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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See
Autoren: Jan Braband
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erneut durch das angeschlagene Schiff bebten.
    Corin roch nichts mehr und fühlte nichts mehr.
    Er sah auch nicht den neuen Schwung Takelage, der vom Hauptmast herunterregnete und um ihn herum lautlos auf das Deck prallte. Er spürte nicht die schwere Holzrolle, die herum schwang und ihn am Kopf traf.
    Corins Bewusstsein gähnte und legte sich schlafen.
    Leere blieb. Leere blieb gerne mal etwas länger, besonders wenn die Speisekammer voll war.
    Leere lachte. Es war eine kalte, dunkle, gemeine Lache.

    31 Langer Querbalken, von dem früher die Segel herunterhingen
    32 Backbord ist Schiffslinks, Steuerbord Schiffsrechts. Merkhilfe: SteueR = Rechts
    33 Oberbegriff für alle Arten von Seilen an Bord eines Schiffes
    34 Das Schutzgeländer auf der schiffslinken Seite
    35 Hängematten waren in Europa noch nicht bekannt.
    36 Alles u mfassend, gründlich.
    37 Kurzschwert, dessen Klinge zum Griff hin deutlich breiter wird. Italienische Aussprache, also etwa Tschingkwedea
    38 Mit Stempel eingeschlagene Muster
    39 Vorderer Mast
    40 Alles, was die Segel hält und trimmt
    41 Tauwerk zum Einstellen der Segel
    42 A ngst vor engen Räumen

6 Es flackerte.
    Hell, dunkel. Hell, dunkel.
    Ein helles Licht kam und ging, und mit dem Licht kam die Wärme. Mit dem Dunkel kam die Kälte zurück.
    Kalt, warm. Kalt, warm.
    Er spürte weiches, morsches, feuchtes Holz. Das Brett unter seiner Hand war ganz riffelig, die festen Strukturen bildeten mit den verwitterten ein mäanderndes Linienmuster. In den tieferen, verrotteten Konturen des Brettes hatte sich Wasser gesammelt. Hoffentlich war es Wasser.
    Es roch. Das faulende Holz, zum einen. Es stank aber nicht, im Gegenteil. Es duftete fast, ein herber, würziger Geruch, holzig eben.
    Hell, dunkel. Hell, dunkel. Warm, kalt. Warm, kalt.
    Da waren noch mehr Gerüche. Es roch nach salziger Luft. Und nach Blut.
    Blut, dachte Corin. Hatte er wieder Nasenbluten gehabt, in der Nacht. Mist. Er würde das Bett neu beziehen müssen. Aber besser ein rotes Laken als ein gelbes Laken.
    Das Holzbett.
    Moment Mal, da war ja gar kein Bett! Hatte er wieder alles weggestrampelt, bis dieses Mal nur der nackte Rahmen übrig geblieben war. Soweit musste es ja mal kommen. Er würde sicher eines Nachts im Schlaf das ganze Bett und den Fußboden dazu wegstrampeln. Und dann ein Stockwerk tiefer bei den Webstühlen landen. Vielleicht lag er ja schon auf einem Webstuhl? Vielleicht wurde er gerade zu einem schönen Unterrock verwebt? Hm. Er bewegte einen Finger, um den Webstuhl abzutasten. Die Augen könnte er später immer noch öffnen.
    Ein Schmerz durchfuhr ihn in dem Augenblick, als er den Finger rühren wollte. Sein Arm schmerzte. Sein ganzer verdammter Kopf schmerzte. Sein Rücken schmerzte. Was zum Teufel war denn jetzt schon wieder los! Hatte sich Jonathan irgendeinen Racheplan ausgedacht, dafür, dass Corin ihm die verrückte alte Ente aus dem See ins Bett gelegt hatte? Okay, das Vieh war bissig und toll, und vielleicht auch ein bisschen inkontinent 43 , gut, ein bisschen sehr inkontinent, aber das war doch nicht so schlimm. Und zudem schon ein Jahr her. Und das Vieh war auch kein Igel gewesen.
    Autsch, dachte Corin, als sein Zeh in einer Intensität schmerzte, die ihn seine anderen Wehen prompt vergessen machte. Er assoziierte den Schmerz irgendwie mit spitzen, metallenen und ziemlich gemeinen Dingen. Corin würde jetzt wohl oder übel die Augen öffnen müssen, um Jonathan endlich Einhalt zu gebieten.
    Corin würde es mit dem rechten Auge versuchen. Ja, ein guter Plan, das rechte Auge war jenes, welches weiter von dem Holzding, auf dem er lag, weg war und würde ihm einen großartigen Überblick verschaffen.
    Langsam öffnete er die Lider. Alles war verschwommen. Und so hell, dass Corin gar nichts erkennen konnte.
    Aber jetzt wurde es wieder dunkler. Da war was an seinem Fuß! Das war doch sein Fuß? Ja, das war sein Fuß! Und daneben stand ein… ein Ding. Das Ding hatte zwei Beine und einen… das Ding war ein Vogel, eine verdammte Möwe.
    Die Elfenbeinmöwe 44 betrachtete Corins Fuß, als sei der etwas ganz besonderes. Etwas ganz besonders Leckeres. Und schon hackte die Möwe wieder zu, schnappte direkt nach seinem großen Zeh.
    »Aua!«, schrie Corin laut, jedenfalls wollte er es laut schreien, heraus kam ein heiseres, röchelndes »hiihaa!«, von dem Corin hoffte, dass es in der Sprache der Elfenbeinmöwen nicht bedeutete, »lass es dir schmecken, liebe Möwe, und nimm gerne noch einen zweiten Zeh und
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