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Stadt Aus Blut

Stadt Aus Blut

Titel: Stadt Aus Blut
Autoren: Charlie Huston
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gebissen. Möglicherweise in den des Vollidioten von vor ein paar Tagen. Der mit dem Loch im Kopf, der mich auf ihre Spur gebracht hat.
    Beide Junkies haben kleine Bisswunden im Genick. Ich vergleiche Radius und Größe der Zahnspuren mit dem Gebiss des Mädchens. Könnte passen. Wahrscheinlich hat sie die beiden mit dem Bakterium infiziert. So was passiert manchmal. Nach einer Infektion greifen die Bakterien sofort das Gehirn an und reduzieren ihr Opfer auf seinen Fresstrieb. In seltenen Fällen jedoch schaffen die Betreffenden es vorher, andere zu infizieren. Sie beißen zu, ohne die ganze Mahlzeit zu verputzen. Warum sie das tun, weiß niemand. Eher zartbesaitete Menschen würden wahrscheinlich sagen: weil sie einsam sind. Aber das ist Unsinn. Das Bakterium zwingt sie dazu, damit es sich weiter verbreiten kann. Hier ist der verfluchte Darwin am Werk – mehr nicht.
    Ich betrachte den Nacken des Mädchens. Sie hat die anderen angesteckt, aber von wem hat sie es? Das Messer hat die Bisswunde beschädigt, aber sie ist eindeutig zu sehen. Sie wirkt größer als die anderen und auch irgendwie brutaler. Bei genauerem Hinsehen kann man überall auf ihrem Nacken Bissspuren erkennen. Der verdammte Überträger konnte sich wohl nicht entscheiden, ob er sie infizieren oder auffressen wollte. Mir egal. Was mir jedoch nicht gleichgültig sein kann, ist die Tatsache, dass meine Arbeit noch nicht beendet ist. Irgendwo da draußen läuft ein Überträger frei herum. Als ich gerade aufstehen will, bemerke ich etwas. Einen bestimmten Geruch. Dann bewegt sich hinter mir etwas.
    Der andere Student. Den hätte ich fast vergessen. Er kratzt vor Angst an der Wand, als wolle er sich durchgraben. Ich will ihm gerade eins überziehen, als er mir die Arbeit abnimmt und von selbst ohnmächtig wird. Bei ihm finde ich keine Bisswunden. Ich habe Blut verloren, die Pizza nicht gegessen und bin ziemlich hungrig. Deswegen krame ich mein Werkzeug heraus und hänge den Jungen an die Nadel. Das ist sonst nicht meine Art. Aber ich will ja nur einen halben Liter. Höchstens einen ganzen.
     
    Am nächsten Morgen weckt mich das Telefon. Ich weiß nicht, wer auf die verdammte Idee kommt, mich vormittags anzurufen. Der Anrufbeantworter springt an.
    – Hier spricht Joe Pitt. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht.
    – Joe, hier Philip.
    Wegen Philip Sax werde ich den Hörer ganz bestimmt nicht abnehmen. Ich schließe die Augen und versuche, wieder einzuschlafen.
    – Joe, ich hab da was für dich. Willst du nicht rangehen?
    Ich drehe mich um und ziehe mir die Bettdecke über den Kopf. Wenn ich mich erinnern könnte, was ich gerade geträumt habe, würde ich an der Stelle weitermachen.
    – Joe, ich will ja nicht nerven, aber ich nehme mal schwer an, du bist zu Hause. Wo solltest du um zehn Uhr früh sonst sein?
    An Schlaf ist jetzt nicht mehr zu denken. Also nehme ich den verfluchten Hörer ab.
    – Was willst du?
    – Hey Joe! Warst gestern Nacht schwer beschäftigt, was?
    – Ja, war arbeiten. Und?
    – Du hast es bis in die Nachrichten geschafft. Wollte ich nur mal gesagt haben.
    Scheiße.
    – Die Zeitungsfritzen?
    – NY1 News .
    Scheiß NY1. Scheiß Kabelfernsehen. In dieser Stadt kann man sich nicht mal am Sack kratzen, ohne dass man es am nächsten Tag im Fernsehen sieht.
    – Wie schlimm ist es?
    – Ähm... Bestialischer vierfacher Mord.
    – Scheiße.
    – Hört sich für mich nach schlampiger Arbeit an.
    – Na ja, hatte nicht viele Optionen.
    – Klar, klar. Was war denn los?
    – Hirnfresser. Hinter denen bin ich schon die ganze Zeit her.
    – Zombies?
    – Genau. Ich hasse die verfluchten Dinger.
    – Hast du alle erwischt?
    – Es gibt einen Überträger.
    – Einen Überträger? Verfluchte Zombies, was, Joe?
    – Ja.
    Ich lege auf.
    Klar hätte ich die Leichen nicht einfach so rumliegen lassen dürfen. Aber ich dachte eben, sie würden erst mal unentdeckt bleiben. Heute Nacht hätte ich dann alles aufgeräumt. Jetzt wird die Gegend vor Bullen nur so wimmeln. Aber das ist noch meine geringste Sorge. Das Telefon klingelt wieder, und diesmal weiß ich verdammt genau, wer dran ist.
     
    Uptown. Sie wollen mich in Uptown sehen. Jetzt sofort. Am helllichten Tag. Also muss ich meine Maskerade überwerfen.
    Im Winter ist es relativ unkompliziert. Man muss sich lediglich von Kopf bis Fuß vermummen, komplett mit Skimaske und Sonnenbrille. Das ist zwar nicht besonders bequem, aber einfach und unauffällig. Doch zu dieser Jahreszeit? Wenn ich nur
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