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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl
Autoren: Barbara Beuys
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sich. Der Gefängnisarzt überzeugte sich vom Eintritt des Todes – »Körper und Haupt wurden in den bereitstehenden Sarg gelegt, zur Verbringung in den Perlacher Forst«.
    Um 17 Uhr 02 wird Hans Scholl in den Raum geführt. Bevor das Fallbeil ausgelöst wird, ruft er laut: »Es lebe die Freiheit.« Um 17 Uhr 05 ist Christoph Probst an der Reihe. Um 18 Uhr 50 schickt Oberreichsanwalt Weyersberg ein Telegramm nach Berlin: »Heute ohne Zwischenfall verlaufen.«
    Am Dienstag, dem 23. Februar 1943, schreibt Lina Scholl in ihrer Ulmer Wohnung an Fritz Hartnagel im Lazarett von Lemberg über ihre gestrige Begegnung im Gefängnis: »Sofie und Hans waren so gefasst und abgeschlossen mit dem Leben, dass man selbst getröstet war. Sofie lehnte leicht und lächelnd an der Heizung und hatte einen Glanz in ihren Augen, den ich sonst nicht kannte. Sie ließ gar nichts mehr an sich herankommen, sie hatte wohl in diesen Tagen alles niedergekämpft. … Hans war sehr abgemagert. Aber seine Augen waren leuchtend und er versicherte uns, dass ihm das Scheiden keinen Schmerz mache, alle sollen wir grüßen, dazu gehören auch Sie. Das Göttliche war ihnen Tröstung und Willkommen. Sofie hatte den Wunsch, Sie in Lemberg zu besuchen.«

WEDER TROST NOCH ENTSAGUNG

23. und 24. Februar 1943
    Vier Tage zuvor, am Freitag dem 19. Februar, hatte Lina Scholl an ihren Sohn Werner geschrieben, nicht ahnend, dass Sophie und Hans Scholl schon anderthalb Tage in den Händen der Gestapo waren. Ähnliches geschieht am Dienstagvormittag, dem 23. Februar, als sie in ihrem Brief Fritz Hartnagel bittet, ein Gnadengesuch aufzusetzen – »obwohl wir ja wenig Hoffnung haben«. Inge Scholl sei an diesem Morgen nach München gefahren, »sie hofft, wenigstens Sofie noch sehen zu dürfen«. Während Lina Scholl noch mit der Ungewissheit lebt, ist die Öffentlichkeit schon informiert.
    Was die »Münchner Neuesten Nachrichten« melden, steht am 23. in den meisten deutschen Zeitungen: »Der Volksgerichtshof verurteilte am 22. Februar 1943 im Schwurgerichtssaal des Justizpalastes den 24 Jahre alten Hans Scholl, die 21 Jahre alte Sophia Scholl, beide aus München, und den 23 Jahre alten Christoph Probst aus Aldrans bei Innsbruck, wegen Vorbreitung zum Hochverrat und wegen Feindbegünstigung zum Tode und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Das Urteil wurde am gleichen Tag vollzogen. … Angesichts des heroischen Kampfes des deutschen Volkes verdienen derartige verworfene Subjekte nichts anders als den raschen und ehrlosen Tod.«
    Am 19. Februar war Elisabeth Scholl von Ulm zum Dürrnhof bei Ingolstadt aufgebrochen, um bei Familie Scheringer ihre neue Stelle als Kinderpflegerin anzutreten. Am Dienstag fuhr sie mit dem Bus nach Ingolstadt. Sie meldete sich auf dem Arbeitsamt an, um ihre Lebensmittelkarten abholen zu können. Die Zeit bis zur Rückfahrt des Busses um 17 Uhr 30 wollte sie im Café mit Zeitungslesen überbrücken. Gleich auf der Titelseite sprang ihr die schreckliche Nachricht entgegen: »Ich habe mir damals einfach gewünscht, ich sei verrückt, ich würde mir das alles nur einbilden, es würde bestimmt nicht wahr sein.« Am Abend, als Elisabeth Scholl zurück auf dem Dürrnhof ist, ruft die Mutter an.
    Auch Lina Scholl hatte den Tod ihrer Kinder indirekt durch die Zeitung erfahren. Das »Ulmer Tagblatt« brachte am 23. keine Meldung über die Hinrichtung zweier junger Menschen, die vielen Ulmern bekannt waren. Aber eine Zeitung in Neu-Ulm hatte weniger Hemmungen. Und so kam am Nachmittag eine Neu-Ulmer Mandantin von Robert Scholls Steuerbüro in die Wohnung am Münsterplatz und überbrachte die Todesmeldung.
    Inge Scholl und Otl Aicher, die am frühen Morgen mit einer winzigen Hoffnung nach München gefahren waren, gingen vom Bahnhof direkt zum Justizpalast. Als Inge Scholl sich einer Sekretärin vorstellte, war die Hoffnung mit wenigen Worten aus der Welt. Werner Scholl war um 4 Uhr morgens mit Traute Lafrenz an den Tegernsee gefahren, wo sich Christoph Probsts Frau aufhielt. Sie unterschrieb das Gnadengesuch für ihren Mann, das die beiden zurück nach München brachten, als gerade die Sonne aufging, und ahnungslos noch vor 9 Uhr im Justizpalast abgaben.
    Irgendwann an diesem Tag traf Werner Scholl sich wieder mit Traute Lafrenz. Da hatte ihn inzwischen die Todesnachricht erreicht. Die beiden gingen in die kleine Wohnung in der Franz-Joseph-Straße, um persönliche Sachen von Sophie und Hans Scholl an sich zu nehmen. Versteckt unter Sophie Scholls
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