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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Autoren: Ilona Andrews
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dass die Gestaltwandler eine unabhängige Gemeinschaft waren, ähnlich wie die Stämme der amerikanischen Ureinwohner, und die Befugnis besaßen, sich selbst zu regieren. Sie erließen ihre eigenen Gesetze, und solange sie die Rechte von Nicht-Gestaltwandlern dabei nicht einschränkten, waren sie auch befugt, für die Einhaltung dieser Gesetze zu sorgen. Wenn das Rudel bei dieser Ermittlung meine Hilfe nicht wollte, konnte ich nicht allzu viel dagegen tun. »Als Abgesandte des Ordens biete ich dem Rudel unsere Unterstützung an.«
    »Das Rudel lehnt das Unterstützungsangebot des Ordens dankend ab. Geh nach Hause, Kate«, sagte Jim noch einmal. »Du siehst müde aus.«
    Klartext: Mach dich vom Acker, mickriger Mensch. Die großen, mächtigen Gestaltwandler brauchen deine lächerlichen Ermittlungsfähigkeiten nicht. »Habt ihr das mit der Polizei abgeklärt?«
    Jim nickte.
    Ich seufzte, wendete Marigold und machte mich auf den Heimweg. Jemand war ums Leben gekommen. Und ich würde nicht diejenige sein, die herausfand, wie es dazu gekommen war. Irgendwie fühlte ich mich dadurch bei meiner Berufsehre gepackt. Wenn es jemand anderes als Jim gewesen wäre, hätte ich darauf bestanden, den Leichnam sehen zu dürfen. Doch wenn Jim Nein sagte, meinte er Nein. Meine Beharrlichkeit hätte nichts gebracht und nur zu einer Verstimmung zwischen Rudel und Orden geführt. Jim machte keine halben Sachen, und daher war davon auszugehen, dass sein Trupp professionelle Arbeit leisten würde.
    Dennoch ging mir die Sache gegen den Strich.
    Ich würde am nächsten Morgen bei der Paranormal Activity Division anrufen und fragen, ob ein Bericht eingereicht worden war. Die Polizisten würden mir natürlich nichts über den Inhalt eines etwaigen Berichts verraten, aber dann wusste ich wenigstens, ob Jim sich tatsächlich mit ihnen in Verbindung gesetzt hatte. Nicht, dass ich Jim nicht traute, aber es konnte ja nicht schaden, das zu überprüfen.
    Eine Stunde später ließ ich Marigold in einem kleinen Stall auf dem Parkplatz zurück und ging die Treppe zu meiner Wohnung hinauf. Ich hatte diese Wohnung von Greg geerbt, meinem ehemaligen Vormund, der als Wahrsager des Ordens tätig gewesen war. Er war ein halbes Jahr zuvor ums Leben gekommen, und er fehlte mir sehr.
    Ich betrat die Wohnung, schloss die Tür hinter mir ab, zog mir die stinkenden Stiefel aus und ließ sie in der Ecke stehen. Um die würde ich mich später kümmern. Dann löste ich den Ledergurt, der Slayer, mein Schwert, auf meinem Rücken festhielt, zog das Schwert heraus und legte es neben mein Bett. Der Apfelkuchen lockte. Ich schleppte mich in die Küche, öffnete den Kühlschrank und starrte den leeren Kuchenteller an.
    Hatte ich den Kuchen schon aufgegessen? Ich konnte mich nicht daran erinnern. Und wenn ich es getan hätte, hätte ich den leeren Teller aus dem Kühlschrank herausgenommen.
    Der Wohnungstür waren keinerlei Anzeichen für ein gewaltsames Eindringen anzusehen gewesen. Ich schaute mich schnell einmal in der Wohnung um. Es fehlte nichts. Alles befand sich an seinem Platz. Gregs Bibliothek, mit all ihren Sammlerstücken und wertvollen Büchern, wirkte unberührt.
    Ich musste den Kuchen selbst aufgegessen haben. Angesichts des Wahnsinns der vergangenen achtundvierzig Stunden hatte ich es wahrscheinlich einfach vergessen. Das gefiel mir überhaupt nicht. Ich nahm den Kuchenteller heraus, und dann stellte ich ihn an seinen Platz unter dem Herd. Gab es also keinen Kuchen – aber eine schöne warme Dusche konnte mir niemand verwehren. Ich zog mich aus, ließ die einzelnen Kleidungsstücke auf dem Weg ins Bad auf den Boden fallen, stellte mich unter die Brause, überließ mich dem warmen Wasserstrahl und der Rosmarinseife und blendete den Rest der Welt komplett aus.
    Ich war gerade damit fertig, mir die Haare abzutrocknen, als das Telefon klingelte.
    Ich kickte die Schlafzimmertür auf und starrte den Apparat an, der auf dem kleinen Nachttisch neben meinem Bett vor sich hin schrillte. Telefonanrufe hatten für mich noch nie etwas Gutes bedeutet. Es ging es immer nur darum, dass jemand ums Leben gekommen war, im Sterben lag oder gerade jemanden umbrachte.
    Klingeling .
    Klingeling, klingeling .
    Klingeling ?
    Ich seufzte und nahm ab. »Kate Daniels.«
    »Hallo, Kate«, sagte eine mir nur allzu bekannte, samtige Stimme. »Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt.«
    Saiman. So ziemlich der letzte Mensch, mit dem ich jetzt reden wollte.
    Saiman war ein wandelndes Lexikon
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