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Sommerflammen

Sommerflammen

Titel: Sommerflammen
Autoren: Sabine
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auszuüben. Jeder von uns hatte dieselbe Chance. Ich wollte nicht, dass es dich trifft. Ich habe aber gesehen, wie du mich angeschaut hast, als ich sagte, dass ich mir wegen des Babys einen Anwalt nehmen will. Dass meine Mutter das Baby großziehen soll. Ich habe gesehen, wie ihr mich alle angeschaut habt, weil ich lebe, aber Jim tot ist.«
    Einer Kugel kann ich nicht entkommen, dachte Rowan, während ihr das Herz bis zum Hals schlug. Aber wenn das so weiterging, konnte sie dem Feuer auch nicht mehr entkommen. Sie hörte, wie es immer lauter brüllte und zischte, wie die Walze auf sie zurollte. »Wir müssen los, damit du dich um das Baby kümmern kannst, Matt. Shiloh braucht ihren Väter.«
    »Sie hat meine Eltern. Die werden sich gut um sie kümmern.« Das Feuer spiegelte sich rotgolden in seinem schweißglänzenden Gesicht. Nun stand keine Trauer mehr in seinen Augen, sondern nur noch nackter Wahn.
    »Ich habe mich gestern Abend von Annie getrennt. Ich habe ihr nichts zu bieten. Und als ich heute durch die Tür trat, wusste ich, dass es das letzte Mal sein würde. So oder so. Ich dachte, es würde mich treffen, genau wie Jim. Das Feuer ist alles, was mir bleibt.«
    »Du hast das Baby.«
    »Jim ist tot. Ich sehe ihn tot vor mir, wenn ich sie anschaue, sehe ihn brennen. Ich will nur noch das Feuer. Es gefällt mir. Nicht das Morden, aber das Feuer. Es gefällt mir, es zu legen, es zu beobachten und zuzusehen, was es anrichtet. Das gefällt mir viel besser, als es zu bekämpfen. Vielleicht gefällt es mir in der Hölle.«
    »Ich bin nicht bereit, dir dorthin zu folgen.« Rowan spannte alle Muskeln. Keinen Meter von ihnen entfernt fiel krachend ein Baum zu Boden. Sie sprang nach rechts, rannte blind geradeaus. Dann hörte sie den Schuss, spürte, wie sich ihre Rückenmuskeln gegen die Kugel wappneten.
    Ein Summen wie eine wütende Hornisse schoss an ihr vorbei, während zu ihren Füßen ein Flugfeuer explodierte. Wenn Matt sie nicht umbrachte, würde es das Feuer tun. Sie bevorzugte das Feuer und stürzte sich wie eine Motte in die Flammen.
    Die Feuerwand umhüllte Rowan, die Flammen umfingen sie in einer feurigen Umarmung, die ihr den Atem raubte. Ihr Schrei hallte laut in ihrem Kopf wider und entlud sich in einem wilden Angst- und Triumphgeheul, als sie sich befreite. Der Schwung riss sie nach vorn, sodass sie auf Händen und Knien weiterschlitterte. Ihr Rucksack war bleischwer, doch sie rappelte sich mühsam auf und spuckte Rauch. Um sie herum brannte der Wald. Der Feuerdrache stieß ein tiefes Brüllen aus, das direkt aus seinen Eingeweiden kommen musste, schien und schien genauso verrückt zu sein wie der Mann, der sie verfolgte.
    Als Rowan einen weiteren Schuss hörte, floh sie noch tiefer in den Bauch des Feuerdrachen hinein. Sie hörte Matt hinter sich, trotz des Lärms. Sie hörte seine Schritte, näher, als ihr lieb war. Angestrengt suchte sie den Rauch und die Flammen nach ihm ab.
    Kampf oder Flucht.
    Ihre Flucht war zu Ende, sie war nicht mehr bereit, sich von ihm wie ein Vieh zur Schlachtbank treiben zu lassen. Inmitten der sengenden Hitze suchte sie mit beiden Füßen festen Halt und riss ihre Pulaski hervor. Sie umklammerte sie mit beiden Händen und bereitete sich auf den Kampf vor.
    Vielleicht würde er sie töten. Verdammt, bestimmt würde er sie töten! Aber vorher würde sie ihm noch gehörig zu Leibe rücken. Um sich und Yangtree zu rächen. Und sogar die bemitleidenswerte Dolly.
    Du wirst bluten, schwor sie sich. Du wirst bluten, bevor du mich kriegst!
    Sie sah das gelbe Hemd durch den Rauch kommen, sah, wie die Gestalt schnell näher kam.
    Rowan atmete bewusst rasch ein und aus, pumpte das Adrenalin durch ihren Körper. Ihr blieben höchstens noch ein, zwei Sekunden Zeit, die Waffe nach ihm zu werfen und zu hoffen, dass sie ihr Ziel nicht verfehlte. Oder aber sie zu schwingen. Sie beschloss, die Axt lieber in den Händen zu behalten, sog noch mehr rußige Luft in ihre Lunge, holte weit mit der Pulaski aus und biss die Zähne zusammen, während sie versuchte einzuschätzen, wie weit er noch weg war.
    Der ist aber ganz schön schnell, dachte sie erneut, und ihre Arme zitterten.
    Wahnsinnig schnell. O Gott!
    »Gull.« Sie würgte seinen Namen hervor, während er durch den Rauch auf sie zupreschte. Sie rannte zu ihm, spürte, wie er sie an den Schultern packte. Keine Zärtlichkeit, keine Umarmung, nichts hatte sich jemals so herrlich angefühlt.
    »Matt.«
    »Ich weiß.«
    »Er hat eine
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