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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See
Autoren: Jan Braband
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hoffentlich hast du dir auch den Schnabel geputzt und die Schwimmhäute gewaschen«. Corin schnellte hoch, wild mit den Händen Richtung Füße wedelnd. Ein lustiges Schmerzpotpourri durchfuhr ihn in einer Gewalt, die ihm schier den Atem verschlug. Corins Rücken, seine Zehen, seine Beine, seine Arme, gab es irgendein verdammtes Körperteil, das nicht schmerzte? Sein Kopf war allerdings der ungeschlagene Sieger in diesem Kontest 45 der Wehen, nicht nur wegen der dumpfen Schmerzquellen überall in Gesicht und Nacken, sondern vor allem, weil er soeben mit voller Wucht gegen einen Holzbalken geknallt war, der es wagte, Corin Giles in die Quere zu kommen.
    Corin fiel zurück auf den Boden, schlug schützend die Arme über den Kopf und wimmerte vor Schmerzen. Er öffnete beide Augen. Sein Blick wurde langsam klar. Zu seinen Füßen sah er keine Möwe mehr, nur seinen blutigen, aber glücklicherweise vollständigen, großen Zeh. Dahinter ein paar Metallstangen. Corin blickte nach links. Metallstangen. Er blickte nach rechts. Metallstangen. Er blickte nach oben. Holzdecke. Sehr, sehr niedrige Holzdecke.
    Das war ein Käfig! Corin war in einem Zwinger gefangen, der etwa eineinhalb Mannslängen im Quadrat an Grundfläche maß, vielleicht drei Fuß hoch war und auf einigen Kisten in nochmals rund drei Fuß Höhe stand.
    Es schaukelte. Die Sonne schien immer mal wieder in seinen Käfig hinein, dann wurde sie wieder durch die Oberseite des Käfigs verdeckt. Er hörte die Wellen und er spürte leichten Wind über sein Gesicht streichen.
    Er saß in einem Käfig an Deck eines Schiffes, eines sehr großen Schiffes sogar. Er war auf dem Meer! Er war nicht zuhause! Er war mit Vater und Jonathan… Gott im Himmel, Vater war tot! Jonathan war tot! Beide ermordet! Da waren Piraten gewesen! Kämpfe!
    In Panik griff Corin nach den Gitterstäben. »Hilfe!«, brüllte er heiser und rüttelte. »Hilfe!«, brüllte er wieder und wieder, verzweifelt, und seine Stimme wurde lauter und fester. Aber niemand nahm ihn wahr. Da hinten waren Leute! Corin beruhigte sich wieder. Weit hinten, auf dem erhöhten Deck der Heckaufbauten, standen vier Personen zusammen. Wer war das?
    »Ah!«, krächzte eine helle Stimme neben Corin. Corin wirbelte herum. Direkt neben seinem Käfig stand ein dürrer, alter Pirat mit riesigen, hellen Augen. Corin erkannte den Mann sofort als die alte Krähe, die er als erstes besiegt, aber nicht getötet hatte. »Das Abendessen ist wach geworden«, knarrte der Pirat weiter, »mhmm, ich hoffe du schmeckst gut, Kleiner«. Mit einer leeren Schwertscheide pikste der Alte Corin durch die Stäbe hindurch in die Seite und gackerte dabei so wundervoll röchelnd, dass die Strandhexen der näheren Umgebung in Erwartung eines heißen Rendezvous sicherlich gerade ein paar weitere Schönheitswarzen auflegten und die Nasenhaare adrett zurechtkämmten.
    Mit einem schnellen Griff riss Corin die Schwertscheide heran und warf sie hinter sich in den Käfig. »Wie komme ich hier rein?«, fauchte er und seine blauen Augen funkelten wie zwei polierte Lapislazuli 46 -Steinchen im Vollmond. »Was mache ich hier drinnen? Was ist aus der Maria geworden?«. Der alte Pirat schien von Corins Energie beeindruckt. Die Krähe zuckte mit den Achseln und sein zaghaftes Lächeln hätte man glatt für eine Art Entschuldigung halten können, als er die rechte Hand hob und diese mit einem gurgelnd-schnalzenden Geräusch langsam wankend nach unten führte; was wohl heißen sollte, dass die Maria Van Brügge untergegangen war.
    Corin packte erneut die Gitterstäbe und rüttelte mit aller Macht. »Was habt ihr mit meinem Vater gemacht und mit meinem Bruder?«, schrie er und spürte eine heiße Träne über seine Wange laufen, ein Affront 47 , denn er hatte seinen Tränendrüsen bereits vor einigen Monaten den unmissverständlichen Befehl erteilt, jegliche Arbeit bis auf schriftlichen Widerruf einzustellen. »Widerliches Pack«, klagte er, und seine Stimme brach. »Der Teufel soll euch die Herzen herausreißen und auf kleiner Flamme rösten«, quietschte Corin und sein Gesicht brannte glutrot, »und dann soll er, soll er eure Hirne, soll er, und ewig«. Das Stammeln versiegte. Corins Kopf sank nach unten und die Tränendrüsen übten sich nochmals in Befehlsverweigerung. Der junge Giles konnte nicht sehen, wie das Gesicht der alten Krähe länger und länger, und die runden Augen größer und größer wurden.
    »Nanana«, brummte eine tiefe Stimme von der anderen
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