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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals
Autoren: Barbara Wood
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ich die Augen. Als er mich im nächsten Moment am Kinn faßte und mich küßte, schien mir das ganz normal und natürlich. Und als ich die Arme um seinen Hals schlang und seinen Kuß erwiderte, vergaß ich alle anderen, die mit uns im Auto saßen. Er hielt mich fest an sich gedrückt, als wollte er mich niemals mehr loslassen, und als ich mein Gesicht an seinem Hals vergrub und spürte, wie der Landrover seine Fahrt verlangsamte, erinnerte ich mich an die Eingebung, die ich in den letzten Sekunden vor meiner Rettung gehabt hatte. Und an den Entschluß, den ich gefaßt hatte.
    Dann hob ich den Kopf und schaute aus dem Fenster. Durch die Wolken des sich legenden Staubs erblickte ich Paul Jelks’ Camp und konnte die Umrisse von mehreren Leuten ausmachen. Die meisten von ihnen trugen Uniformen.
    Achmed half mir aus dem Landrover. Ich sprang hinunter in den Sand und blieb wie angewurzelt stehen, als ich die Männer sah, die nur ein paar Schritte von mir entfernt standen.
    Der eine war Rossiter (der sich nur geringfügig von dem amerikanischen Touristen im Muski unterschied), der andere war Karl Schweitzer. Als ich seine verbundene Schulter und die Schlinge sah, die seinen Arm stützte, hatte ich plötzlich wahnsinnige Lust, laut herauszulachen.
    Achmed und ich traten zu ihnen hin. Er murmelte einem der Polizisten etwas zu, worauf dieser nickte. Wir standen in den langen, nachmittäglichen Schatten; unsere Münder und Kehlen waren ausgetrocknet und unsere Kleider voller Sand. Und ich ertappte mich dabei, wie ich überlegte: Was kann man in einem Augenblick wie diesem sagen?
    Es wurde mir keine Gelegenheit gegeben, weiter darüber nachzudenken, denn gleich darauf hörte ich einen anderen Wagen über den Sand knirschen und fuhr herum. Es war ein Landrover, in dem vier Leute saßen.
    Da mir plötzlich zum Bewußtsein kam, um wen es sich dabei handeln könnte, wurde ich aufgeregt. Beide Türen sprangen auf. Auf der Beifahrerseite stiegen zwei uniformierte Männer und eine junge Frau in Khaki-Hosen aus. Mit einem einzigen Blick überflog sie alle Gesichter, erkannte mich, rief plötzlich aus: »Lyddie!« und rannte auf mich zu.
    Meine Schwester und ich fielen uns um den Hals und hielten uns eng umschlungen, während wir unverständliche Worte stammelten und unseren Tränen freien Lauf ließen. Dann trat Adele zurück, während sie meine Arme noch immer umklammert hielt, und musterte mich. Sie strahlte über das ganze Gesicht.
    »O Lyddie, Lyddie«, sagte sie immer und immer wieder kopfschüttelnd. »Wer hätte das gedacht? Hier draußen, mitten in der Wüste? Mein Gott!«
    Ich lächelte zurück und blinzelte die Tränen aus meinen Augen. Die gefühlsmäßige Erschütterung darüber, meine Schwester endlich nach all diesen Jahren wiederzusehen, begann jedoch rasch abzuklingen, als ich sie eingehender betrachtete. In den ersten Augenblicken der Wiedersehensfreude hatte ich gar nicht bemerkt, wie sehr sie sich verändert hatte. Doch als ich jetzt im düsteren Schein der untergehenden Wüstensonne neben ihr stand, sah ich mit Bestürzung, daß meine Schwester in diesen vier Jahren seit unserer letzten Zusammenkunft eine ganz andere geworden war. Auf ihrem Gesicht und um ihren Mund herum hatten sich Falten eingegraben; unter ihren Augen zeigten sich dunkle Schatten. Ihre Wangen waren hohl; ihr Haar hatte sie streng zurückgekämmt und zu einem schlichten Knoten gebunden. Nein, es konnten nicht allein die Jahre gewesen sein, die Adele so verändert hatten. Denn außer den Folgen des Alterns zeigte sich noch etwas anderes in ihrem Gesicht; da war ein harter Zug, ein Anflug von Grausamkeit um Augen und Mund herum. Während ich sie mit einem erstarrten Lächeln noch immer unverwandt anschaute, warf Adele den Kopf zurück und sah sich unter den Anwesenden um. Dann bemerkte ich, wie ihr Blick an jemandem haftenblieb, der hinter mir stand, und ich hörte meine Schwester mit ausdrucksloser Stimme sagen: »Hallo, Arnold!« Gerade sprach Achmed mit dem Polizisten, der Adeles Landrover gefahren hatte. Die beiden Männer wechselten ein paar kurze Worte, worauf Achmed sich zu mir umdrehte und erklärte: »Sie haben deine Schwester am Flughafen von Luxor aufgegriffen. Sie war eben dabei abzufliegen.«
    »Abzufliegen!« wiederholte ich bestürzt.
    Adele bedachte Achmed mit einem schiefen Lächeln. »Ich habe bemerkt, wie diese beiden Agenten von Ihnen mich vor ein paar Tagen fotografierten. Ich wußte, daß es nur eine Frage der Zeit wäre, bis
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