wurde, um die alte Sprache Virgils in das neue Millennium zu katapultieren.
    »Ja, das stimmt, Heiliger Vater.«
    »Wir müssen Ihnen also danken, dass Sie die lateinischen Begriffe für Disco und Covergirl geprägt haben – orbiumpho-nographicorum theca und exterioris paginae puella .«
    »Nicht zu vergessen pilamalleus super glaciem .«
    Der Papst hielt kurz inne, um im Kopf zu übersetzen. »Eishockey?«
    »Sehr gut, Heiliger Vater.«
    Der Papst konnte nicht umhin zu lächeln, bevor er sehr ernst wurde. »Und wie würden Sie jemanden wie Doktor Yeats nennen?«
    » Sentina «, sagte sie schlagfertig. »Abschaum.«
    Der Papst nickte traurig. »Ist dieser Mann der Grund dafür, dass Sie sich entschlossen haben, Ihre Begabung nicht weiter zu nutzen und stattdessen aus der Kirche auszutreten und davonzulaufen, um Mutter Erde zu werden?«
    »Conrad hat mit meinem Entschluss, mich ganz dem Umweltschutz zu widmen, nichts zu tun.« Es klang nicht so überzeugend, wie sie es gern gewollt hätte.
    Der Papst nickte. »Aber Sie haben ihn kennen gelernt, als Sie in Bolivien mit den Aimara-Indianern arbeiteten, kurz bevor Sie aus der Kirche austraten. Was wissen Sie über ihn?«
    Sie überlegte. Sie könnte so viel über ihn erzählen. Aber sie würde sich auf das Wichtigste beschränken. »Er ist ein Dieb und ein Lügner und der großartigste und gleichzeitig gefährlichste Archäologe, den ich kenne.«
    »Gefährlich?«
    »Er hat keinen Respekt vor der Vergangenheit«, sagte sie. »Er glaubt, dass das Wissen, das man aus einer Entdeckung gewinnt, wichtiger ist als die Entdeckung selbst. In seiner Ungeduld, einen spektakulären neuen Fund zu machen, zerstört er oft ohne Rücksicht auf spätere Generationen scheinbar unwichtigere Teile einer Stätte.«
    Der Papst nickte. »Das würde erklären, warum ihm die ägyptische oberste Behörde für Altertümer verboten hat, Luxor jemals wieder zu betreten.«
    »Übrigens, der Leiter der Altertumsbehörde hat beim Kartenspiel einiges Geld an Conrad verloren, als sie beim Bau des Luxor-Casinos als Berater nach Las Vegas eingeladen wurden«, sagte Serena. »Wie mir gesagt wurde, hat er Conrad mit einer Statuette aus der 19. Dynastie ausgezahlt, und seitdem versucht Conrad, sie auf dem Schwarzmarkt abzustoßen. Soweit ich weiß, braucht er dringend Geld. Die Statuette würde die hiesige Sammlung ganz vorzüglich ergänzen, falls Sie Interesse daran haben.«
    Zum Zeichen, dass er ihren trockenen Humor nicht sonderlich schätzte, runzelte der Papst die Stirn. »Und was war das für eine Sache in Bolivien, wo Doktor Yeats ein Jahr, nachdem Sie ihn kennen gelernt haben, hinter Gitter kam?«
    Serena zuckte die Achseln. »Sagen wir mal, die Tochter eines Generalissimo erwies sich als noch interessanter als die Ruinen.«
    »Höre ich da etwa Eifersucht heraus?«
    Serena musste lachen. »Für einen solchen Frauenheld wird es immer andere Frauen geben. Die Schätze des Altertums hingegen gehören allen.«
    »Ich habe jetzt ein ziemlich klares Bild von ihm. Aber darf ich Sie fragen, Schwester Serghetti, was Sie eigentlich an ihm gefunden haben?«
    »Er ist der ehrlichste Mensch, den ich kenne.«
    »Sagten Sie nicht, er sei ein Lügner?«
    »Das gehört zu seiner Ehrlichkeit dazu. Was hat er überhaupt mit dem Grund meines Hierseins zu tun?«
    »Eigentlich nichts, außer der Wirkung, die er auf Sie hatte«, sagte der Papst, aber Serena hatte das Gefühl, es könnte mehr dahinterstecken.
    »Verzeihen Sie die Frage, Heiliger Vater. Inwiefern bin ich Euch wichtig? Ich bin keine katholische Nonne mehr, auch keine Sprachwissenschaftlerin des Vatikans oder sonst irgendein offizielles Mitglied der Kirche.«
    »Ob wir Sie nun als Nonne oder als Laienspezialistin verpflichten, Serena, Sie werden immer Teil der Kirche sein und die Kirche immer Teil von Ihnen. Ob es Ihnen gefällt oder nicht. Im Augenblick gilt unser Hauptinteresse der Frage, wie die Aimara zu ihrer Sprache gekommen sind. Sie ist so rein, dass einige Ihrer Kollegen vermuten, dass sie sich nicht wie andere Sprachen über einen langen Zeitraum entwickelt hat, sondern vielmehr von Grund auf neu konzipiert wurde.«
    Sie nickte. »Eine geistige Leistung, die man von einfachen Bauern nicht unbedingt erwartet.«
    »Genau«, sagte der Papst. »Sagen Sie, Schwester Serghetti, woher kommen die Aimara?«
    »Der
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