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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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oft übertrieben
unerschütterlich. Aber in diesem Job muss man wohl so unverletzlich sein.«
    Rico sah seinen Vater erstaunt an. Genau dieses Etikett hätte er
seinem Vater auch angeheftet. Er wollte etwas darauf erwidern, wurde aber
abgelenkt. »Da schau hin!«, sagte er stattdessen und deutete mit dem Kinn zur
Terrassentür.
    Pit Vogel, Uly Hummers Assistent, kam mit einer auffallend gut
aussehenden jungen Frau im Schlepptau auf sie zugesteuert. Sie sah aus, als
käme sie direkt aus der teuersten Boutique in der Vorderstadt, und hatte den
Gang von Frauen, die wissen, wie attraktiv sie sind.
    Vater Stahl nickte. »Clara Gray«, sagte er bestimmt. »Die hat der
Uly entdeckt und an den Didi Smissek weitergereicht. Sie spielt die Hauptrolle
in ›Gegen den Wind‹. Eine Telenovela. Top-Einschaltquoten von Anfang an.«
    Rico hatte kaum Gelegenheit, diese Informationen zu verarbeiten, da
stand Clara schon vor ihnen. Sie hatte Pit auf der Vierzigmeterstrecke überholt
und deutete vor Heinrich von Stahl einen Knicks an, während ihre Augen am Sohn
klebten.
    Die Klänge der Combo – »She’s funny that way« – mischten sich mit
dem Klangteppich des Stimmengewirrs der Partygäste und des Geklirrs von Gläsern
und Geschirr.
    »Die Kitz-Society«, warf Clara dem Senior entgegen. Wie nach einem
Kameraschwenk war ihr Blick nun direkt auf ihn gerichtet. »Sie sind Heinrich
von Stahl, nicht? Der Background-Man. Ich kenn mich aus mit dem FC Bavaria, bin selber ein Fan.« Was ihr
als Erstes auffallen musste, war der spöttische Zug um seinen Mund.
    Rico Stahl war einen Schritt vorgetreten. »Rico Stahl«, stellte er
sich selbst mit leiser Stimme vor. »Haben Sie schon Pläne für heute Abend?«
    Das Gespräch wurde durch einen Höllenlärm unterbrochen, der von
Süden her nahte. Die Luft hallte und vibrierte, als wäre ein Riesenrudel
Ducatis unterwegs. Über abgearbeitete Blumenbeete hinweg, an einem Springbrunnen
vorbei, den 7,5-Tonner des Partyservice umrundend, jagte ein Luftkissenfahrzeug
heran. Drei Meter vor der Bar, wie ein Skifahrer nach dem Schuss aus dem
Zielhang, bäumte sich das knallrote Ding auf und kam mit einem wilden
Seitwärtsschwung zum Stopp.
    Alle Gespräche verstummten. Die Combo erstarrte, nur der
Schlagzeuger rührte die Trommel. Wer immer dem Gefährt mit überdimensionalem
rotem Sturzhelm entstieg, musste ein Mensch sein, der große Auftritte liebte.
Insider wussten es, andere waren beeindruckt.
    Clara hatte keine Ahnung. Sie ließ ein verlegenes Lachen aufperlen.
    »Luger«, erklärte Vater von Stahl.
    »Dr. Adrian Luger«, ergänzte Rico Stahl. »Der stellt alle hier in
den Schatten.« Er warf Clara einen unbestimmten Blick zu. Außer mir, war aus
seiner Miene zu lesen. Als sie den Blick erwiderte, lächelte er und blieb
stumm.
    »Außer Hummer vielleicht«, sagte der Vater.
    Manchmal sehnt sich Maria Schwarz – die sie geblieben ist – nach der
Einsamkeit ihrer Zahnradbahn zurück. Andererseits mag Clara Gray – die sie
geworden ist – auch derartige Auftritte, ja sie bewundert, was Aufsehen erregt.
Vielleicht der Ausgleich für meine tote Kindheit, muss sie oft denken. Damals
hätte es etwas mehr sein können … und jetzt etwas weniger … aber that’s life .
    Gerade jetzt, an diesem Samstag im Mai, wünscht sie sich, ihr Vater
wäre hier und könnte erleben, wie und in welchen Kreisen sich seine Tochter
heute bewegt. Wahrscheinlich würde er sie beschimpfen. Kaum je war er aus
seinem Gapperding herausgekommen. Südtirol, einmal in fünf Jahren, war für ihn
immer ein Fernziel gewesen. In solchen Momenten spürt Clara eine seltsam
vertraute Zärtlichkeit für ihn. Und die Sehnsucht, mehr über ihre Mutter, die
lang Verstorbene, zu erfahren, wird immer stärker.
    »Luger!«, stellte er sich Clara vor. Den Helm hatte er auf einem
Bistrotisch abgelegt, nachdem er die leeren Gläser mit souveräner Bewegung zu
Boden gewischt hatte. Der Erfolg drang ihm aus allen Poren. Er sprach kurz mit
den Stahls, wendete den Blick jedoch nicht von Clara ab.
    Als Clara den Mund zum ersten »Ähm« öffnete, wurde sie geblitzt. Das
war sie gewohnt. An jeder Ecke lauerten irgendwelche Fotografen, die ein Bild
von dem gefeierten TV -Star haben
wollten. Sie hatte gewöhnlich nichts dagegen.
    Doch dann sah sie den dicken roten Haarschopf hinter der Kamera
unter der roten Baseballmütze.
    Unwillkürlich langte ihre Hand hinüber und packte Lugers Unterarm.
    »Ist was? Geht’s Ihnen nicht gut?«, fragte Luger.
    Sie
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