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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Autoren: Ilona Andrews
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der Magie. Außerdem war er auch so eine Art Gestaltwandler. Er hatte mich einmal für einen Einsatz engagiert, als ich noch ausschließlich für die Söldnergilde tätig war, und damals hatte er Gefallen an mir gefunden. Und weil er mich so sympathisch fand, bot er mir seine Dienste als Magie-Experte zu einem mehr als großzügigen Rabatt an. Dummerweise jedoch waren wir uns das letzte Mal mitten während des Flairs begegnet, auf einem Hochhausdach, wo Saiman nackt im Schnee getanzt hatte. Mit der größten Erektion, die ich je bei einem menschlichen Wesen gesehen hatte. Hinzu kam, dass er mich nicht mehr von diesem Dach hatte herunterlassen wollen. Ich hatte springen müssen, um ihm zu entkommen.
    Ich blieb ganz höflich. Kate Daniels, die Meisterin der Diplomatie. »Ich will nicht mit dir reden. Und ich betrachte unsere Zusammenarbeit als beendet.«
    »Das ist sehr bedauerlich. Aber wie dem auch sei: Ich habe hier etwas, das möglicherweise dir gehört, und ich möchte es dir gerne wiedergeben.«
    Was konnte das sein? »Schick’s mit der Post.«
    »Das würde ich gern, aber er passt einfach in kein Päckchen.«
    Er? Er klang gar nicht gut.
    »Er weigert sich zu sprechen, aber ich werde ihn dir beschreiben: etwa achtzehn Jahre alt, dunkles, kurzes Haar, große, braune Augen, finsterer Blick. Auf eine jünglingshafte Art recht attraktiv. Danach zu schließen, wie das Tapetum lucidum hinter der Netzhaut seiner Augen auf Licht reagiert, handelt es sich um einen Gestaltwandler. Ich tippe auf einen Wolf. Du hattest ihn mitgebracht bei unserer letzten, bedauerlichen Begegnung. Es tut mir übrigens wirklich sehr leid.«
    Derek. Mein junger Werwolfkumpel. Was zum Teufel tat er in Saimans Wohnung?
    »Halt ihm bitte mal den Hörer hin.« Ich blieb ganz ruhig. »Derek, antworte mir, damit ich weiß, dass das kein Bluff ist. Bist du verletzt?«
    »Nein«, knurrte Derek. »Ich habe alles im Griff. Komm nicht her. Es ist zu gefährlich.«
    »Es ist doch bemerkenswert, dass er sich so um dein Wohlergehen sorgt, wenn man bedenkt, dass er derjenige ist, der hier in einem Käfig hockt«, murmelte Saiman. »Du hast wirklich interessante Freunde, Kate.«
    »Saiman?«
    »Ja?«
    »Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, sorge ich dafür, dass dir zwanzig tollwütige Gestaltwandler auf die Bude rücken.«
    »Keine Sorge. Ich will wirklich keinesfalls den Zorn des Rudels auf mich ziehen. Dein Freund ist unverletzt, und ihm geschieht hier nichts. Ich werde ihn jedoch den Behörden übergeben, falls du ihn nicht bis Sonnenaufgang abgeholt hast.«
    »Gut, ich komme.«
    Saimans Stimme hatte einen ganz leicht spöttischen Beiklang. »Ich freu mich drauf.«

Kapitel 2
    U m drei Uhr früh war ich da.
    Saiman bewohnte eine Zimmerflucht im fünfzehnten Stock des einzigen Hochhauses, das in Atlanta-Buckhead noch stand. Die Magie hasste hohe Gebäude – sie hasste einfach alles, was groß und technisch komplex war – und nagte die meisten davon ab, bis nur noch drei, vier Etagen aus Beton und Stahl übrig waren. Die ragten in Midtown traurig hier und da empor, wie die verfallenen Obelisken einer längst vergessenen Zivilisation.
    Saimans Wohnsitz, das ehemalige Lenox Pointe, das mittlerweile Champion Heights hieß und im Lauf der Jahre zahlreiche Umbauten erfahren hatte, wurde von einem komplizierten Zauber geschützt, der der Magie suggerierte, bei diesem Haus handele es sich in Wirklichkeit um einen Felsen. Während der Magiewogen sahen Teile des Gebäudes tatsächlich eher wie Klippen aus Granit aus. Und während des Flairs hatten sie auch wirklich aus Granit bestanden. In dieser Nacht, in der die Magie nicht mehr herrschte, wirkte es wieder wie ein ganz normales Hochhaus.
    Um Zeit zu sparen, war ich mit Betsi gekommen, meinem Benzin schluckenden Subaru. Da die Woge der Magie gerade erst vorüber und diesmal recht schwach ausgefallen war, konnte man davon ausgehen, dass die Technik mindestens ein paar Stunden lang die Oberhand behalten würde. Ich parkte meine ramponierte Rostlaube zwischen allerhand schnittigen Schlitten, für die man jeweils mehr als das Doppelte meines Jahreseinkommens hätte hinblättern müssen, und stieg die Betontreppe zu dem mit Stahlplatten und Panzerglas gesicherten Eingang hinauf.
    Dabei blieb ich mit der Schuhspitze an einer Treppenstufe hängen und wäre beinahe gestolpert. Na toll. Saiman war beängstigend intelligent und wachsam, bei einem Gegner stets eine gefährliche Kombination. Ich musste auf der Hut sein.
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