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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman
Autoren: Daniel Moor
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sie den Kopf, woraus ich schloss, dass sie kein s hatte.
    Ich brachte die beiden zur Tür. Auf der Schwelle drehte sich Jasmina Hasano vić um, streifte mich mit ihrem traurigen Blick und sagte nochmals « p uno hvala» . Dann schloss sie die Tür.
    Nachdenklich starrte ich aus dem Fenster hinaus. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl bei der Sache.
    Von meinem irischen Grossvater hatte ich eine Faustregel gelernt, an die ich mich soweit wie möglich hielt: When in doubt, whiskey out! Im Zweifelsfall zuerst ein Whiskey. Eine gute Regel, fand ich. Also genehmigte ich mir einen Schluck. Mina war noch nicht wieder zurück, obwohl meine beiden Klienten über eine Stunde da gewesen waren. Typisch Mina. Ich betrachtete das Glas, bemerkte das offensichtliche Ungleichgewicht zwischen Inhalt und G rösse und schenkte mir noch etwas mehr ein. Danach stellte ich mich wieder ans Fenster, schaute hinaus, nippte an meinem Drink und dachte nach.
    Ich hatte keinerlei Anhaltspunkte. Wäre ich dies nicht gewohnt gewesen, hätte es mich irritiert. Ich genehmigte mir einen zweiten Schluck Whiskey. Langsam, aber sicher entfaltete er seine medizinische Wirkung. Ich überlegte mir das weitere Vorgehen. Als Erstes musste ich wohl oder übel das Umfeld des Vermiss ten unter die Lupe nehmen . Familienangehörige, Verwandte, Mitarbeiter, Freunde und Nachbarn, in dieser Reihenfolge. Ich war nicht der Ansicht, dass mir Jasmina, die Eisprinzessin, im Moment weiterhelfen konnte, und andere Verwandte hatte der Vermisste anscheinend nicht in der Schweiz. Also beschloss ich, mit seinen Arbeitskollegen zu beginnen.
    Ein kurzer Blick in mein Notizbuch erinnerte mich daran , dass Hasanović in einer Autowerkstatt namens ‹Gotti› im Zürcher Seefeld gearbeitet hatte. Arbeitete , korrigierte ich mich. Solange ich nichts Genaueres wusste, war es besser, von ihm nicht in der Vergangenheits form zu denken. Der Name seines Arbeitgebers amüsierte mich. Meiner Meinung nach genossen Autogaragen generell nicht gerade den ehrlich sten Ruf, und die Ironie, dass diese wie ein notorische r New Yorker Mafiaboss hiess , brachte mich zum Schmunzeln.
    Ich schaute auf meine Uhr. Viertel vor sechs. Die Garage würde wohl bald schliessen. Für heute war es daher zu spät. Also morgen. Mir fiel ein, dass es in den Fernsehkrimis irgendwie nie zu spät für irgendwas war, aber ich liess mich davon nicht umstimmen.
    Das hiess, ich hatte etwas Zeit, an mir zu arbeiten, wie das meine Exfrau Claudia immer von mir verlangt hatte. Allerdings hatte sie etwas anderes gemeint. Aber es war Mittwoch und daher Zeit, an meinen Schiessfertigkeiten zu feilen. Obwohl die meisten Polizisten während ihrer gesamten Karriere kein einziges Mal in eine Schiesserei verwickelt sind, stellt ausreichende Treffsicherheit trotzdem eine Art Lebensversicherung für den Fall der Fälle dar. Das gleiche gilt natürlich auch für meine Berufsgruppe , auch wenn hier die Wahrscheinlichkeit, die Waffe einsetzen zu müssen, noch niedriger ist . Entsprechend schwierig ist es daher , überhaupt einen Waffentragschein ausgestellt zu bekommen. Ich hatte einen. Für einmal hatte mir mein altes Netzwerk etwas genützt.
    Ich rief Alenka beim SZA an und fragte nach, ob am Abend noch eine Bahn frei sei . Sie war , und so reservierte ich sie auf sieben Uhr. Das SZA war das Schiesszentrum Altstetten und gehörte meinem Freund Ivica Sanader. Alenka war seine Frau und, wie er oft und gern – und nur halb im Scherz – betonte, seine Chefin.
    Das SZA bestand aus einem öffentlichen Teil, dem eigentlichen Schiesskeller, und einem privaten Nebenraum mit Gewichten und einem schweren Sandsack. Heute wollte ich nur schiessen.
    Treffsicherheit ist primär Übungssache. Ich hatte bereits während meiner Militärzeit und danach auch als Polizist mit verschiedenen Waffen mehrfach Schiess wettbewerbe gewonnen und betrachtete mich als kompetenten Schützen. Trotzdem wusste ich aus Erfahrung, dass Schnelligkeit und vor allem Präzision nachliessen, sobald ich einige Zeit nicht trainierte. N achdem ich den Dienst quittiert hatte, stellte sich daher die Frage, wie ich meinen Trainingsrhythmus beibehalten und gleichzeitig mein Bankkonto schonen konnte. Zu meinem Glück hatte Ivica ungefähr zur gleichen Zeit be schlossen, eine beträchtliche Summe Geld aus nebulöser Herkunft in seine eigene Schiessanlage zu investieren. Er musste für seine Arbeit als Personenschützer – auf Neudeutsch Bodyguard – oft trainieren, und aufgrund
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