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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher
Autoren: David Brin
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worden. Wahrscheinlich rechnete sie damit, nach Verlassen der Sonne etwa die Konsistenz von Erdbeermarmelade zu haben. An die biologischen Effekte des Tiefgefrierens dürfte sie kaum gedacht haben.
    Sehen Sie – in mancher Hinsicht war Helene ziemlich unschuldig. Sie hielt sich in ihrem eigenen Gebiet auf dem laufenden, aber ich glaube nicht, daß sie eine Ahnung hatte, welche Fortschritte die Kryochirurgie inzwischen gemacht hat. Ich schätze, sie wird sehr überrascht sein, wenn sie in ungefähr einem Jahr wieder aufwacht.
    Für die anderen wird es wahrscheinlich ein routinemäßiges Wunder sein – abgesehen natürlich von Mr. Demwa. Ich glaube nicht, daß Mr. Demwa durch irgend etwas überrascht werden kann – und ich glaube auch nicht, daß er sein Überleben für ein Wunder halten wird. Der Mann ist einfach unzerstörbar. Wo immer sein Bewußtsein im Tieffrostschlaf jetzt schweben mag – ich glaube, er weiß es schon.«

31. Fortpflanzung
    Im Frühling ziehen die Wale wieder nach Norden.
    Mehrere der grauen Buckel, die in der Ferne auftauchten und sprühten, waren noch nicht geboren gewesen, als er zuletzt an einem Strand gestanden und einen Kalifornien-Wanderzug beobachtet hatte. Er fragte sich, ob unter den Grauen Walen noch jemand ›Die Ballade von Jacob und der Sphinx‹ sang.
    Wahrscheinlich nicht. Die Grauen hatten das Lied ohnehin nicht sonderlich gemocht. Es war zu unehrerbietig für ihr nüchternes Temperament, zu... belugahaft. Die Grauen waren selbstgefällige Snobs, aber er liebte sie trotzdem.
    Die Luft dröhnte vom Lärm der Brecher, die zwischen den Felsen zu seinen Füßen donnerten. Sie war feucht vom Seewasser und erfüllte seine Lunge mit dem paradoxen hungrig-satten Gefühl, das andere empfanden, wenn sie in einer Bäckerei tief durchatmeten. Das Wogen des Ozeans brachte eine heitere Gelassenheit mit sich und dazu die Erwartung, daß die Flut immer neue Veränderungen anschwemmen würde.
    Sie hätten ihm einen Rollstuhl gegeben, im Krankenhaus von Santa Barbara, aber Jacob zog den Stock vor. Er war damit nicht so mobil, aber das Training würde seine Genesungszeit verkürzen. Drei Monate waren vergangen, seit er in der antiseptischen Organfabrik aufgewacht war, und er lechzte danach, wieder auf eigenen Füßen zu stehen und etwas zu erleben, das auf angenehme, natürliche Weise schmutzig war.
    Wie Helenes Redeweise zum Beispiel. Es widersprach aller Logik, daß ein Mensch, der in der Blütezeit der Bürokratie geboren war, mit einer so hemmungslosen Zunge redete, daß ein Bürger der Konföderation errötete. Aber wenn Helene das Gefühl hatte, unter Freunden zu sein, wurde ihre Sprache eindrucksvoll, und ihr Vokabular nahm verblüffende Formen an. Sie behauptete, es komme daher, daß sie auf einem Kraftwerksatelliten aufgewachsen sei. Und dann grinste sie und weigerte sich, weitere Erklärungen abzugeben, bis er mit Handlungen konterte, von denen sie wußte, daß er noch nicht in der Lage war, sie zu vollziehen. Als ob sie es gewesen wäre!
    Noch ein Monat würde vergehen, ehe die Ärzte die Hormonunterdrücker absetzten. Erst dann wäre der größte Teil der Zellregeneration beendet. Noch ein Monat, bis man sie für etwas so Rigoroses wie den Raumflug freigeben würde. Dennoch zog sie beharrlich immer wieder die eselsohrige Ausgabe des NASA Sutra hervor und fragte sich spöttisch, ob er dazu wohl den Mumm hätte!
    Nun, die Ärzte sagten, Frustration unterstütze die Genesung. Sie stärke den Willen, zur Normalität zurückzukehren – oder was dergleichen Unsinn mehr war.
    Wenn Helene mit ihrem Gehänsel noch lange so weitermacht, werden sie noch alle staunen! Jacob hatte ohnehin kein sonderliches Vertrauen in derartige Zeitpläne.
    Ifni! Das Wasser sieht gut aus! Hübsch kalt. Es muß doch eine Möglichkeit geben, Nerven schneller wachsen zu lassen! Etwas, das noch besser hilft als selbst Autosuggestion!
    Er wandte sich von den Klippen ab und spazierte langsam zurück zur Terrasse des langgestreckten, weitverzweigten Hauses, das seinem Onkel gehörte. Er stützte sich ausgiebig auf seinen Stock – vielleicht mehr als nötig: Der dramatische touch machte ihm Spaß. Es war so ein bißchen weniger unangenehm, krank zu sein.
    Onkel James flirtete wie gewöhnlich mit Helene. Sie ermutigte ihn schamlos.
    Geschieht dem alten Halunken ganz recht, dachte Jacob. Nach all dem Ärger, den er verschuldet hat!
    »Mein Junge!« Onkel James hob beide Hände hoch. »Wir wollten dir eben nachkommen
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