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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman
Autoren: Daniel Moor
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«Salute». Zürich, oh multikulturelle Metropole.
    Nach dem ersten Schluck stellte er sein Bier auf den Tisch und sah mich ungeduldig an. «Also, was wollen Sie wissen?»
    Ich zückte meinen Notizblock und begann. «Okay. Also, dann: Wie lange arbei tet er schon für Sie?»
    «Schon eine halbe Ewigkeit. Das müssen mindestens sechs Jahre sein. Warten Sie.»
    Er stand auf, nahm einen der grauen Ordner vom Regal und blätterte darin herum.
    «Ah, hier haben wir es. Fast sieben Jahre sogar. Im November.»
    «Versteht er sich gut mit den anderen Mitarbeitern?»
    «Ja, es hat niemand Probleme mit ihm, soweit ich weiss. Er ist ein solider Kerl und leistet gute Arbeit. Zuverlässig.»
    «Seit wann ist er nicht zur Arbeit erschienen?»
    «Montag.»
    «Vorgestern?»
    «Nein, Montag letzter Woche. Oder… warten Sie. Das heisst, am Morgen war er noch da und ist wie üblich gegen Mittag zum Essen nach Hause gegangen. Am frühen Nachmittag rief er dann an und meldete sich krank, meinte aber, er sei sicher in ein paar Tagen wieder fit. Als er den Rest der Woche nicht erschien, gingen wir alle davon aus, dass es ihn schwerer erwischt hatte, als es zunächst schien . Ich habe am Donnerstag mal angerufen, es war aber niemand zu Hause und ich habe mir nichts dabei gedacht. Wissen Sie, wir sind ein eher kleiner Betrieb, und im Moment läuft nicht so viel.»
    Ich überlegte kurz. Gemäss Jasmina war ihr Ehemann erst seit Freitag letzter Woche verschwunden. Wieso hatte er sich schon vier Tage vorher krank gemel det?
    Giulio Gotti bemerkte mein Stirnrunzeln und fragte: «Ist das was Wichtiges?»
    «Kann ich noch nicht sagen», antwortete ich. «Aber fahren Sie bitte fort.»
    «Na, das war’s schon in etwa. Viel mehr gibt’s nicht zu sagen. Er ist nicht sehr gesprächig und hat ausserhalb der Arbeit kaum etwas mit den anderen zu tun. Ausser seiner Hand fällt mir nichts ein, dass irgendwie auffällig an ihm wäre.»
    «Seine Hand?»
    «Ja, seine linke Hand ist wohl irgendwie ein wenig versteift oder so. Es beeinträchtigt seine Arbeit nicht, aber wenn es kalt oder feucht ist, massiert er sie oft und starrt vor sich hin. Ein wenig abwesend, wissen Sie. Gedankenverloren.»
    Ich machte mir eine Notiz und fuhr dann fort: «Hat er viele Über stunden geleistet?»
    Gotti schaute mich überrascht an.
    «Wieso fragen Sie?»
    «Es wurde mir gesagt, er sei oft spät noch hier gewesen.»
    «Das kann zwischendurch mal vorkommen, wenn wir Hochbetrieb ha ben. Ist aber selten. Mujo ging eigentlich meist so zwischen sechs, halb sieben hier raus, wie fast alle.»
    Ich hielt kurz inne. Das war bereits die zweite Diskrepanz zu dem, was ich von Jasmina Hasanović erfahren hatte. Wenn ich davon ausging, dass sie mir die Wahrheit erzählt hatte – und ich hatte bisher keinen Grund, das Gegenteil anzunehmen – so bedeutete dies, dass Mujo des Ö fteren seine Abende auf eine Art verbracht e , von der weder seine Frau noch seine Arbeitskollegen wussten. Vielleicht war dies ein Anhaltspunkt. Oder auch nicht. Ich hatte aus schmerzlicher Erfahrung gelernt, keine vorschnellen Schlussfolgerungen zu ziehen.
    Wir sprachen noch eine weitere Viertelstunde über den vermissten Mujo, aber ich erfuhr sonst nichts Brauchbares mehr. Auch das anschliessende Gespräch mit den zwei Mechanikern, die neben Mujo bei Gotti angestellt waren, ergab nichts.
    Etwas enttäuscht verabschiedete ich mich. Auf dem Weg nach draus sen fragte ich Gianni aus lauter Bosheit nach seinem Haargel-Ver brauch, was mir ausser einem bösen Blick und etwas Befriedigung nichts einbrachte. Schliesslich schaute ich mich der Vollständigkeit halber nach den zwei Schönheiten von vorhin um, aber sie schienen nicht auf mich gewartet zu haben .

Kapitel 3
     
    Ich spazierte in Gedanken versunken zurück zur Seefeldstrasse. Das See feld quartier galt als teuerstes Pflaster der Stadt und sah auch so aus. Es war bekannt für seinen Chinagarten sowie allerlei herumstehende Kunstwerke wie Jean Tinguelys riesige Eisenplastik ‹Heureka› am Zürichhorn oder Henry Moores Stein plastik ‹Sheep Piece› am Seefeld quai. Ausserdem befand sich das Centre Le Corbusier hier, das letzte vom berühmten Architekten, Stadtplaner, Maler, Bildhauer und Was-weiss-ich-noch-was Le Corbusier entworfene Gebäude. Und im Iro quois erhielt man den grössten Cheeseburger der Stadt.
    Da weit und breit kein Tram in Sicht war, beschloss ich, ein Stück zu Fuss zu gehen und nachzudenken
    Okay, ich wusste bisher also, dass Mujos
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