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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle
Autoren: Nina Schindler
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voll widerstrebender Hochachtung. Das macht sie unglaublich geschickt. Bei ihm achtet sie darauf, dass sein Stolz nicht verletzt wird, zu mir ist sie so schroff und abweisend, als würde sie mich am liebsten weghexen.
    Ich fühlte mich in ihrer Gegenwart immer weniger wohl und verkroch mich am liebsten in mein Zimmer.

    Ljuba hatte sich bei einer Sprachenschule für einen Deutschkurs eingeschrieben, weil die Kurse der Volkshochschule immer erst im Herbst begannen, und neuerdings
ging sie von Montag bis Freitag von halb neun bis zehn Uhr abends zum Unterricht.
    Das war wie ein Aufatmen für mich.
    Endlich waren die Koopmanns mal wieder unter sich, und niemand mischte sich ein - und sei es noch so unauffällig - oder lauerte irgendwo im Hintergrund. Mama oder ich lasen den Zwillingen immer was vor, bevor sie bereit waren einzuschlafen, Papa saß in seinem Sessel und las Zeitung (dafür hat er angeblich tagsüber nicht genug Zeit), Mama und ich sahen uns eine von unseren Lieblingsserien im Fernsehen an und Daniel machte oben in seinem Zimmer sein Ding und kam irgendwann runter und setzte sich dazu.
    Wir waren abends wieder unter uns.
    Und ich genoss das. Bisher hatte ich mir über unsere Abende nie Gedanken gemacht, aber mittlerweile freute ich mich geradezu auf diese friedlichen Abendstunden und wollte keinen Gedanken daran verschwenden, dass dieser Kurs ja irgendwann zu Ende ging.

    »Ich fass es nicht«, stöhnte meine Mutter eines Mittags, während sie in der Küche so heftig Pizzateig knetete, dass der Teigklumpen fast vom Tisch rutschte. »Die haben in der Bibliothek im letzten Jahr ein neues System gekriegt, ich weiß gar nicht, wie ich das in den wenigen Wochen alles lernen soll.«
    Mittlerweile stand fest, dass sie ab Mai wieder voll arbeiten würde. (»Das hast du schlau gemacht«, war Papas Kommentar dazu. »Dann ist ja dein erster Arbeitstag gleich ein Feiertag!«)
    »Macht doch nix«, bot Ljuba an. »Gehst du eben jeden Tag in Bibliothek und lernst. Sag mir, was ich soll kochen, und ich koche.«
    »Ehrlich?« Mama war begeistert. »Traust du dir das
wirklich zu? Das wäre natürlich super, dann könnten die mir in aller Ruhe alles zeigen, und ich würde an meinem ersten Arbeitstag nicht wie ein Trottel dastehen.«
    Sie einigten sich dann darauf, dass Ljuba dreimal und Mama viermal pro Woche kochen würde, weil Mama drei Vormittage wöchentlich in der Bibliothek reichten.
    »Alex wird dir helfen«, bot sie noch großzügig an, aber das hatte ich kommen sehen und meinen Gegenzug vorbereitet.
    »Ich habe doch meistens bis eins Schule. Wenn ihr um halb drei essen wollt, koch ich gern mal«, bot ich zuckersüß an.
    »Oh, muss sie nicht, kann ich alles allein machen«, sagte Ljuba und warf mir einen Blick zu, der mich in einem Comic an die Wand genagelt hätte. »Brauche ich Alex nicht.«
    Ich starrte sie entgeistert an. Warum war sie bloß so feindselig? Aber Mama hatte nichts gemerkt und bestimmte, dass ich nicht zu kochen brauchte. Stattdessen sollte ich das nachmittägliche Einkaufen übernehmen.
    »Kann ich doch auch machen«, sagte Ljuba. »Kann Alex Schulaufgaben machen.«
    »Das ist aber nett von dir«, meinte Mama lächelnd. »Nein, nein, Alex kann ruhig auch mal was tun.«
    Ich glotzte fassungslos auf meinen Teller. War ich mittlerweile schon zu einer Randfigur geworden? Wollte Ljuba mich total rauskegeln?
    Ich wollte einkaufen gehen, verdammt noch mal!
    Ich wollte mit meinen Schwestern was unternehmen, verdammt noch mal!
    Ich wollte von meiner Familie geliebt werden, verdammt noch mal!

    Aber mir blieb für die Hausarbeit momentan wirklich wenig Zeit.

    Die Mathearbeit hatte ich total verhauen und Martha und Laura war es genauso ergangen.
    Ich hatte die Fünf zu Hause noch nicht gebeichtet und überlegte fieberhaft, wer mir helfen könnte.
    Daniel?
    Der war ganz gut in Mathe, aber er war ein schrecklich ungeduldiger Lehrer (das hatte ich schon vor zwei Jahren ausprobiert und seine »Nachhilfe« hatte überhaupt nichts gebracht, bloß Gebrüll und Zankerei.)
    Jonas redete kaum noch mit mir und verfolgte jetzt Patrizia mit glühenden Blicken.
    Laura hatte einen Nachbarn in ihrer Straße, der ihr mal Mathe-Nachhilfe angeboten hatte, aber sie glaubte, dass der das nur gemacht hatte, weil er ihr an die Wäsche wollte.
    Schließlich hatte Martha eine total bekloppte Idee.
    »Wir fragen den Uhu!«
    »Du spinnst!«, sagte Laura entgeistert.
    »Du hast sie ja nicht alle!«, stöhnte ich.
    Der Uhu heißt
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