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Soul Screamers: Todd (German Edition)

Soul Screamers: Todd (German Edition)

Titel: Soul Screamers: Todd (German Edition)
Autoren: Rachel Vincent
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Kopfwunde, die ich im Dunkeln nicht genauer erkennen konnte, tropfte Blut. Meine Erleichterung schlug in Angst um, als ich die Tür aufstieß und die Innenraumbeleuchtung anging.
    „Nash?“ Keine Antwort. Er atmete nur flach, und ich traute mich nicht, ihn zu schütteln. „Scheiße!“
    Ich öffnete meinen Gurt und schob mich seitwärts aus der Tür, vorbei am zerschmetterten Armaturenbrett. Es hatte nicht viel gefehlt, und das Lenkrad hätte meine Brust zerquetscht. Die Rückleuchten des Wagens tauchten die Szenerie in rötliches Licht – der Aufprall hatte die Frontscheinwerfer zerstört –, und ich warf einen kurzen Blick auf den Mistkerl im anderen Wagen, der in den Überresten seines zerplatzten Airbags hing. Warum zum Teufel waren unser Airbags nicht aufgegangen?
    Mein Auto hatte keine. Es war zu alt.
    Ich rannte um den Wagen herum und riss die Beifahrertür auf, mit einer Hand kramte ich in der Hosentasche nach dem Handy. Neben meinem Bruder fiel ich auf die Knie.
    Er atmete nicht.
    Scheiße!
    Vor Schreck setzte mein Herz fast aus. Ich suchte fieberhaft nach einem Puls, konnte ihn am Hals aber nicht ertasten. Genauso wenig wie am Handgelenk. Nashs Herz schlug nicht mehr!
    „Nein!“, schrie ich und klappte das Handy auf, um den Notruf zu wählen. Meine Hände zitterten, und das Blut rauschte mir in den Ohren. „Nein! Nein, nein, nein …“ Mir wurde ganz schwindlig vor Schock und Schuldgefühlen. „Nicht so. Nicht nach allem, was …“
    Nicht nach allem, was ich zu ihm gesagt hatte. Sollten das etwa seine letzten Minuten gewesen sein? Betrunken am Straßenrand, alleine mit seinem Arsch von Bruder, der ihn überhaupt erst in diese Situation gebracht hatte?
    Wenn Mom doch hier wäre …
    Wenn Mom hier wäre, könnten wir ihn retten. Mit vereinten Kräften konnten eine weibliche und ein männlicher Banshee Nashs Seele in seinen Körper zurückführen und ihn retten. Er würde überleben, und ich wäre kein Mörder!
    Die Sache hatte ihren Preis – irgendjemand musste sterben –, doch das wäre es mir allemal wert. Sollte sich der Reaper doch jemand anderen schnappen, irgendeinen alten Mann hier aus der Straße. Jemanden, der ein erfülltes Leben gelebt hatte. Jemanden, der nicht gerade von seinem Bruder zu hören bekommen hatte, dass er ihm das Leben zur Hölle machte.
    Aber Mom war nicht hier. Und sie würde es niemals rechtzeitig schaffen, nicht einmal, wenn ich sie anrief. Genauso wenig wie der Rettungswagen. Außer mir gab es niemanden, der Nash helfen konnte, niemanden außer …
    Dem Reaper!
    Immer wenn jemand stirbt, kommt ein Reaper seine Seele holen.
    Eine Idee nahm in meinem Kopf Gestalt an, eine Idee, die mir das Blut in den Adern gerinnen ließ.
    Ich klappte das Handy zu und steckte es wieder in die Tasche. Mein Kopf dröhnte, die Brust tat mir weh und bei dem Gedanken an das, was ich vorhatte – um was ich bitten wollte –, wurde mir kotzübel. Aber es war immer noch besser als der namenlose Schmerz darüber, dass ich meinen Bruder getötet hatte.
    Ich rappelte mich auf und spähte in der Dunkelheit nach jemandem, den ich wahrscheinlich gar nicht sehen konnte – oder durfte. Vor Angst zitterten mir die Hände, und meine Kehle war wie zugeschnürt.
    „Ich weiß, dass du da bist, Reaper“, flüsterte ich, froh, dass niemand sonst mich hören konnte. „Ich weiß, dass du hier irgendwo bist, aber da liegt ein Fehler vor. Seine Zeit ist noch nicht gekommen. Er ist zu jung.“
    „Man ist nie zu jung zum Sterben.“ Eine sanfte, seltsam hohe Stimme erklang hinter meinem Rücken. Ich wirbelte herum und stand einem kleinen Jungen mit roten Haaren und Sommersprossen im Gesicht gegenüber. „Das kannst du mir glauben.“
    Meine anfängliche Verwirrung wich erst Entsetzen, dann Hoffnung. „ Du bist der Reaper?“, fragte ich staunend, woraufhin er nickte.
    „Zumindest einer.“
    Ein totes Kind – als wären erwachsene Reaper nicht schon gruselig genug.
    Wut und Furcht ließen meinen Puls nach oben schnellen. Mit einem Sensenmann zu diskutieren war eine heikle Sache. Aber ich hatte nichts zu verlieren.
    „Tut mir leid, dass du so früh sterben musstest.“ Ich räusperte mich, um meine Unsicherheit zu überspielen. „Muss ziemlich Scheiße sein, die Pubertät zu verpassen. Aber das hier kann einfach nicht stimmen.“ Ich deutete auf Nash, ohne den Reaper aus den Augen zu lassen. „Kannst du bitte noch mal auf der Liste nachsehen?“
    Der tote Junge schüttelte den Kopf und fixierte mich
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