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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition)
Autoren: Stephanie Nailik
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erklärte Valeriu ruhig.
    „Wie kannst du da so ruhig bleiben?“
wollte Eliza fassungslos wissen und ihre Augen füllten sich mit Tränen der Wut
und der Ohnmacht.
    „Bitte nicht weinen, Liebste“, bat
Valeriu zärtlich und dann schoss Eliza ein Gedanke durch den Kopf, der nicht
ihr eigener war.
    René wird den Tag über schlafen und er
weiß nichts von Wilbert. Wir werden eine Lösung finden. Hab keine Angst, pisică mea .
    Eliza schaute zu Valeriu empor, dessen
bunte Augen ihr bestätigten, dass er ihr diese mentale Botschaft wissentlich
gesendet hatte.
    „Nun leg dich ein wenig schlafen.
Wenigstens einer von uns sollte am Morgen halbwegs ausgeruht sein“, erklärte
er. Dann fügte er hinzu: „Ich werde hier bleiben und über deinen Schlaf
wachen.“
    „Mit dem Galgenhumor würdest du
auch als Brite durchgehen“, erwiderte Eliza mit einem schwachen Lächeln auf den
Lippen.
    Eliza rollte sich auf den Hockern
zusammen und obwohl sie das selbst nicht für möglich gehalten hatte, döste sie
tatsächlich schon bald ein.
     
    Bei Anbruch des Tages wurde sie von den
ersten, vereinzelten Sonnenstrahlen geweckt, die ihr Gesicht trafen und die
sich für Sekundenbruchteile den Weg durch die Wolken bahnten. Ein tiefer,
sonorer, röchelnder Laut, der nichts Menschliches mehr an sich hatte, ließ
Eliza angsterfüllt hochfahren.
    Valeriu sah schrecklich aus. Er war
kreidebleich, die Augen blutunterlaufen und Eliza erschrak, als sie sah, wie
seine Reißzähne, die ihr bisher immer verborgen geblieben waren, zwischen den
spröden Lippen hervor lugten. Er schien kaum noch bei Bewusstsein zu sein und
hing schlaff in seinen Fesseln. Dabei bebten seine Nasenflügel unaufhörlich,
wie die Nüstern eines wilden Pferdes.
    Sie streckte gerade die Hand nach ihm
aus, als er sie mit rauer, schroffer Stimme anschrie: „Bleib zurück! Fass mich
nicht an!“
    Eliza stolperte einen Schritt rückwärts.
    „Ich liebe dich. Ich fürchte mich nicht
vor dir“, wiederholte sie leise die Worte, die sie schon zweimal zu ihm gesagt
hatte.
    „Das solltest du aber. Ich bin dabei,
die Kontrolle über mich zu verlieren. Meine Adern pochen und brennen wie Feuer.
Ich rieche dein Blut wie ein schweres, verführerisches Parfum. Bitte tu mir den
Gefallen und geh auf die andere Seite des Raumes“, presste er hervor.
    Eliza sah zu, wie sich sein Körper vor
Schmerzen wand und wie seine Haut minütlich mehr
austrocknete.
    „Ich möchte, dass du von mir trinkst“,
sagte sie schließlich mit fester Stimme und legte ihre Haare so über die
Schulter, dass sie ihm eine Seite ihres Halses darbieten konnte.
    „Bist du des Wahnsinns kesse Beute?“
polterte Valeriu. „Ich habe dir geschworen, dass es niemals dazu kommen wird
und ich werde mein Wort halten.“
    „Wie kannst du von mir verlangen, dass
ich tatenlos zusehe, wie du austrocknest und zu Staub zerfällst? Mein Herz
gehört dir. Wie kannst du glauben, dass ich ohne dich leben könnte?“
    Tränen stiegen ihr in die Augen.
    „Du weißt, wie sehr ich dich liebe,
Eliza. Deshalb könnte ich es nie übers Herz bringen, dein Blut zu trinken.
Bitte halte jetzt den nötigen Abstand zu mir und hoffe einfach, dass Wilbert
sich nicht allzu lange Zeit lässt.“
    Eliza ließ sich auf der Erde nieder, den
Rücken an einen der Lederhocker gelehnt und schlang die Arme um die
angewinkelten Beine. Sie konnte Valerius Anblick kaum ertragen. Er wurde von
Minute zu Minute schwächer. An verschiedenen Stellen begann seine schwielige
weiße Haut zu bersten. Die Wunde an seinem Hals, die ihm Renés Reißzähne
zugefügt hatten, war dunkel und verkrustet. Sein Kopf kippte ohnmächtig nach
vorn, sein Körper nur aufrechtgehalten von den Fesseln an seinen Händen.
    Eliza fiel es schwer, einen klaren
Gedanken zu fassen. Momente der Panik wechselten sich ab mit Momenten der
völligen Apathie. Ihr Kopf gehorchte ihr nicht mehr richtig. Manchmal war sie
sich ihrer ausweglosen Situation und der drängenden Zeit schmerzlich und glasklar
bewusst. Dann entwischte ihr der Gedanke wieder wie ein flüchtiges Irrlicht und
mündete in traumartigen Gebilden und Gedanken alltäglicher Banalität.
    Der Mann, den sie liebte, sollte vor
ihren Augen verenden. Valeriu würde sterben, wenn sie nicht etwas unternahm.
Also rief sie sich selbst zur Räson und traf eine Entscheidung.
    Mit zitternden Fingern schloss sie
Valerius Handschellen auf. Nicht mehr von den Fesseln gehalten, sackte er ihr
entgegen und sie hatte Mühe, seinen schweren,
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