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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Autoren: Ilona Andrews
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sowie mein glorreicher Auftraggeber, der Orden der Ritter der mildtätigen Hilfe –, stuften Banshees übereinstimmend als harmlos ein. Niemandem war es je gelungen, ihr Geheul mit irgendwelchen Todesfällen oder Naturkatastrophen in Zusammenhang zu bringen. Der volkstümliche Aberglaube jedoch gab den Banshees die Schuld an den schandbarsten Dingen. Manche Menschen trieben sie mit ihrem Geschrei angeblich in den Wahnsinn, und es hieß, sie könnten kleine Kinder mit einem einzigen Blick töten. Viele Leute hätten nur äußerst ungern eine Banshee in der Nachbarschaft gehabt, und ich verstand nur zu gut, wieso Mrs McSweeny unbedingt verbergen wollte, dass sie eine war. Sie wollte verhindern, dass ihr Freundeskreis sich von ihr und ihrer Familie abwandte.
    Doch leider, leider holte einen auch das bestgehütete Privatgeheimnis irgendwann unweigerlich ein und biss einen in den Allerwertesten, und dann hockte man mit einem Mal auf einem Telefonmast, ohne zu wissen, wie man da hinaufgekommen war und was man da oben überhaupt wollte, während sich die Nachbarschaft geflissentlich bemühte, die durchdringenden Schreie, die man ausstieß, zu überhören.
    Tja. Bei dem Thema konnte ich ein Wörtchen mitreden. Wenn es darum ging, seine wahre Identität zu verbergen, war ich schließlich Top-Expertin. Ich verbrannte meine blutigen Verbände, damit mich niemand anhand der Magie in meinem Blut identifizieren konnte. Ich verbarg meine Macht. Ich gab mir große Mühe, mich mit niemandem anzufreunden, und in den meisten Fällen gelang mir das auch. Denn wenn mein Geheimnis ans Licht käme, würde das nicht nur damit enden, dass ich auf einem Telefonmast hockte. Wenn mein Geheimnis ans Licht käme, war ich mausetot – und alle meine Freunde mit mir.
    Ich näherte mich dem Mast und sah zu Mrs McSweeny hinauf. »Also gut, ich zähle jetzt bis drei, und dann kommen Sie herunter.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Mrs McSweeny! Sie führen sich unmöglich auf! Ihre Familie macht sich große Sorgen um Sie, und denken Sie an den Bingoabend morgen. Den wollen Sie doch nicht verpassen, oder?«
    Sie biss sich auf die Unterlippe.
    »Wir machen das gemeinsam.« Ich stieg die Leiter drei Sprossen weit hinauf. »Bei drei. Eins, zwei, drei, Schritt!«
    Ich stieg einen Schritt die Leiter hinab und sah zu, wie sie es mir nachmachte. Gott sei Dank .
    »Und jetzt noch einen. Eins, zwei, drei, Schritt.«
    Wir stiegen noch einen Schritt weiter runter, und den nächsten Schritt tat sie schon ganz von allein. Ich sprang von der Leiter. »Geschafft.«
    Mrs McSweeny hielt inne. Oh, nein, bitte nicht .
    Sie sah mich aus ihren traurigen Augen an und sagte: »Das erzählen Sie aber niemandem, nicht wahr?«
    Ich sah zu den Fenstern des Wohnblocks hinüber. Sie hatte laut genug geheult, um Tote zu wecken und dazu zu bringen, die Bullen zu rufen. Doch in diesen Zeiten hielten die Menschen zusammen. Man konnte sich weder auf die Technik noch auf die Magie verlassen – nur auf seine eigene Familie und seine Nachbarschaft. Und wenn sie alle willens waren, ihr Geheimnis, so absurd es auch erschien, zu wahren, war ich es auch.
    »Ich erzähle niemandem davon«, versprach ich.
    Zwei Minuten später war sie auf dem Weg zurück in ihre Wohnung, und ich mühte mich damit ab, die Leiter wieder in dem Kabuff unter der Treppe zu verstauen, aus dem der Hausmeister sie für mich herausgeholt hatte.
    Mein Arbeitstag hatte am späten Nachmittag begonnen, als ein verzweifelter Mann über den Korridor der hiesigen Ordensniederlassung gelaufen war und gerufen hatte, ein katzenköpfiger Drache sei in die New Hope School eingedrungen und drauf und dran, die Kinder dort zu verschlingen. Der Drache hatte sich zwar als kleinerer Tatzelwurm entpuppt, aber da es mir nicht gelungen war, ihn zu überwältigen, hatte ich ihm schließlich den Kopf abschlagen müssen. Das war an diesem Tag das erste Mal gewesen, dass ich von oben bis unten mit Blut bespritzt worden war.
    Anschließend hatte ich Mauro dabei helfen müssen, eine doppelköpfige Wasserschlange aus einem Teich bei der Ruine des One Atlantic Center in Buckhead zu fischen. Von da an war es mit dem Tag immer nur noch weiter bergab gegangen. Jetzt war es schon nach Mitternacht. Ich war verdreckt, erschöpft und hungrig, mit viererlei Sorten Blut beschmiert und wollte nur noch nach Hause. Und außerdem stanken meine Stiefel, denn die Schlange hatte mir einen halb verdauten Katzenkadaver draufgekotzt.
    Es gelang mir schließlich, die
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