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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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Anbieter viel zu unkritisch bewertet hätten. Die Bewertung von Staatsanleihen durch Rating-Agenturen wird ebenfalls kritisiert. Hier gibt es Stimmen, die den Agenturen eine Mitschuld an der Euro-Krise geben: sie hätten die strauchelnden Länder vor der Finanzkrise zu optimistisch und danach zu schlecht beurteilt und damit die Refinanzierungskosten dieser Staaten nach oben getrieben.
    Die Bewertung von Risiken ist jedenfalls alles andere als einfach. Es ist die Aufgabe der Rating-Agenturen, solche Bewertungen vorzunehmen, auch und gerade wenn diese Bewertungen nicht von allen Marktteilnehmern und -beobachtern geteilt werden. Jeder Anleger, jede Bank und jeder Investor hat die Möglichkeit, eigene Erwartungen zu bilden und danach seine Anlagestrategie festzulegen. Letztlich muss jeder Anleger das Risiko seiner Investition selbst tragen – und nicht die Rating-Agenturen.
    Dennoch gibt es grundsätzliche ökonomische Überlegungen dazu, wie die Rating-Agenturen zu finanzieren sind. Aktuell werden die Agenturen größtenteils von denjenigen bezahlt, die sie beurteilen sollen (z.B. von den Unternehmen, die zu bewertende Anleihen begeben). Das kann einen Interessenkonflikt bei den Agenturen begründen: diejenige Institution, die zu bewerten ist und die Bewertung bezahlt, hat ein Interesse an einer möglichst guten Bewertung, da eine gute Bewertung eine niedrigereRisikoprämie und somit geringere Finanzierungskosten verspricht.
    Allerdings erfordert das Interesse der Rating-Agenturen an einem langfristigen Geschäft, keine geschönten Ratings abzugeben, da sonst die Ratings nicht mehr ernst genommen werden – reine Gefälligkeitsratings kann sich keine Agentur auf Dauer leisten, auch wenn es immer wieder Hinweise auf Interessenkonflikte gibt und Lösungen vorgeschlagen werden. Eine mögliche Lösung könnte so aussehen, dass alle Emittenten von Anleihen (Unternehmen, Staaten) in einen Pool einzahlen, aus dem dann die Agenturen finanziert werden. Auf diesem Weg könnte zumindest finanziell die Unabhängigkeit der Agenturen gesichert werden[ 8 ].

II. Warum lebt der Staat auf Pump?
1. Rentabilität und Dringlichkeit
    Nachdem wir uns mit einigen praktischen Aspekten zu Entstehung, Messung und Organisation der Staatsverschuldung beschäftigt haben, kommen wir nun zur grundsätzlicheren Frage, warum ein Staat sich überhaupt verschulden darf oder soll. Eine erste Begründung für Staatsverschuldung findet man, wenn man den Staat mit einem privaten Unternehmer vergleicht: Dieser nimmt einen Kredit auf, um eine Investition zu finanzieren, zum Beispiel die Anschaffung einer teuren Maschine. Aus den Erträgen der Investition tilgt er den Kredit und zahlt die Zinsen. Macht er darüber hinaus noch einen Gewinn, so hat sich diese Investition für ihn gerechnet.
    Ein ähnliches Kalkül kann auch ein Staat anstellen, wenn er größere Investitionen erwägt, beispielsweise in die Infrastruktur seines Landes: Er nimmt einen Kredit auf, um damit eine Autobahn, ein Stromnetz oder andere Großprojekte zu finanzieren, und mit den Erträgen dieser Investition baut er die dafür aufgenommenen Schulden wieder ab.
    Der Staat kann auf diesem Weg Projekte finanzieren, die er ohne Kredite nicht anschieben könnte. Kein Unternehmen hat genügend eigene Mittel, um Großprojekte komplett aus der eigenen Tasche zu finanzieren, und auch einem Staat würde es schwer fallen, alle Investitionen aus den laufenden Einnahmen zu bezahlen. Die Kreditaufnahme ermöglicht eine zeitliche Streckung der Projektkosten und erleichtert dadurch die Investitionstätigkeit des Staates. Insofern sind Kredite, ist die Aufnahme von Staatsschulden immer dann gerechtfertigt, wenn mit diesem Geld investive Projekte finanziert werden, von denen man sich in Zukunft Erträge verspricht.
    Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen dem Staat als Investor und einem privaten Unternehmer: Der Unternehmer erhält die Erträge seiner Investition direkt in Form steigender Verkaufszahlen, höherer Umsätze und Gewinne – aber wie sieht das beim Staat aus? Der Staat erwirtschaftet die Erträge seiner Investitionen nicht über steigende Verkäufe, sondern indirekt über höhere Einnahmen vor allem aus Steuern: wenn die schuldenfinanzierten staatlichen Investitionen erfolgreich sind, führen sie zu einem höheren Wachstum der Volkswirtschaft, also zu einem höheren Sozialprodukt, das zu steigenden Steuereinnahmen des Staates führt und ihm die Rückzahlung der Schulden
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