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Sommerferien in Peking

Sommerferien in Peking

Titel: Sommerferien in Peking
Autoren: Leela Wang
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Tiere.«
    Hieß das, wenn ich in diese Schule gehe, darf ich jeden Schultag Scheddy füttern und auf ihr reiten? Mein Herz schlug schneller und ich schaute Mama an. Sie zwinkerte mir spitzbübisch zu, als ob sie damit ausdrücken wollte: »Habe ich nicht gesagt, dass es dir hier gefallen wird?«
    Die ältere Dame war Frau Richter, die Direktorin. Die andere Frau war ziemlich jung. Sie trug einen kurzen Rock und Schuhe mit hohen Absätzen!
    »Du musst Lisa sein«, sagte sie. »Ich bin Grit und unterrichte in der zweiten Klasse. Ich freue mich, dich kennenzulernen.«
    Eigentlich hieß sie Frau Wolf, aber die Kinder durftenalle Grit zu ihr sagen. »Frau Wolf« hätte auch gar nicht zu ihr gepasst, da sie so ein sympathisches Lächeln hatte. Ich mochte sie sofort.
    Die beiden führten uns nun direkt zu einem Klassenzimmer. An der Tür hing ein großes, von Kindern bunt bemaltes Schild. »Herzlich willkommen«, las ich leise vor mich hin. Merkwürdigerweise fiel mir das Deutschlesen gar nicht so schwer. Das war wie in meiner ehemaligen Schulklasse in China. Damals war ich sogar die Erste, die lesen konnte – allerdings auf Englisch.
    In dem Klassenzimmer gab es viele interessante Sachen, sodass ich nicht wusste, wohin ich zuerst schauen sollte: bunte Kinderbilder, lustige Tierfiguren, gebastelt aus Kastanien, eine Kuschelecke mit weichen Kissen und durchsichtige Vorhänge ...
    »Wo sind die Kinder?«, fragte ich.
    »Beim Sportunterricht«, sagte Grit. »Wir haben keine eigene Turnhalle, aber die nächste Sporthalle ist nur zehn Minuten zu Fuß entfernt.«
    »Was ist das?« Als ich die vielen Pyramiden aus goldenen Kugeln sah, wurde ich neugierig. Grit sagte: »Damit kann man die Potenzrechnung lernen. Das kommt zwar noch nicht in der zweiten Klasse dran, aber wenn du willst, kann ich es dir kurz zeigen.«
    Mit den Pyramiden zu rechnen, war spannend und Grit war genauso nett wie Ms Welsen, fand ich.
    Als meine Eltern mit Frau Richter wieder ins Büro gingen, um irgendwelche Formulare zu holen, wartete ich mit Ricky im Flur. Es klingelte plötzlich und viele Kinder stürmten aus den Klassenzimmern heraus. Max war einer davon.
    »Hallo, Lisa«, sagte er und lief zusammen mit einem anderen Jungen sofort zu uns herüber. Die anderen Kinder stoppten und schauten mich neugierig an. Ich fühlte mich plötzlich ganz merkwürdig: Was ist, wenn die Kinder mich gar nicht mögen?
    Zu meiner Überraschung beugte sich der andere Junge zum Kinderwagen hinunter.
    »Ist das dein Bruder?«, fragte er. Er ließ Ricky mit seinen Fingern spielen und lächelte ihn an.
    Ich glaubte es nicht. Seit wann mögen Jungen denn Babys? Bevor ich etwas sagen konnte, antwortete Max schon für mich: »Er heißt Ricky. Er ist Lisas Bruder.«
    Ricky freute sich über die Aufmerksamkeit und lächelte den Jungen fröhlich an. Vor Aufregung bekam er sogar einen lauten Schluckauf.
    »Oh, er hat Schluckauf! Wie süß!«
    Jetzt kamen noch einige Mädchen dazu: »Darf ich auch mal seine Hand halten?«, fragten sie mich.
    Eine Gruppe Kinder rannte von draußen herein. Bestimmt war das die zweite Klasse, die jetzt vom Sportunterricht zurückkam.
    Um mich herum war plötzlich so viel Trubel, dass ichfast nicht gemerkt habe, dass die Kinder im Flur mittagessen mussten, weil die Schule keine Cafeteria hatte.
    »Bist du Max’ neue Nachbarin aus China?«, fragte ein Mädchen mit roter Brille. Sie war das einzige Mädchen, das sich im Moment mehr für mich als für Ricky interessierte.
    »Ja«, sagte ich. Warum fiel mir nichts ein, was ich noch sagen konnte?
    »Wie heißt du denn?«, wollte sie wissen.
    »Lisa«, antwortete ich. »Lisa Wang.«
    Es ist in China üblich, dass die Frauen nach dem Heiraten ihren Familiennamen behalten. Meine Eltern haben sich bei ihrer Heirat darauf geeinigt, dass sie das auch so machen wollen. Ich glaube, damals hatte jemand vorgeschlagen, dass Mama doch lieber Papas deutschen Namen übernehmen sollte. Weil es dann für Mama leichter wäre und niemand gleich an ihrem Namen merken könnte, dass sie eine Ausländerin ist.
    »Aber ich bin doch eine Chinesin. Na und?«, sagte Mama nur. Und da ich das erste Enkelkind von Lao Ye und Lao Lao bin, sollte ich den Familiennamen Wang auch übernehmen. Wenn alles nicht so gewesen wäre, hätte meine Mama meine Klassenlehrerin Grit so begrüßen müssen: »Hallo, Frau Wolf. Ich bin Frau Hase ...« Das ist nämlich der Nachname meines Papas. Das wäre doch sehr lustig gewesen.
    »Ist Wang auch
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