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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See
Autoren: Jan Braband
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Giles dann Richtung Tür.
    »Bist du bereit?«, versicherte sich Jonathan bei seinem Vater und mühte sich einen aufmunternden Gesichtsausdruck ab. Vater Giles nickte. Sein Ältester vermochte nicht zu sagen, ob das, was er im Gesicht seines Vaters sah, noch als verunglücktes Lächeln durchging.
    »Dann los. Pass auf die Armbrustbolzen auf«, gab er seinem Vater einen letzten Rat mit auf den Weg.
    Jonathan öffnete die Tür einen Spalt und bemühte sich zügig einen Überlick zu gewinnen. Das Hauptdeck vor ihnen hatte sich mittlerweile in ein Schlachtfeld verwandelt. Mit einem Schrei, der Jasper Giles und Corin zusammenzucken ließ, stieß Jonathan die Tür ganz auf. Gefolgt von seinem Vater, stürzte er sich in das mörderische Getümmel.
    Mit einem Krachen fiel die Tür zu der kleinen Kammer wieder in ihr Schloss.
    *
    Und was das für ein Schlachtfeld war. Der Lärm war ohrenbetäubend, überall schrien Menschen aus Leibeskräften, einige um in Rage zu kommen oder zu bleiben, andere vor Schmerzen oder in Todesqualen. Ringsum trampelte es, Holz brach, Metall klirrte, Segelstoff riss, Menschen und Gegenstände fielen in das Wasser. Es roch nach Feuer, Blut und Schweiß - es roch nach Tod.
    Für einen Augenblick stand Jonathan da, mitten im Getümmel. Bizarre Gefühle und Gedanken flitzten durch seinen Kopf, ließen sich in Panik durch die Speiseröhre fallen und plumpsten in seinen Bauch.
    Niemals hatte Jonathan Giles in einer Schlacht gekämpft, nie hatte er einen Menschen ernsthaft verletzten müssen. Aber natürlich wusste er sehr wohl um die äußerst gewalttätige Welt um ihn herum.
    Dies war der Augenblick von dem er bisher niemals wusste, ob er ihn freudig erwarten oder schlotternd fürchten würde. Weder noch, klärte Jonathan ein weiterer Gedanke auf - er wollte diese Situation nämlich einfach nur vermeiden. Tja, hat nicht ganz geklappt, entschuldigte sich der Gedanke und stürzte sich den anderen folgend Jonathans Speiseröhre hinunter in die Magengrube.
    Vorbereitet war er, als Kämpfer, das stand außer Frage. Zur Wahl stand kämpfen oder sterben, eine Wahlfrage, für die man eigentlich kein Licht brauchte, um sie näher betrachten und beantworten zu können.
    Jonathan brüllte wie ein Berserker und stürzte sich auf die ersten Kämpfenden.
    An Deck der Maria Van Brügge standen rund 20 Matrosen einer Überzahl von 30 Piraten gegenüber. An zwei Ecken brannte irgendeine Flüssigkeit auf dem Boden, was zusammen mit dem Mondlicht für ausreichend Beleuchtung sorgte, gleichzeitig aber das Hauptdeck in ein unheilvolles Licht tauchte.
    Seinen Vater hatte Jonathan bereits aus den Augen verloren, als direkt vor ihm ein Matrose der Maria Van Brügge von einem Piraten mit dem Hieb seines Schwertes in die Brust getötet wurde. Der Matrose ächzte tief, ein seltsamer, langgezogener Seufzer, und ein wunderbarer Prolog für Jonathans brandneues Sammelalbum mieser Schauer und Traumata. Der Seemann sackte leblos auf das Deck.
    Der Killer, ein bärtiger, schlanker Pirat, stieß einen keuchenden Triumphschrei aus, der seine Lungen laut rasseln ließ. Ein weiterer Atemzug war ihm noch vergönnt, dann war Jonathan mit einem Satz bei ihm. Gerade wollte er dem Piraten dessen bluttriefendes Kurzschwert mit der eigenen Klinge davon schlagen, da mobilisierte der Seeräuber unerwartete Kraftreserven und parierte Jonathans Entwaffnungsversuch. Jonathan schwang sein Schwert herum und bevor der Pirat zu einem Angriff ansetzen konnte, fuhr ihm Jonathans Waffe in die Brust. Jonathan hörte Rippen krachen und Fleisch reißen. Die Vibrationen, die das Eindringen der Klinge in den Körper des Seeräubers auf die Waffenhand übertrugen, ließen Jonathans Nackenhaare entsetzt hochspringen. Spürte er da gerade den letzten, verzweifelten Schlag des sterbenden Piratenherzens durch den Schwertstahl hindurch? Das Sammelalbum füllte sich schnell. Und Jonathans Nackenhaare wünschten sich nichts sehnlicheres, als Beine zum Weglaufen.
    Der Pirat starrte ihn aus großen, angsterfüllten Augen an. Statt eines Schreis hörte Jonathan nur ein leises, gurgelndes Seufzen.
    Jonathan hatte einen Menschen getötet, zum ersten Mal in seinem Leben. Diesen Augenblick würde er bis an das Ende seines eigenen Lebens nicht vergessen. Erst recht nicht, wenn das Ende sehr, sehr schnell kommen würde.
    Giles Junior konzentrierte sich wieder auf die tobende Schlacht. Er nahm Deckung hinter einer Kiste und sah sich um. Wo steckte nur sein Vater? Ein Bolzen pfiff
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