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Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Titel: Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung
Autoren: Burkhard Schneeweiß , Theodor Hellbruegge
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früh auf, Grunderfahrungen von Selbstwirksamkeit zu machen, die mit inneren Belohnungsprozessen verbunden sind und seine Motivation zur sozialen Kommunikation stärken (H. Papoušek & M. Papoušek 1984). Von besonderer Anziehungskraft ist dabei das mimische und stimmliche Ausdrucksverhalten des Gegenübers, in dem es Übereinstimmungen mit seinem eigenen Ausdrucksverhalten wahrzunehmen und nachzuahmen vermag (Meltzoff & Moore 1977; Field et al. 1982).
    Auch bei den Eltern finden sich einzigartige Voraussetzungen für die frühe Verständigung mit ihrem Baby, intuitive Anpassungen im mimischen, stimmlich-sprachlichen und taktilen Kommunikationsverhalten, die ihnen ermöglichen, ihr Baby zu verstehen und sich ihrem Baby verständlich zu machen (H. Papoušek & M. Papoušek 2002; M. Papoušek 2001). Sie kompensieren und erleichtern, was dem Baby allein noch nicht gelingt, z. B. beim Regulieren affektiver Erregung oder beim Wecken und gemeinsamen Regulieren von Aufmerksamkeit und Blickkontakt. Sie vereinfachen und verdeutlichen ihr Ausdrucksverhalten. Sie lassen sich von den Signalen des Babys leiten, die sie kontingent und feinfühlig auf seine Bedürfnisse abgestimmt beantworten und unwillkürlich nachahmen/spiegeln.
    Im Zusammenspiel der kindlichen und elterlichen Kommunikationsbereitschaften und -fähigkeiten entstehen Augenblicke positiver Gegenseitigkeit: Das Baby wird im Erreichen von Blickkontakt unterstützt, durch Erfahrungen von Selbstwirksamkeit belohnt und beginnt, seine eigenen Affekte im Spiegel der elterlichen Reaktionen wahrzunehmen. Umgekehrt wirken die Reaktionen des Babys für die Eltern als Belohnung und Stärkung im Selbstvertrauen in ihre intuitiven Kompetenzen. Sie gewinnen einen empathischen Zugang zum affektiven Erleben ihres Babys. In diesem wie auch in anderen Kontexten des Weinens und Tröstens entstehen Augenblicke unmittelbarer emotionaler Bezogenheit (Stern 2007), Grunderfahrungen »primärer Intersubjektivität« (Trevarthen 1979), »Engelskreise« der vorsprachlichen Kommunikation (M. Papoušek 2007a), die in einem dynamischen System wechselseitiger Unterstützung und Belohnung verankert sind (Emde & Sorce 1983).
Neurobiologische Verankerung und Spiegelneuronensysteme
    Auf eine biologische Verankerung weisen nicht nur die seit langem belegte transkulturelle Universalität und die intuitive Steuerung der elterlichen Kompetenzen hin (H. Papoušek & M. Papoušek 2002), sondern auch die neuere neurobiologische Forschung. Demnach tragen wichtige neuronale und neuroendokrinologisch regulierte Netzwerke zum Gelingen der vorsprachlichen Kommunikation und ihrer adaptiven Funktionen bei. Dies belegen die wachsenden Erkenntnisse über das »Bindungshormon« Oxytocin (Uvnäs-Moberg et al. 2011), die dopaminergen und endorphinbestimmten Motivations- und Belohnungssysteme, die epigenetische Frühentwicklung des Stress-Regulationssystems (Braun et al. 2009; Weaver et al. 2004) und die Spiegelneuronensysteme (Rizzolatti & Sinigaglia 2008).
    In Bezug auf die Frühentwicklung von Intersubjektivität, sozialer Kognition und Spracherwerb verdient die neurobiologische Entdeckung der Spiegelneurone besondere Beachtung (Bauer 2005). Spiegelneurone finden sich auch beim Menschen in neuronalen Netzwerken, die an der Organisation, Planung und motorischen Ausführung von intentionalen Handlungen und an der Auslösung von emotionalem Ausdrucksverhalten und Gesten beteiligt sind (Rizzolatti & Sinigaglia 2008). Ihre Spiegelungseigenschaften beruhen darauf, dass sie auch durch bloße visuelle Wahrnehmung von entsprechenden motorischen Handlungen, Absichten oder emotionalen Verhaltensformen eines Gegenübers aktiviert werden. Sie übersetzen die visuelle Information direkt in potentielle motorische Akte oder Ausdrucksformen des Beobachters, in dem Maße, wie sie in einer Art »Wörterbuch motorischen Wissens« (Rizzolatti & Sinigaglia 2008) repräsentiert sind. Sie ermöglichen dem Beobachter, die Handlungen, Absichten oder Gefühle des anderen innerlich nachzuvollziehen, intuitiv zu verstehen, mit ihm zu teilen und bei Bedarf nachzuahmen (Bauer 2005). Die Spiegelneuronensysteme spielen in Erklärungsmodellen von motorischer und affektiver Resonanz, von sozialer Kognition und Kooperation, von Intersubjektivität, von Empathie und Theory of mind eine zentrale Rolle, von Eigenschaften und Fähigkeiten, die das Verstehen der mentalen Welt des anderen voraussetzen und vor allem dem Menschen zugeschrieben werden (Rizzolatti
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