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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals
Autoren: Barbara Wood
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sehr wenig Sauerstoff vorhanden. »Nein… ich glaube nicht.«
    »Du hast doch keine Angst vor einer Mumie, oder?« Er faßte mich bei der Hand. »Natürlich nicht.«
    »Er ist da drinnen. Den König so zu sehen, wie er wirklich war, ist ein Vorrecht, das nur wenigen zuteil wird, Lydia. Sollen wir dem Mann, der dir den Schakal gab, einen Besuch abstatten?« Wir bahnten uns vorsichtig einen Weg zwischen den zerbrechlichen Schätzen hindurch und erreichten eine weitere Türöffnung. Sie war eng und in eine mindestens fünf Fuß dicke Wand eingelassen. Daneben befand sich ein riesiger viereckiger Stein, der offensichtlich mit dem Meißel behauen und hochgestemmt worden war. Auf dem Boden daneben lag ein Brecheisen.
    »Halt dich von diesem Stein fern, Lydia, denn er ist mit einem Kippmechanismus verbunden, der ihn bei Berührung wieder an seinen Platz zurückschwingen läßt. Jetzt bitte nach dir.«
    Er hielt die Taschenlampe so, daß sie das Innere des kleinen Raums beleuchtete, und ich folgte vertrauensvoll dem Lichtstrahl. Als ich den Granit-Sarkophag erblickte, fragte ich noch: »Was ist das?« Im gleichen Augenblick ging urplötzlich das Licht aus, und ich hörte ein knirschendes Geräusch.
    Als ich mich umdrehte, konnte ich den Eingang nicht mehr sehen. Noch konnte ich die Wand sehen. Noch nicht einmal meine Hand, die ich direkt vor mein Gesicht hielt. Achmed hatte den Stein an seinen Platz zurückgerollt. Wie benommen sagte ich: »Moment mal« und horchte. »Komm schon, das ist doch nicht wirklich geschehen!« Mit ausgestreckten Händen tastete ich mich vor und versuchte den Stein wegzuschieben. Natürlich bewegte er sich keinen Millimeter. »Achmed? Achmed!«
    Ich hielt mein Gesicht gegen die rauhe Wand gepreßt. »Komm schon, laß mich raus! Hilfe!« Ich schrie aus Leibeskräften, doch ich wußte, daß es zwecklos war. Die Tür war so dick, daß nichts hinaus- oder hineindringen konnte: kein Licht, kein Laut, keine Luft. Keine Luft!
    Ich fuhr wieder herum und preßte mich gegen die Wand. So weit ich auch die Augen aufriß, ich konnte nichts sehen – ich war blind in der Finsternis. Es war eine Schwärze, wie man sie sich schwärzer nicht vorstellen kann. Sie war auf einen Schlag überall, umgab mich ohne klar umrissene Grenzen, so daß mich panischer Schrecken erfaßte.
    »O Gott!« wimmerte ich. »O Gott, nein!«
    Dann sank ich zu Boden und zog die Füße unter mich. Ich versuchte, nicht zu weinen, aber die Tränen brachen in großen Schluchzern hervor. Da ich wußte, daß ich Sauerstoff sparen mußte, gab ich mir alle Mühe, sie zurückzuhalten, aber es gelang mir nicht. Nur ein einziger Gedanke ging mir jetzt durch den Kopf: Achmed Raschid hatte mich in diesem Grab eingeschlossen. Nach einer Weile ließen die Tränen nach, und ich fühlte, wie an die Stelle der Trauer Wut trat. Er machte also mit Rossiter gemeinsame Sache! Vielleicht war er nicht einmal Regierungsbeamter, und wenn doch, dann ein korrupter! Und wo war Adele? Hatten er und der dicke Mann sie letzte Nacht in »ihre Obhut genommen«? Die schlimmsten Verwünschungen schossen mir bei dem Gedanken daran durch den Kopf. Entrüstung darüber, daß man mich schon zweimal zum Narren gehalten hatte. Und Wut darüber, daß ich so töricht und leichtfertig in die Falle gegangen war. Und wie würde er dies Paul Jelks erklären?
    Paul Jelks. Ich starrte in die Dunkelheit. Seine Worte hallten mir in den Ohren: »Wir brauchten Wochen, um diese letzte Tür zu öffnen.«
    »Aber ich habe keine Wochen!« sagte ich laut. »Ich habe nicht einmal Stunden!«
    Dann hielt ich im Sprechen inne und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Welch ein Narr ich doch gewesen war, Achmed zu erzählen, daß niemand, nicht einmal Dr. Kellerman, wußte, wo ich mich befand. Und Paul Jelks fürchtete das Gefängnis und würde sich daher mit Raschid einverstanden erklären müssen. Ich war wütend! Und ich hatte Angst… Die Dunkelheit überwältigte mich. Sie legte sich wie eine Decke um mich und erstickte mich. Sie versetzte mich in Panik. Mutterseelenallein in diesem Grab.
    Aber nein, nicht ganz allein. Ich befand mich in Gesellschaft. König Tetef war ja bei mir.
     
     
    Als ich wieder zu mir kam, hatte ich keine Ahnung, wie lange ich bewußtlos gewesen war, aber ich wußte, daß es mir immer schwerer fallen würde, wach zu bleiben. Die Luft wurde allmählich dünn. In meinem anfänglichen Wutanfall hatte ich mich überanstrengt und dadurch eine Ohnmacht herbeigeführt.
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