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Spione, die die Welt bewegten

Titel: Spione, die die Welt bewegten
Autoren: Manfred Reitz
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dass es Truppenverbände diesseits und jenseits des Flusses gab, die sich bei einem Überraschungsangriff
     nur schwer gegenseitig unterstützen konnten. Der Pharao war zu siegessicher gewesen und hatte auf die Fernaufklärung seiner
     Späher keinen Wert gelegt. Er hatte mit der ersten und zweiten Armee bereits den Fluss überschritten, als seine Soldaten zwei
     Männer festnahmen und sie verhörten. Die Gefangenen teilten mit, sie seien vor den Truppen des Königs Muwatalli geflohen und
     wollten sich dem Pharao anschließen. Als Ramses II. sie weiter ausfragte, verrieten sie ihm auch die Position der Hethiter:
     Der Hethiterkönig würde mit seinen Truppen weit im Norden in der Nähe der heutigen Stadt Aleppo stehen und hätte große Angst
     vor dem mächtigen Pharao. Genau diese Aussage wollte Ramses II. hören und verhielt sich weiter so, als wären seine Truppen
     in einem Manöver. Dabei merkte er nicht, dass er in eine Falle gelaufen war. Die Hauptmacht der Hethiter wartete versteckt
     direkt in der Nachbarschaft. Mit all ihren Kampfwagen und Truppenverbänden lagen sie auf der Lauer. Die beiden als Überläufer
     getarnten Männer waren Spione. Sie sollten den Pharao in Sicherheit wiegen und auf eine falsche Fährte locken. Nur kurze Zeit
     später ergriffen die Ägypter zwei weitere Nomaden. Beide waren verstockt und begannen erst nach einer tüchtigen Tracht Prügel
     zu reden: Es waren zwei Späher der Hethiter. Erst jetzt wurde klar, dass Muwatalli mit seinen Truppen direkt in der Nachbarschaft
     stand und auf eine günstige Gelegenheit zum Angriff wartete.
    Während Ramses II. sich noch mit seinen Offizieren beratschlagte, griffen die Hethiter an und zerschnitten mit rund tausend
     eigenen Kampfwagen die ägyptischen Truppenkolonnen in zwei Teile. Die zweite ägyptische Armee, die Armee des Re, wurde völlig
     überrascht und in einem Massaker dezimiert. Ramses II. bemerkte den Angriff wegen der großen Entfernung erst verspätet und
     flüchtete mit der ersten ägyptischen Armee, der Armee des Amun, auf einen Hügel, wo sofort ein befestigtes Lager mit Verteidigungsanlagen
     errichtet wurde. Einige der Überlebenden der Armee des Re zogen sich ebenfalls in dieses Lager zurück, während sich Andere
     der weit zurückliegenden Armee des Ptah anzuschließen versuchten. Die Hethiter rückten rasch zu dem Lager vor und eroberten
     es. Gedeckt von seiner Leibwache durchbrach der Pharao die Angriffswelle und zog sich zurück. Doch statt den Pharao zu verfolgen
     und gefangen zu nehmen, gerieten die Hethiter in einen Plünderungsrausch und fielen über das Lager der Ägypter her. Ramses
     II. gewann auf diese Weise eine sichere Fluchtdistanz.
    In dieser hoffnungslosen Situation geschah – durch außergewöhnliche Glücksumstände – für die Ägypter ein Wunder. Die nach
     Byblos verschifften ägyptischen Truppenverbände des Na’arun trafen mit ihren schnellen Kampfwagen genau im richtigen Augenblick
     ein und konnten die plündernden und unachtsam gewordenen Hethiter einkesseln. Es waren mit weit reichenden Bögen ausgestattete
     Eliteeinheiten, denen die Hethiter mit ihren schwerfälligen |19| Kampfwagen nur Soldaten mit Lanzen entgegenzusetzen hatten. Gleichzeitig näherte sich endlich die Armee des Ptah und versuchte
     im Rücken der Hethiter den Kessel zu schließen. Die hethitischen Feldherren bemerkten die Gefahr und brachen wegen der allgemeinen
     militärischen Unordnung den Kampf ab. Rasch zogen sie sich über den Fluss Orontes in die Stadt Kadesch zurück, um die Truppen
     neu zu formieren. Einer der hethitischen Feldherren, der Prinz von Aleppo, wäre dabei fast ertrunken. Es ist überliefert,
     dass ihn die eigenen Soldaten auf den Kopf stellten, damit das Wasser aus seinem Rachen herauslaufen konnte. Die gesamte ägyptische
     Armee zog sich nun in Eilmärschen zurück und stellte sich keinem weiteren Kampf. Nur zufällige Ereignisse hatten den Pharao
     gerettet.
    Zurück in seinem Reich ließ Ramses II. die Schlacht sofort als einen großen Sieg feiern und wurde nicht müde, der Nachwelt
     von seinen Erfolgen zu berichten. Da er als Gott keine Fehler machen konnte, trugen allein die eigenen Offiziere die Schuld
     an dem Fiasko. Die ägyptische Propaganda lief auf Hochtouren, um den Sieg im Land zu verbreiten, doch eine Entscheidungsschlacht
     konnte es nicht gewesen sein. Später berichteten ägyptische Dokumente, die Hethiter hätten Gesandte geschickt, um beim Pharao
     um Frieden zu
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