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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition)
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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ich muss die ganze Arbeit allein tun.«
    »Du kannst doch auch Serou rufen«, entgegnete das Mädchen. »Der ist jung und nun wirklich kräftig. Dann würde er nicht seine Zeit damit verschwenden, Mäuse zu jagen.«
    »Rokia, pass auf, was du sagst! Serou kann sich nicht um Hausarbeit kümmern. Inzwischen ist er ein Mann.«
    »Hat der ein Glück!«, maulte das Mädchen leise.
    Beide betraten die Haupthütte, ohne die Tür mit dem kunstvoll geschnitzten Holzriegel zu beachten, der wahrscheinlich zu den prächtigsten im ganzen Dorf gehörte. Innen war es viel kühler als draußen. Der Raum war mit Einrichtungsgegenständen und Erinnerungsstücken angefüllt, und jeder von ihnen hatte seine eigene Geschichte, die der Großvater gern erzählte.
    Eine lange geflochtene Matte, zwei Betten, die hintereinander an der Wand standen, eine Feuerstelle, acht Holztruhen auf dem Boden und Hängeregale mit Holzstatuen in den unterschiedlichsten Formen. All dies hatte man dem Großvater vor langer Zeit geschenkt, oder er hatte es eingetauscht, als er noch in die Nachbardörfer ging, um dort seine Geschichten vorzutragen, wenn eine Hochzeit oder ein Begräbnis stattfand oder auch nur wenn der Fonio , die Fingerhirse, reifte und man den Beginn der Ernte feierte.
    »Siehst du nicht, wie unordentlich alles ist? Du musst hier für mich aufräumen«, sagte Zouley zu Rokia und zeigte ihr, was sie meinte. »Statt dass du deine Zeit damit vergeudest, dich herumzutreiben oder mit den Kakalu zu spielen.«
    »Ich treibe mich nicht herum! Und ich spiele nicht mit Kreiseln!«, protestierte Rokia und überkreuzte hastig die Finger hinter dem Rücken, weil das gelogen war.
    »Rokia …«
    »Na gut, ein Mal«, gab sie dann zu. »Aber die Kreisel waren so wunderschön! Außerdem sagt Großvater, sie …«
    Ihre Mutter schlug ungeduldig die Hände über dem Kopf zusammen: »Großvater hier, Großvater da! Erzähl mir nicht immer, was dir dein Großvater gesagt hat! Es gibt noch jemanden in dieser Familie, auf den man hören muss, und das bin ich! Außerdem redet mein Vater ununterbrochen. Das ist sein Leben, aber deshalb muss man nicht auf alles hören, was er sagt! Glaub mir, das weiß ich ganz genau! Er erzählt dir etwas, aber damit will er dir etwas ganz anderes sagen. Weißt du, wie er mich neuerdings nennt? Kurzer Kochlöffel.«
    Rokia fragte kichernd: »Und warum das?«
    »Weil er meint, dass ich es nie schaffe, ein anständiges Essen auf den Tisch zu bringen, wenn dein Vater auf die Jagd geht und all diese Kinder um mich herumspringen, die mir nie helfen.«
    »Aber ich helfe dir doch! Ich habe letzte Woche gekocht!«
    »Um Gottes willen! Da hast du die Bohnen mit Henna gewürzt! Daran wären wir beinahe gestorben!«
    Natürlich, dachte Rokia, Serou hatte die Behälter absichtlich vertauscht. Und hatte ihr Schläge angedroht, falls sie ihn verraten würde.
    »Das war nicht meine Schuld. Ich habe geglaubt …«
    »Genau: Du hast geglaubt«, unterbrach sie ihre Mutter. »Aber glauben hilft nichts. Man muss es wissen . Man muss wissen , wie man einen Haushalt führt, denn das wird deine Aufgabe sein, wenn ein Mann kommt und dich zur Frau nehmen will: dich um das Haus kümmern und dafür sorgen, dass er ein warmes Essen vorfindet, wenn er nach Hause kommt. Das möglichst nicht vergiftet sein sollte.«
    »Mama, ich …«
    »Man muss wissen , wie man die Hirse drischt …«
    »Das weiß ich doch! Vier Schläge mit dem Stock, und dann benutzt man die Hände. Und dann wieder vier Schläge mit …«
    »… und wie man den Teig für das Schmalzgebäck macht.«
    »Ach, das kann ich nicht.«
    »Du musst wissen, wie man einen Webstuhl bedient, wie man an Festtagen aus Fonio ein gutes Ragout mit Gombo -Soße zubereitet. Du musst ein anständiges Kedjennou aus Huhn, Zwiebeln und Gewürzen kochen können! Ein Fakoye oder ein Saga-saga !«
    Rokia schaute beschämt zu Boden, überwältigt von so vielen Dingen, die sie nicht konnte.
    Befriedigt darüber, dass sie ihre Tochter zum Verstummen gebracht hatte, verließ Zouley die Hütte, ohne etwas getan zu haben. Dann zeigte sie auf einige Tonkrüge, die an der Außenmauer des Hofes standen.
    »Wir haben nicht genug Wasser«, sagte sie.
    »Aber … Mama …«
    »Ich sehe, dass du mich verstanden hast.«
    »Wie soll ich denn all diese Dinge je lernen, die du vorhin genannt hast, wenn du mich immer nur Wasser holen schickst?«
    Zouley bückte sich, um einen lila Stoffstreifen aufzuheben, den sie ihrer Tochter
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