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Sommergayflüster

Sommergayflüster

Titel: Sommergayflüster
Autoren: Bernd Auzinger , Laurent Bach , Stephan Klemann , Yara Nacht , Roy Francis Ley , Alec Cedric Xander
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Granner“, vernahm ich die Stimme auf der anderen Seite der Leitung. Ich hielt die Luft an.
    Scheiße, konnte ich wirklich mit ihm sprechen? Nach vier Monaten?
    „Hallo?“, fragte Viktor nach.
    „… Paul hier ...“, murmelte ich heiser.
    Ein schweres Atmen war zu hören. Keine Antwort.
    „Viktor?“ Ich räusperte mich.
    „Wie war das? Du meldest dich, ja?“, warf er mir sofort vor.
    „Ich weiß“, murmelte ich. „Es tut mir leid.“
    „Es tut dir leid“, wiederholte er und schwieg kurz. „Also?“
    „Ich wollte deine Stimme hören“, gab ich zu. Gott, ich wollte sie wirklich hören. Ich wollte sogar noch viel mehr.
    „Nach vier Monaten?“, rief er aufgebracht. „Tickst du noch richtig? Du meldest dich nicht mehr und rufst mich dann mitten in der Nacht an? Was willst du von mir?“
    „Ich … ich weiß es nicht.“ Meine Stimme brach. Ich spürte die Tränen in mir hochsteigen.
    „Weinst du etwa? Ist alles in Ordnung?“, fragte er sofort besorgt. „Paul?“
    „… Ich bin am Ende“, brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich brauch einfach jemanden zum Reden.“
    Viktor schwieg. Dann platzte ihm endgültig der Kragen. „Dafür bin ich also gut genug. Wenn es dem Herrn schlecht geht, meldet er sich wieder … Weißt du was, Paul, leck mich. Du hast mir in den letzten vier Monaten deutlich gezeigt, was du von mir hältst. Der Sex zwischen uns war für dich nichts weiter als ein nettes Abenteuer. Aus. Basta.“
    „Tut mir leid“, flüsterte ich, weil ich seinen Schmerz durch die Telefonleitung bis zu mir fühlen konnte. „Aber …“
    „Aber, aber, aber“, äffte er mich wütend nach. „Lass mich in Ruhe!“
    Sekunden später war die Leitung tot.
    Verwirrt sah ich auf den Hörer meines Festnetzanschlusses, als meine Finger auch schon auf die Wiederholtaste drückten. Es läutete wieder.
    „Hör auf mich anzurufen!“, schrie Viktor sofort ins Telefon.
    „Bitte, hör mir zu“, flennte ich wie ein Kleinkind. „Ich gebe zu, ich hatte niemals vor, mich wieder bei dir zu melden, weil … ach Himmel, du musst doch selbst einsehen, dass die Entfernung auf Dauer nicht gut gegangen wäre. Und dann der unterschiedliche Berufsstatus. Denkst du wirklich, dass ich mich im Armani-Hemd auf eines deiner Pferde geschwungen hätte? Oder dass du jemals auf einen der Galaabende in meiner Firma gekommen wärst? Es wäre nicht gut gegangen.“
    „Wenn du das sagst …“, fiel mir Viktor ins Wort.
    „Ja …“ Ich machte eine kurze Pause. „Nach meinem Urlaub habe ich mich auf meinen Job konzentriert. Ich habe von früh bis spät gearbeitet. Die Firma bot mir an, mich zum Juniorchef zu machen – in Lissabon … Die Entfernung zwischen uns wäre noch größer geworden. Es wäre nicht gut gegangen.“
    „Du wiederholst dich“, unterbrach mich Viktor. „Was willst du mir eigentlich sagen?“
    „Wir hätten keine Chance gehabt …“, sprach ich leise. „Oder?“
    Viktor lachte laut. „Was willst du hören?“
    „Was du darüber denkst?“
    „Verdammt, Paul! Ich habe dir damals gesagt, du sollst dich melden. Ich habe mehrmals versucht, dich zu erreichen, doch du bist nicht ans Handy. Was hätte ich den machen sollen? Dir hinterherfahren? Den Stall einfach stehen lassen?“
    „Eben. Es würde nicht funktionieren.“
    „Sag mal, redest du dir das gerade selbst ein?“
    „Ich …“ Wieder brach ich in Tränen aus. Ich konnte nichts dagegen tun.
    „Mensch, Paul, du machst mich fertig. Es ist drei Uhr morgens und du heulst wie ein kleines Kind. Was soll ich dir denn sagen? Dass ich es gerne versucht hätte? Dass ich sogar kurz davor war, dich zu besuchen?“
    „Wirklich?“, fragte ich sofort.
    „Ja, ich wollte zu dir fahren. Aber nachdem du dich nicht gemeldet hast …“ Viktor unterbrach sich.
    „Ich weiß. Ich hatte viel zu tun. In der Firma mussten einige Verträge ausgehandelt werden. Ich musste … ach Teufel, vor drei Wochen hat man mich in eine Klinik eingeliefert. Ich bin zusammengebrochen. Ich … in zwei Tagen soll ich in irgendeine Reha. Keine Ahnung wohin. Die Firma regelt das für mich.“
    Viktor schwieg.
    „Ich weiß nicht, warum ich dich angerufen habe. Vielleicht wollte ich einfach nur deine Stimme hören.“
    „Geht es dir gut?“, fragte er mich plötzlich. Ich konnte die Besorgnis in seiner Stimme erkennen.
    „Keine Ahnung. Ich nehme irgendwelche Tabletten. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Die Arbeit ist vorerst gestrichen. Der Job in
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