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Sommerflimmern (German Edition)

Sommerflimmern (German Edition)

Titel: Sommerflimmern (German Edition)
Autoren: Mina Krämer , Sophie Berger
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zu bringen, das er bei mir vergessen hatte. Ich wusste, dass er an dem Tag bis zur Schließzeit dort sein würde und fand ihn alleine an einem großen Tisch sitzend, vertieft in seine Notizen und Unterlagen.
    Ich hielt ihm das Buch direkt unter seine Nase.
    »Charlotte! Was machst du denn hier?«
    Er sah kurz zum Fenster und dann wieder zu mir. Draußen war es bereits dunkel.
    »Wie bist du hergekommen? Hat deine Mutter …?«
    »Nö. Alleine.«
    »Was meinst du mit alleine? «
    »Na ja, ich bin erst in den Bus, dann in die S-Bahn, dann –«
    Er baute sich mit verschränkten Armen vor mir auf und als ich seine Augen sah, wurde mir bewusst, dass ich diesen Blick von ihm noch nicht kannte. Alles in seinem Gesicht schien angespannt. Sein Mund war zusammengekniffen, genau wie seine Augen. Das sonst so klare Blau wirkte plötzlich wie das finstere Graublau einer aufgewühlten Ostsee.
    »Charlotte, ich bitte dich! Die wissen, dass bei dir was zu holen ist … und selbst wenn die es nicht auf dein Geld abgesehen haben …«
    »Was? Wer sind denn die? «
    Die anderen Studenten schauten auf. Einer blickte zu uns herüber und legte den Zeigefinger auf seinen Mund.
    Alexander aber senkte seine Stimme kein bisschen. »Mensch, Charlotte! Ich meine natürlich die, die kürzlich schon das Mädchen aus eurem Nachbarhaus überfallen haben … solche wie die!«
    Er holte tief Luft. So außer sich hatte ich ihn noch nie erlebt, irgendwie gefiel mir das. Prompt musste ich lächeln.
    »Das ist überhaupt nicht lustig! Los, wir gehen.«
    Schweigend packte er seine Sachen zusammen, griff nach meiner Hand und zog mich aus der Bibliothek. Ich folgte ihm, ohne etwas zu sagen oder mich zu wehren. Ehrlich gesagt fand ich das aufregend. Ich stellte mir vor, er wäre Peter Parker, natürlich nachdem er sich in Spiderman verwandelt hat, und würde mich tatsächlich vor einer großen Gefahr bewahren. Einem grässlichen Mutanten-Alien oder so was. Er brachte mich zu seinem Auto, öffnete mir die Beifahrertür, ließ mich einsteigen und setzte sich selbst hinter das Lenkrad.
    »Charlotte, das war wirklich ziemlich … unvorsichtig von dir.«
    Spiderman starrte auf das Lenkrad, ich starrte Spiderman an. Am liebsten hätte ich ihn jetzt geküsst. Ich rutschtezu ihm herüber und strich mit einer Hand über seinen rechten Oberarm.
    Nun sah auch er mich an. »Es tut mir leid, Charlotte. Ich wollte dich nicht so anfahren. Ich bin einfach nur besorgt um dich. Wenn dir etwas passieren würde … Außerdem habe ich deinen Eltern versprochen, auf dich aufzupassen. Sei mir bitte nicht böse.«
    »Ich bin gar nicht böse auf dich, wirklich nicht. Ich meine, ihr könntet mir schon zutrauen, dass ich ganz gut auf mich selber aufpassen kann. Aber ich bin nicht sauer, ich … also, um ehrlich zu sein … ich fand das gerade eher aufregend …«
    Meine Hand erreichte seinen Hals, ich sah ihn mit halb verschlossenen Augen an und rückte noch ein wenig näher.
    Urplötzlich lachte er auf. »Aufregend? Du bist süß. Also ich mag es gar nicht, mich mit dir zu streiten. So, und jetzt bringe ich dich nach Hause. Ich muss nachher noch dringend an meiner Hausarbeit weiterschreiben.«
    »Klar, Mr Parker«, seufzte ich.
    »Was hast du gesagt, Schatz?«
    »Ach, nichts. Alles gut.«
    Meine Verführungskünste lassen sich auf jeden Fall noch ausbauen, dachte ich. Vielleicht weil ich vor Alexander noch keinen festen Freund gehabt habe. Das ein oder andere Mal kam es zu einem Kuss. Aber das war einfach nur peinlich. Dieses nervöse Gestammel und Gezappel.Das habe ich nie verstanden. Plötzlich wurden aus intelligenten, netten Jungs seltsame Idioten. Als Alexander und ich ein Paar wurden, war ich geradezu erleichtert. Wir waren uns ja schon völlig vertraut. Es gab also kein bedauernswertes Gezappel oder Gestammel und auch keine anderen befremdlichen Überraschungen. Ich glaube, ich mag keine Überraschungen. Das habe ich bestimmt von Paps.

    A ls Alex mich zu Hause abgesetzt hat, ist meine Mutter schon völlig aus dem Häuschen. Sie rennt mir entgegen, drückt mich an sich, schiebt mich ein Stück von sich, ohne die Hände von meinen Schultern zu nehmen und lächelt mich an. Irgendwie schief.
    »Mein Kind … Meine erwachsene Tochter.«
    Sie bekommt wässrige Augen, was mich ehrlich gesagt etwas erschreckt. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich meine Mutter jemals habe weinen sehen.
    »Mama, was ist los? Ist das wegen der Feier? Machst du dir Sorgen, ob alles gut
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